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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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mit seinem sich sträubenden Dolmetscher, den er wie am Vorabend am Nacken gepackt hielt, zurück und zwang ihn neben seinem Platz in die Knie. Er schob dem Dolmetscher ein paar Kissen zu und legte sich dann selbst zum Feuern auf Kissen bequem in Position.
    Im roten Sonnenaufgang nahmen die Tänze geordnetere Formen an. Anfänglich nahmen nur etwa zehn Männer teil, wenig später waren hundert auf den Beinen, die sich in ineinanderliegenden Kreisen gegenläufig bewegten. Ab und zu schaute Oscar zu Kadimba hinüber, aber dieser schüttelte nur den Kopf. Noch war es nicht so weit.
    Oscar erhob sich und rief den Askari-Soldaten, so laut er konnte, zu, dass er das Feuer eröffnen würde und sie dann so rasch und so viel wie möglich hinterherfeuern sollten.
    »Sie singen dasselbe wie gestern Abend«, teilte Kadimba nach einer Weile mit. »Sie wollen dich und den Doktor zuerst essen«, fügte er mit einem zögernden Lächeln hinzu. Oscar fand es überflüssig, Dr. Ernst diese Worte zu übersetzen.
    Der Tanz hielt über eine Stunde lang unverändert an. Kadimba und sein zwangsverpflichteter Dolmetscher hatten unterdessen nichts Neues zu erzählen. In Oscars Augen verschwendeten die Krieger ihre Kraft.
    Als die Sonne ihre rote Farbe verlor und sich schleichend die erste Wärme ausbreitete, erfolgte endlich eine Veränderung. Ein Mann, der auffallend größer und dicker war als die anderen Krieger und einen Kopfschmuck aus weißen
Straußenfedern trug, tanzte aus einem äußeren Ring in die Mitte. Seine Krieger wichen ihm aus und begannen sich nebeneinander in langen Reihen zu formieren. Triumphierend hoben sie ihre Schilde im Takt der Trommeln. Hinter dem stattlichen Mann bildete sich eine Reihe von Männern, die einen ähnlichen, allerdings kleineren Straußenfederkopfschmuck trugen.
    Plötzlich verstummten Gesang und Trommeln. Der Medizinmann mit den weißen Straußenfedern schüttelte zwei Speere über seinem Kopf, kreuzte sie, schlug sie dreimal auf die Erde und schüttelte sie dann dreimal zum Himmel.
    »Nimm ein Vollmantelgeschoss, Bwana!«, forderte ihn Kadimba auf. »Schieß, wenn er den ersten Schritt nach vorne macht!«
    Oscar tat, was Kadimba sagte. Der Medizinmann stand direkt vor ihm, und die anderen Männer mit den Straußenfedern hatten in einer so geraden Linie hinter ihm Position bezogen, dass er sie kaum noch sehen konnte. Schoss er mit einem soliden Projektil auf die hintereinanderstehenden Männer, könnte er mit einem einzigen Schuss zehn Männer töten, zu Fall bringen oder verletzen. Kadimbas Idee ist brillant, dachte er, als er seine Waffe nachlud.
    Der Medizinmann begann plötzlich, breitbeinig und wiegenden Schrittes auf sie zuzugehen, und die anderen folgten ihm. Die straußenfedergeschmückte Kolonne befand sich rasch einige Schritte vor der übrigen Truppe, die sich offenbar darauf vorbereitete, auf breiter Front anzugreifen.
    Oscar zielte auf die Brust des Medizinmanns. Aus den Augenwinkeln sah er, dass alle anderen Gewehrläufe in dieselbe Richtung zeigten, auch der von Dr. Ernst. Trotzdem
zögerte er. Wenn er noch länger wartete und die Kannibalen ihren Angriff starteten, würde Chaos ausbrechen. Er musste also jetzt schießen, nicht später.
    Dann tat er etwas, wovon er meinte, er hätte es sich schon vor Jahren abtrainiert. Er schloss die Augen, bevor er abdrückte. Als er den Rückstoß spürte, wurden alle Gewehre um ihn herum abgefeuert, eine Kanonade, die kein Ende nahm, alle hatten mit schweißbedeckter Stirn und angespannt gewartet und jetzt endlich ein Ventil für ihre Anspannung.
    Oscar hatte mit seinem ersten Schuss tatsächlich mindestens zehn Männer erschossen, die solide Kugel war nicht abgebremst worden, als sie das Herz des Medizinmannes durchschlug, sondern hatte sich geradewegs durch alles Fleisch und alle Knochen hinter ihm gebohrt.
    Innerhalb weniger Sekunden verwandelte sich die Fläche vor ihm in ein blutiges Chaos aus Toten, Verwundeten und Männern, die brüllend den Rückzug antraten und von denen einer nach dem anderen in den Rücken geschossen wurde. Die Sicht war recht weit frei, und Oscar und Kadimba konzentrierten sich darauf, auf die Fliehenden zu schießen, die am weitesten entfernt waren, um keinen Einzigen entkommen zu lassen. Alle anderen halbherzigen Angreifer, die in die falsche Richtung rannten, und die Verletzten, die versuchten, sich davonzuschleppen, wurden von den Askari-Soldaten schonungslos über den Haufen geschossen.
    Als Oscar sein viertes

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