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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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kaufen, der nächste liege unten in Haugastøl.
    Mit den Skiern sei es da schon komplizierter. Der Schnee veränderte sich ständig: vom Wind zusammengepresste Schneewehen, Eiskrusten, die morgens noch trugen, gegen Nachmittag aber barsten, bis hin zu tiefem Neuschnee, in den man bis zur Taille einsank, wenn man die falschen Skier hatte. Für letztere Art von Schnee eigneten sich seine Hickory-Skier bestens. Im Moment seien sie jedoch nicht zu gebrauchen. Jetzt benötige er schmalere Skier aus Birken-oder Eschenholz. Die Rentierzüchter, die regelmäßig beim Hof vorbeikamen, um ihre Erzeugnisse zu verkaufen, stellten diese Art von Skiern selbst her und verkauften sie nur zu gerne.
    Für dicke Kleidung habe man kaum Verwendung, die war nur hinderlich, wenn man es eilig hatte. Und sollte man einmal in einen Schneesturm geraten, was hin und wieder vorkam, war ein Schutz gegen den Wind in einer
solchen Situation wichtiger. Er benötigte also einen Anorak. Die wurden ebenfalls in den Läden der Eisenbahngesellschaft verkauft.
    Es konnte aber auch passieren, dass man in einem Schneesturm stecken blieb und sich in den Schnee eingraben musste. Dann waren dicke Kleider gar nicht schlecht. Noch besser ein Schlafsack aus Rentierfell. Verließ man bei unsicherem Wetter das Haus, sollte man solche Dinge tunlichst im Rucksack mitführen. Das hatte Oberingenieur Skavlan verfügt.
    Das waren, soweit Daniel es überblickte, die wichtigsten Informationen, die er Lauritz hinsichtlich der Ausrüstung geben konnte. Einkaufen sei kein Problem, alle erhielten in den Läden Kredit.
    Lauritz musste beschämt einräumen, dass seine Planung, sein Gepäck betreffend, einige Lücken aufwies. Auch wenn die notwendigen Ergänzungen sich rasch und mühelos besorgen ließen.
    Nach seinem erstaunlich munteren Vortrag schüttelte Daniel Ellefsen amüsiert den Kopf über sich selbst.
    »So viel am Stück habe ich verdammt noch mal seit einem Jahr nicht mehr geredet«, meinte er.
    »Ich hätte auf ein halbes Jahr getippt«, erwiderte Lauritz trocken. »Und ich hoffe, es folgen weitere Gespräche. Was muss ich eigentlich über die Arbeit wissen?«
    »Meinst du das rein Technische, Zeichnungen, Konstruktionen und Messungen?«
    »Nein, das kann ich mir vorstellen, sofern die Theorie halbwegs mit der Praxis übereinstimmt. Aber ich nehme an, dass ich etlichen Arbeitern vorstehen werde, und darin besitze ich ehrlich gesagt keine Erfahrung. Ich möchte
mich schließlich nicht gleich zu Anfang blamieren. Verstehst du ungefähr, was ich meine?«
    »Ja, ich glaube schon. Ich bin jetzt seit drei Jahren in Nygård, und die Jahre hier oben sind viel länger als im Flachland. Irgendwie merke ich gar nicht mehr, was hier so besonders ist, ich muss erst ein wenig darüber nachdenken.«
    Sie stießen mit ihren Weingläsern an und setzten die Mahlzeit unter Schweigen fort, bis Lauritz schon fast glaubte, sein Kollege habe seine Frage vergessen. Erst als Estrid schüchtern und still abgeräumt, aber Wein und Gläser stehen gelassen hatte, bereitete sich Daniel Ellefsen auf eine neuerliche verbale Kraftanstrengung vor. Er begann damit, ihnen beiden nachzuschenken. Dann lehnte er sich zurück, betrachtete die breiten Balken an der Decke und schien geistig Anlauf zu nehmen.
    Das Besondere, begann er, war das Verhältnis zwischen dem Ingenieur und dem Vormann einer Arbeitergruppe. Diese Gruppen bestanden in der Regel aus zwölf bis sechzehn Mann, die ihren Vormann sowohl auf der Baustelle als auch in der Baracke selbst wählten. Der Vormann entschied in allen Fragen, angefangen damit, wer bei der Köchin liegen dürfte, bis hin zur Festlegung der verschiedenen Arbeitsschritte. Der Vormann verhandelte auch über den Akkord, und alle Arbeit sei Akkordarbeit.
    Der Vormann war sozusagen der eigentliche Chef. Formal unterstand er natürlich dem Ingenieur, aber in der Praxis leitete er die gesamte Arbeit. Das müsse man akzeptieren. Die Männer, die als Vorarbeiter gewählt wurden, besaßen langjährige Erfahrung, und ein Blick genüge ihnen, um zu sagen, wie lange der Bau eines Einschnitts
dauerte, und sie wussten auch, wann der Einsturz einer Tunneldecke zu erwarten war. Kurz und gut, die Vormänner waren unentbehrlich.
    Der Ingenieur war für die Mathematik zuständig, für die Höhe, Breite und Richtung eines Tunnels. Er entschied, welche Brückenkonstruktion verwendet werden sollte, und Ähnliches. Wenn die Vorarbeiter Fragen hatten, stellten sie diese. Es mache hingegen

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