Die Brueder des Kreuzes
ob es sich nun Plantagenet nennt oder Poitiers. Und östlich der Gascogne liegt Toulouse, das mit Richard und der Gascogne verfeindet ist. Diese Feindschaft zwischen Toulouse und der Gascogne ist das Einzige, was beide Territorien davon abhält, offen gegen Richard zu rebellieren. Doch unsere vorausschauende Mutter hat einen Weg gefunden, diese Bedrohung aus dem Weg zu schaffen.«
Sie hielt inne, um sich zu sammeln, dann fuhr sie mit kräftigerer Stimme fort.
»Am Tag seiner Hochzeit hat Richard Berengaria die Besitzrechte an seinen Ländereien in der Gascogne übertragen. Die Gascogne grenzt im Süden an das Territorium, das von Berengarias Vater Sancho regiert wird. Er ist ein vernünftiger, standhafter Mann, ein starker König mit einer mächtigen Armee, die durch den jahrelangen Kampf gegen die Mauren in Granada über große Erfahrung verfügt. Und nun, da seine Tochter die Rechte an der Gascogne besitzt, wird Sancho alles dafür tun zu garantieren, dass sich die Gascogne gemeinsam mit Navarra gegen Toulouse stellt. So wird er im Namen seiner Tochter die gascognischen Banditen zähmen und einen Schutzgürtel zwischen Aquitanien und jeder eventuellen Bedrohung durch seine östlichen Nachbarn bilden. Ihr müsst doch zugeben, dass das alles logisch ist, nicht wahr?«
St. Clair nickte.
»Aye, bewundernswert logisch, aber es rechtfertigt nicht –«
»Natürlich tut es das, Sir André. Königliche Pflicht und Verantwortung entschuldigen alles, was für das Wohlergehen des Königreiches vonnöten ist. Berengaria hat das immer akzeptiert. Außerdem ist sie … mit ihrem Schicksal im Reinen. So umschreibt meine Mutter Berengarias Fähigkeit, sich damit abzufinden, was Richard mit ihr tun würde – oder besser, was er nicht mit ihr tun würde. Meine Mutter weiß aus Erfahrung, dass eine Frau fast in jeder Lage Trost für sich finden kann, wenn sie es nur will.«
Joanna schluckte.
»Doch auch mein Bruder ist nicht gänzlich gewissenlos. Er hat ihr gesagt, was für ein Leben sie führen wird, bevor sie sich in ihrer Hochzeitsnacht schlafen gelegt haben, und er hat ihr gesagt, dass er nichts dagegen hat, wenn sie ihre Bedürfnisse diskret mit einem Mann befriedigt, auf dessen Verschwiegenheit Verlass ist. Er ist sogar noch weiter gegangen. Sollte sie schwanger werden, hat er zu ihr gesagt, so würde er das Kind als sein eigenes annehmen. Und dann hat er Euch für diese Aufgabe a usgewählt.«
»Was? Mich ausgewählt –? Nein! Nein, das ist unmöglich. Es ist undenkbar. Ich weigere mich, es zu glauben.«
»Warum denn, in Gottes Namen? Warum, André? Ihr kennt doch meinen Bruder. Ihr wisst, wer und was er ist. Warum fällt es Euch schwer, das zu glauben? Ich weiß es schon seit Wochen, weil er Euch immer wieder in unsere Richtung gedrängt hat.«
»Aber … aber–«
André sackte in sich zusammen.
»Das ist unerhört, Madam! Zu sagen, dass der König jemals daran denken würde, sich von einem anderen einen Sohn zeugen zu lassen – geschweige denn von mir! Wie könnt Ihr so etwas auch nur andeuten, Ihr, die Ihr ihn besser kennt als ich, wo doch alle Welt weiß, dass er voll und ganz in der Lage ist, seine Pflicht selbst zu erfüllen? Muss ich Euch daran erinnern, dass Euer Bruder bereits einen Sohn hat?«
»Ah! Der berühmte kleine Philip, natürlich!«
Joanna richtete sich kerzengerade auf und blickte in die Flammen. Ihre Miene war unergründlich.
»Der kleine Bastardprinz. Der Ruin des Franzosenkönigs. Nein, Sir, Ihr braucht mich nicht an diese Fabel zu erinnern. Dieses Kind existiert tatsächlich, doch es ist nicht mehr Richard Plantagenets Sohn, als ich es bin. Es ist eine Illusion, eine Fantasiegestalt für das einfache Volk. Aber ich hätte gedacht, dass Ihr eine solche List trotz Eurer weltfremden Blickweise durchschauen würdet.«
»Bitte erklärt mir Eure Worte.«
»Gern. Gerade noch habt Ihr mich gefragt, wie ich, die ich ihn besser kenne als Ihr, auch nur andeuten kann, dass mein Bruder zu so etwas in der Lage sein könnte. Nun, das kann ich ohne Zögern, denn ich kenne meinen Bruder weitaus besser, als Ihr es jemals werdet. Es hat sich für Euch entschieden, weil er das gleiche Procedere schon einmal erfolgreich angewandt hat, mit dem Kind aus Cognac, dem kleinen Philip Plantagenet.«
Sie gebot ihm mit erhobener Hand zu schweigen.
»Ich bitte Euch, kurz darüber nachzudenken, bevor Ihr mich anspuckt, weil ich es gesagt habe. Denkt einfach nach.«
Sie begann, ihre Argumente an den Fingern
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