Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
Vom Netzwerk:
unangenehm, um es milde auszudrücken, für meinen lieben Bruder.«
    Bis jetzt hatte sie beim Reden ins Feuer geblickt, doch nun wandte sie den Kopf und sah André direkt an.
    »Begreift Ihr, warum ich das sage? Habt Ihr schon mit irgendjemandem über die politischen Umstände dieser ganzen Affäre gesprochen?«
    »Die religionspolitischen Umstände meint Ihr? Ja, das habe ich. Aber ich kann mich einfach nicht zu der Überzeugung durchringen, dass dies so wichtig ist, wie alle Welt zu glauben scheint.«
    »Ihr –?« Joanna blinzelte ihn erstaunt an. »Ich kann gar nic ht glauben, dass ich Euch das wirklich sagen gehört habe. Ihr findet es nicht wichtig? Ja, glaubt Ihr denn nicht an Gott?«
    St. Clair lachte unbeschwert.
    »Doch, natürlich, aber das, worum es hier bei diesem Zank zwischen de Lusignan und de Montferrat geht, hat nichts mit Gott zu tun. Es ist ein Gerangel zwischen zwei Gruppen von Männern – zugegeben sehr großen Gruppen –, die alle von sich behaupten, denselben Gott anzubeten. Doch die eine Gruppe nennt sich die orthodoxe Ostkirche und wird von einem Patriarchen regiert, die andere nennt sich die römisch-katholische Kirche und wird von einem Papst regiert. Eine jede der beiden schwört unter Berufung auf die Autorität des Himmels, dass sie allein den einen, rechten, über jeden Widerspruch erhabenen Weg zum Seelenheil kennt. Und beide wollen das Land regieren, in dem Jesus gelebt hat, weil sie es beide für heilig halten – und weil sie glauben, dass die Kontrolle über dieses Land gleichbedeutend mit großem irdischem Reichtum ist. Haltet Ihr mich nun für zynisch, Mylady?«
    Sie hatte ihm mit zusammengekniffenen Augen zugehört, doch jetzt lachte sie kopfschüttelnd, und es schien Bewunderung in ihrer Miene zu liegen.
    »Nein«, sagte sie, »nicht zynisch, ganz und gar nicht. Aber ich glaube, Ihr seid ein sehr gefährlicher Mann.«
    »Wie denn das, Mylady? Ich bin lediglich ein einfacher Ritter.«
    »Aye, aber ein einfacher Ritter, der sich seine eigenen Gedanken macht und seine eigene Meinung hat. Das, Sir, macht Euch zu einem höchst gefährlichen Mann für jene, die erwarten, dass Ihr Euch so verhaltet, wie sie es richtig finden. Was glaubt Ihr, was mein Bruder nun unternehmen sollte?«
    »Ich denke, er hat schon Stellung bezogen, Mylady. Er hat Guido als König empfangen und ihm seine Unterstützung gewährt. Ich weiß zwar nicht, ob er dies genauso bereitwillig getan hätte, wenn sich Philip nicht hinter de Montferrat gestellt hätte, doch nun sind die Würfel gefallen. Allerdings hat sich Philip damit gleichzeitig direkt gegen den Papst gestellt, was mich erstaunt, denn das hätte ich ihm nicht zugetraut.«
    Joanna nickte.
    »Vielleicht hatte er ja vorher schon Kontakte zur orthodoxen Kirche in Konstantinopel. Es würde mich schon sehr überraschen, wenn unter den Anhängern der orthodoxen Lehre weniger intrigiert würde als unter den Anhängern Roms.«
    Sie schwieg einen Moment, dann sah sie ihn fragend an.
    »Worüber lächelt Ihr? Habe ich etwas Amüsantes gesagt?«
    St. Clairs Lächeln wurde breiter.
    »Nein, Mylady. Was mich amüsiert, ist die Tatsache, dass ich noch keinen Mann sagen gehört habe, was Ihr gerade gesagt habt. Sie haben alle viel zu viel Angst vor der Kirche und ihrer Macht, um derartige Äußerungen zu wagen. Ich bin voll und ganz Eurer Meinung, doch diese Meinung aus Eurem Mund zu hören, hat mich überrascht. Ich musste einfach lächeln.«
    »Hmm. Ihr solltet mehr Zeit in meiner Nähe verbringen, Sir André. Ihr würdet Euch bald vor Lachen auf dem Boden wälzen. Eine Frau denkt nicht, ja, sie kann gar nicht denken – das glaubt sogar mein Bruder Richard; was Frauen betrifft, ist er sich darin ausnahmsweise mit allen anderen Männern einig. Doch beide Kirchen, die Ostkirche wie die Westkirche, sind fest in Männerhand – was bleibt einer Frau also anderes übrig, als sich ihre eigene Meinung zu bilden und sie zu sagen, wenn sie kann?«
    André pflichtete ihr nickend bei.
    »Aye, nun ja, was auch immer Philip bewegt hat, sich auf Conrads Seite zu stellen, es hat einen Keil zwischen die beiden Fraktionen getrieben, sodass Richard nun auf Gedeih und Verderb hinter Guido steht. Obwohl er wahrscheinlich sagen würde, dass Guido hinter ihm steht …«
    Bevor Joanna etwas erwidern konnte, wurde sie durch ein lautes Prusten aus dem Bett hinter ihnen unterbrochen, und sie wandten sich beide um. Berengaria drehte sich mit geschlossenen Augen zu ihnen um und sank dann

Weitere Kostenlose Bücher