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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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wieder in den Schlaf. Ihr offenes Haar lag auf ihrem Kissen, und ihr bloßer Hals schimmerte unter dem Saum ihrer Decke hervor.
    »Glaubt Ihr, es bleibt bei dieser Frontenbildung, wenn wir in Outremer ankommen?«
    Joanna hatte den Blick wieder auf ihn gerichtet, und St. Clair zuckte mit den Achseln.
    »Ich glaube, Mylady, das wird sehr von Saladin abhängen und davon, wie wir die Lage dort vorfinden. Wenn die Sarazenen mit voller Wucht auf uns einstürmen, bewirken sie damit vielleicht, dass sie uns zu einer Streitmacht zusammenschmieden. Doch wenn Saladin nur eine leise Ahnung von unseren Zwistigkeiten bekommt – und der Mann ist nicht Sultan der ganzen islamischen Welt geworden, weil er ein Dummkopf ist –, dann wird er seine Armeen zurückhalten und zusehen, wie wir uns selbst zerstören. Und genau das würden wir tun, wenn wir uns selbst überlassen blieben, Christ gegen Christ, Orthodoxe gegen Römer, durch nichtigen Zank, törichte Eifersucht und gierige Machtpolitik. Beten wir, dass er es niemals herausfindet.«
    »Oh, das werde ich, denn ich werde ja selbst in Outremer sein. Vielleicht werde ich sogar für Euch beten. Nicht, dass ich normalerweise viel bete. Ich halte es da wohl eher wie Ihr – ich habe meinen eigenen Kopf und mache mir meine eigenen Gedanken, und das missfällt einer überraschend großen Anzahl von Menschen.« Sie hielt inne, um mit einem kleinen Lächeln hinzuzufügen: »Wer weiß, vielleicht missfällt es sogar Gott. Wie dem auch sei, vielleicht bete ich für Euch.«
    St. Clair lächelte schwach.
    »Dafür wäre ich dankbar, Mylady.«
    »Oh, sagt doch so etwas nicht, Sir André. Ich habe eine Weile mit dem Gedanken gespielt, Euch zu verführen … Dafür wärt Ihr mir dann mit gutem Grund dankbar gewesen. Aber ich habe stattdessen beschlossen, dass ich Euch mag und Euch daher Eurem Schicksal überlassen werde, das auch so kompliziert genug sein wird, ohne dass ich meinen Beitrag zu Euren Sünden leiste.«
    »Ich –«
    Ihm blieb der Mund offen stehen, und sie lächelte ihn in aller Seelenruhe an und weidete sich am Mienenspiel seiner Emotionen und Reaktionen, die er weder beherrschen noch begreifen konnte. Im ersten Moment war er fest überzeugt, sich verhört zu haben, doch dann sagte ihm ihr Blick, dass es nicht so war. Sie hielt sich die Hand vor den Mund, um sich das Lachen zu verkneifen, und als er sich dann wieder unter Kontrolle hatte und das Bedürfnis überwunden hatte, etwas zu sagen – es hätte ja nur etwas Törichtes sein können –, sprach sie leise weiter.
    »Wollt Ihr denn gar nicht fragen, was ich gemeint habe, als ich gesagt habe, ich würde Euch Eurem komplizierten Schicksal überlassen?«
    Jetzt betrachtete er sie stirnrunzelnd und schüttelte fast unmerklich den Kopf.
    »Nein, Mylady, ich glaube nicht.«
    »Ist Euch denn bewusst, dass Ihr ein Schicksal habt?«
    »Jeder Mensch hat ein Schicksal, Mylady.«
    »Nein, Sir André, dem ist nicht so. Ganz und gar nicht. Ein jeder Mensch hat seinen Lebenslauf, doch nur wenige haben ein Schicksal. Ein Schicksal verändert das Leben der Menschen und die Geschichte von Königreichen, André. Ich glaube, dass Euch ein solches Schicksal bestimmt ist. Und auf seine eigene, perverse Weise glaubt mein geliebter Bruder das ebenfalls.«
    »Verzeiht mir, Mylady, aber ich habe keine Ahnung, wovon Ihr sprecht.«
    »Das weiß ich. Deshalb finde ich Euch ja so anziehend.«
    Joannas Blick war so direkt, so herausfordernd, dass St. Clair ihn nicht länger erwidern konnte. Er wandte die Augen von ihr ab und dachte fieberhaft nach.
    »Ihr findet sie schön, nicht wahr?«
    Er brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, was Joanna meinte, denn ohne es zu merken, hatte er den Blick auf Berengarias schlafendes Gesicht geheftet. Er erstarrte und richtete sich auf.
    »Ich glaube, ich habe Euch falsch verstanden, meine Dame.«
    »Nennt mich nicht so, Sir André. Ich bin nicht die Eure. Ich könnte Euch vielleicht beiwohnen und meine Freude an Euch haben, und Ihr an mir, aber ich könnte nie die Eure sein. Berengaria aber könnte es, und wahrscheinlich wird sie es auch, wenn auch in aller Heimlichkeit und Stille.«
    In der Pause, die auf diese Worte folgte, konnte St. Clair sein Herz hämmern hören. Als Joanna weitersprach, schien es ihm, als läge ein Lächeln in ihrer Stimme.
    »Würdet Ihr gern mit einer Königin zu Bett gehen, Sir André?«
    Wieder hielt sie inne, allerdings nur kurz.
    »Kommt, Sir, es ist Zeit, die Zähne zusammenzubeißen und

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