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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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zuhörte. Von bösen Ahnungen erfüllt, hielt er sich respektvoll auf Abstand. Nach nur zwanzig Minuten waren sie bei der nächsten Brücke angelangt. Hier fand ungefähr die gleiche Diskussion statt wie bei der ersten Brücke. Danach setzten sie ihren Weg wie gehabt fort.
    An der dritten Brücke wurde noch gebaut, ein Bogen war fast bis zum Scheitelpunkt gediehen, und das Gerüst war größtenteils bereits abgebaut worden. Aber vom nächsten Begegnungspunkt und Richtung Osten stand das Gerüst noch. Gerade wurde ein Werkstein nach oben gehievt, um ihn an seinen Platz zu legen.
    Aber jetzt kam die Arbeit zum Erliegen, was nicht geschehen wäre, wäre Lauritz allein gekommen. Die Arbeiter stellten sich in einer Reihe auf und nahmen die Hüte ab. Johan Svenske trat vor und gab den beiden Chefs die Hand und verbeugte sich. In der Eile vergaß er Lauritz.
    Mit einem Mal war die Strenge der beiden Inspektoren wie weggeblasen. Skavlan klopfte Johan Svenske auf die Schulter, gratulierte ihm und erkundigte sich, ob er mit seinem Arbeitertrupp nach einer kurzen Sommerpause einen neuen Akkord übernehmen könnte, da diese Brücke ja vermutlich bereits Anfang Juli fertig wäre. Johan Svenske sagte zu, mit der Einschränkung, dass er nicht über die Pläne aller Männer seines Trupps Bescheid wisse. Er würde die eventuell frei werdenden Stellen jedoch rasch wieder besetzen können. Ein wenig hinge das natürlich auch davon ab, worin die neue Arbeit bestehe und welchen Ingenieur man am Hals habe.
    Skavlan deutete mit dem Daumen über die Schulter auf Lauritz. Johan Svenske war erst verdutzt, und einige schreckerfüllte Sekunden konnte Lauritz seine Reaktion nicht deuten, aber dann strahlte der große Vormann, spuckte seinen Kautabak aus, der fast Lauritz’ Schuh traf, trat vor, legte Lauritz seine riesige rechte Pranke auf die Schulter, schüttelte ihn liebevoll und wandte sich an die beiden Chefs, ohne Lauritz loszulassen.
    »Der Junge sieht vielleicht unscheinbar aus, das gebe ich zu«, grinste Johan Svenske fröhlich, »aber eines kann ich den Herren Oberingenieuren sagen, dumm ist er nicht. Rechnen und messen kann er, und mit Gestein kennt er sich aus. Erstaunlicherweise, da er nur die Theorie gelernt hat. Wir arbeiten sehr gut zusammen.«
    »Das ist ja ausgezeichnet«, meinte Skavlan trocken. »Diese Brücke ist dann also in … vierzehn Tagen fertig?«
    »In zehn Tagen«, berichtigte ihn Johan Svenske, schüttelte Lauritz ein weiteres Mal, ehe er ihn losließ, und wandte
sich dann an die beiden höchsten Chefs. »Zehn Tage, dann zehn Tage Sommerferien, ungewohnter Luxus, und dann was?«
    »Vierzehn Tage Urlaub«, korrigierte ihn Skavlan. »Wir müssen eine Baracke versetzen, genauer gesagt eine größere bauen. Für vierzig Mann. Aber die Baracke hier muss verlegt werden. Also vierzehn Tage. Dann findet ihr euch in Finse ein. Abgemacht?«
    »Abgemacht!«, sagte Johan Svenske, gab den beiden Chefs die Hand und kehrte an seine Arbeit zurück.
    Wenige Augenblicke später war alles wieder wie zu dem Zeitpunkt, als sie auf der Baustelle eingetroffen waren. Ein großer Werkstein wurde mit einem Flaschenzug hochgehievt, und Flüche hallten durch die dünne Gebirgsluft. Die drei Ingenieure machten kehrt und marschierten Richtung Ustaoset. Sie würden einige Stunden unterwegs sein.
    Skavlan legte Lauritz kurz seinen Arm um die Schultern und zog ihn zwischen sich und Abteilungsingenieur Olav Berner, den Chef von Hallingskeid. Damit war offenbar aufgehoben, dass Lauritz ihnen in respektvollem Abstand folgte.
    Fünf Minuten schritten sie schweigend aus. Lauritz musste sich anstrengen, um auf dem Geröll und den nassen Felsen, über die das Wasser in Rinnsalen und kleinen Bächen hinabfloss, Schritt halten zu können. Der Pfad war heimtückisch glatt, aber das schien den beiden Chefingenieuren nicht das Geringste auszumachen.
    »Sie haben, was Brücken und Tunnel betrifft, die beste Ausbildung der Welt genossen«, brach Skavlan genauso plötzlich wie überraschend das Schweigen.
    »Das stimmt. Es gibt, soweit ich weiß, keine Universität,
die die Dresdner überträfe«, antwortete Lauritz vorsichtig.
    »Ja, so ist es«, fuhr Skavlan fort. »Das wussten wir in der Theorie auch, jetzt haben wir den Beweis erhalten. Diese drei Brücken waren sozusagen die Einstandsprüfung, wir wollten etwas Konkretes sehen. Ich habe Freunde bei der Guten Absicht und kenne die ganze Geschichte von Anfang an. Sie haben die drei besten Brücken der

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