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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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entlang zurücklegen würde. In diesem Augenblick kam ihnen alles möglich, geradezu selbstverständlich vor. Vor ihrem inneren Auge sahen sie eine Dampflokomotive am Ufer entlangfahren und die überdachten Einschnitte passieren. Meist fuhr sie jedoch unter freiem Himmel. Je mehr sie tranken, desto überzeugter waren sie, dass die Bergenbahn kein unmögliches Unterfangen war, wie einige Unken in Kristiania und im Storting meinten. Viel schlimmer sei es, scherzten sie, dass kaum einer der neunhundert mit dem Bau beschäftigten Arbeiter daran glaubte, dass die Eisenbahnverbindung je Wirklichkeit werden würde. Gegen die Arbeit hatten sie trotzdem nichts, weil sie gut bezahlt war. Nicht einmal die besten Vorarbeiter, unter ihnen auch Johan Svenske, glaubten wirklich an die Durchführbarkeit des Projekts. So erzählte man sich zumindest an dem verglimmenden Lagerfeuer auf der Insel.
    Lauritz bezweifelte im Stillen, dass Johan Svenske zu den Skeptikern gehörte. Könnte dieser Riese von Mann, der die perfekte Rundung eines Bogens im Gefühl hatte und seine Arbeiter mit Vertrauen und fester Hand antrieb, seine Arbeit so gut verrichten, wenn er nicht an sie glaubte? Lauritz erschien das undenkbar. Kein Mensch konnte Derartiges leisten, wenn er nicht von der Durchführbarkeit überzeugt war.
    Ein Lied über die Selbstständigkeit Norwegens wurde angestimmt. Einer nach dem anderen fiel ein, und bald
hallte das Lied über das weiße Wasser in die Mittsommernacht.
    Lauritz sang pflichtschuldig mit. Norwegens Unabhängigkeit von Schweden interessierte ihn nicht weiter. Norwegen war Norwegen, und Schweden war Schweden, und sein Zuhause war Osterøya, die weder mit Kristiania noch mit Stockholm etwas zu tun hatte. Was hatte es je auf Osterøya oder gar auf dem Frøynes Gård für eine Rolle gespielt, dass man etwa vierhundert Jahre lang einen dänischen König und fast hundert Jahre lang einen schwedischen König gehabt hatte?
    Diese möglicherweise ketzerische Ansicht behielt er in Gesellschaft seiner singenden Ingenieurskollegen lieber für sich, eine diesbezügliche Äußerung hätte diese sagenhafte Mittsommernacht mit Sicherheit zerstört.

    Er hatte das Vergnügen, die beiden Chefingenieure von Ustaoset nach Haugastøl zu segeln. Ausnahmsweise kam der Wind nicht von Westen oder Nordwesten, sondern von Südosten, sie kamen also bei raumem Wind rasch voran. Die beiden Älteren genossen das Segeln und die Abwechslung, schienen es aber nicht nachvollziehen zu können, als Lauritz ihnen erklärte, wie bequem es war, auf diese Weise die Fußwanderung um fünfzehn Kilometer zu verkürzen.
    Sie hatten großzügige Mengen Proviant, einschließlich Bier, und schwere Schlafsäcke aus Rentierfell dabei.
    Nachdem sie in Nygård angelegt hatten, setzten sie sofort ihre Rucksäcke auf und marschierten bergauf Richtung Finse. Lauritz kannte diese Gegend nicht und schritt zunächst
gut gelaunt und neugierig dem Ort entgegen, an dem er den nächsten Winter verbringen würde. Er wurde jedoch zusehends nachdenklicher.
    Nach etwa einer Stunde passierten sie die Baumgrenze, nach einer weiteren Stunde wateten sie durch Schneematsch. Lauritz ärgerte sich darüber, dass es ihm solche Mühe bereitete, Schritt zu halten. Die beiden anderen machten kurze Schritte und gingen ohne sichtbare Anstrengung im Takt. Peinlicherweise sorgten sie sich väterlich um Lauritz. Sie wechselten sich ab, vorauszugehen, damit in dem immer tieferen Schnee eine Spur entstand, die ihm das Vorankommen erleichtern sollte. Sie unterhielten sich nicht miteinander und auch nicht mit Lauritz. Alle waren in Gedanken versunken.
    Nach drei Stunden kamen sie an einen Platz, an dem ein paar flache, schwarze Felsen aus dem Schnee ragten. Sie blieben stehen, nahmen die Rucksäcke ab und packten den Proviant und das Bier aus. Die Aussicht war fantastisch, rundherum baumloses Gebirge, kein menschliches Leben, so weit das Auge reichte, und ganz in der Ferne ein blauer Gletscher.
    »Das ist der Hardangerjøkul«, sagte Skavlan. »Bis dorthin wollen wir heute kommen.«
    Lauritz kam resigniert zu dem Schluss, dass das noch mindestens anderthalb Stunden dauern würde, aber er sagte nichts. Lieber würde er laufen, bis er umfiel.
    Sie aßen Ziegenkäse, Fladenbrot und Rentierwurst. Dazu tranken sie jeder eine Flasche Bier, bis es an der Zeit war, sich wieder auf den Weg zu machen. Jetzt waren sie gezwungen, sich an den von Packpferden und Schlitten aufgewühlt-schlammigen Transportweg zu

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