Die Brückenbauer: Roman (German Edition)
Ihnen blieb sogar genügend Zeit, um ein Maschinengewehr aufzubauen. Jetzt mussten sie nur noch abwarten.
Erst als sie die Hälfte der Südafrikaner getötet hatten, kapitulierte der gegnerische Offizier, indem er ein Hemd als weiße Fahne in die Höhe hielt. Er trug keinen Tropenhelm wie die Engländer, sondern einen breitkrempigen Hut, wie ihn auch Oscar aufhatte.
Anschließend scherzte Oscar mit Kadimba, dass es andernfalls trotz der weißen Kapitulationsfahne einen weiteren Melonenschuss gegeben hätte.
Sie nahmen den überlebenden Südafrikanern, die dem Aussehen und ihrer Sprache nach zu urteilen alle Buren waren, die Waffen ab, hoben die Sättel von ihren Pferden und banden diese fest. Die Pferde würden zwar in diesen tsetsefliegenreichen Gebieten nicht überleben, kamen ihnen aber als Proviant sehr gelegen.
Ein Läufer wurde zum Haupttrupp zurückgeschickt. Kadimba und Oscar rückten allein Richtung Fluss vor, ohne auf weitere Feinde zu stoßen. Als sie zu den eigenen Leuten zurückkehrten, schlugen sie in Erwartung des Haupttrupps ein Lager auf. Was sie mit den Gefangenen, dem Haufen zusätzlich zu stopfender Münder, anfangen sollten, wussten sie nicht. Die Entscheidung lag beim Oberbefehlshaber.
Werner veranlasste, einige der gefangen genommenen Buren, die mitten im Lager um eine Palme saßen, loszubinden, damit sie sich um ihre Verwundeten kümmern konnten, und erklärte, dass er davon ausgehe, dass die Deutschen niemals Kriegsgefangene erschießen würden. Solches Verhalten sei englische Barbarei.
Als der Haupttrupp eintraf, entschied von Lettow-Vorbeck, die Buren freizulassen, sobald sie ihre Toten begraben hatten. Man sollte ihnen jedoch die Stiefel abnehmen, damit sie sich nicht so schnell wieder mit ihren Kameraden vereinigen könnten. Außerdem hatten sie ihre eigenen Verwundeten zu schleppen.
Die südafrikanischen Offiziere durften ihre englischen Dienstrevolver behalten, um sich gegen Hyänen und andere
wilde Tiere verteidigen zu können. Am Ende blieb nur noch, ihnen viel Glück zu wünschen. Da viele Buren Deutsch sprachen, verabschiedete man sich unter gegenseitigen Ehrenbezeugungen.
Wenig später überquerte der gesamte zweitausend Mann umfassende deutsche Haupttrupp den Grenzfluss Rowena an einer Stelle, an der er zwar siebenhundert Meter breit war, aber wo das Wasser in seiner Mitte einem erwachsenen Mann nicht weiter als bis zur Brust reichte. In einigen Wochen würde man ihn nicht mehr überqueren können.
Oscar und Kadimba organisierten Krokodilpatrouillen entlang der langen Kolonne deutscher Soldaten, die jetzt Deutsch-Ostafrika verließen. Einige weinten, als würden sie ihre eigene Heimat aufgeben. Fast vier Jahre lang hatten sie sich nicht besiegen lassen, aber jetzt mussten sie das Feld räumen. Die verdammten Engländer hatten auf deutschem Territorium keine Gegner mehr.
Das war der im Augenblick wichtigste Aspekt dieses Manövers. Den anderen Aspekt verkündete von Lettow-Vorbeck, als alle den Fluss überschritten hatten und sich in Portugiesisch-Ostafrika befanden. Dies war ein Raubzug zur Ergänzung notwendiger Vorräte. Die Gegner waren nachweislich die schlechtesten Soldaten der Welt, aber auch Verbündete der Engländer. Als Erstes würde man also die Vorräte auffüllen, dann die Regenzeit abwarten, anschließend nach Deutsch-Ostafrika zurückkehren. So sah der Plan aus.
Alles ließ sich gut an. Bereits am selben Abend gruppierten sie sich um die portugiesische Grenzfestung Negomano und eröffneten ein bisschen hier, ein bisschen da das Feuer, hauptsächlich, um die Verteidiger einer Nervenprobe
zu unterziehen. Unterdessen wurden die beiden verbliebenen Kanonen herbeigeschleppt und in Sichtweite aufgestellt, jedoch nicht abgefeuert, da sie nur wenig Munition besaßen.
Die psychologische Kriegsführung funktionierte. Bereits am nächsten Morgen kapitulierte der Befehlshaber der Festung, ein Major Quaresma, bedingungslos. Die portugiesischen Soldaten, doppelt so viele wie die deutschen, wurden entwaffnet und durften abziehen.
Die Beute entsprach im Großen und Ganzen dem Üblichen, neue englische Maschinengewehre, zwei handliche Feldkanonen, einige Tausend Gewehre, für die sie keine Verwendung hatten, zweihundertfünfzigtausend Patronen und so weiter. Enttäuschenderweise waren die Lebensmittel-und Medizinvorräte erstaunlich dürftig. Die große Überraschung war ein riesiges Lager Champagner, Cognac, Bier und Whisky. Die Engländer hatten seltsame Prioritäten,
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