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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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fressen Leichen – so muss es sein, denn nur größeres Aas würde eine solche Zahl von Geiern anlocken. Und sie sind nicht weit weg von hier.«
    »Ich verstehe immer noch nicht.«
    »Das sehe ich, aber denk doch einmal nach: Wir sind hier in großer Not. Dank unseres abwesenden Gastgebers haben wir zwar etwas zu essen, aber das meiste davon haben wir letzte Nacht verspeist. Um unseren Wasservorrat steht es nicht viel besser. Aber wenn ganz in der Nähe Leichen liegen, ist es gut möglich, dass sie etwas Essbares und Wasser dabeihaben. Ich muss es herausfinden, und zwar schnell, denn mir gefällt der Himmel nicht. Die Luft ist totenstill und schwül, und es könnte sein, dass ein Sturm heraufzieht. Ich werde das Kopfende deiner Bahre dort auf die Felsenkante legen, sodass du etwas erhöht liegst und es bequem hast, und dann lasse ich dich hier. Ich glaube nicht, dass ich länger als bis zum Mittag fort sein werde. So, wie ich die Entfernung der Vögel abgeschätzt habe, denke ich, dass der Weg etwa eine Stunde dauert, vielleicht ein wenig mehr.«
    »Wie willst du sie dir vom Leib halten?«
    Moray lächelte.
    »Wen, die Geier oder die Toten? Ich nehme den Bogen des Muselmanen mit. Wie geht es deinem Arm?«
    »Er fühlt sich an, als würde er brennen. Heiß, aber nicht sehr schmerzhaft, solange ich keine falsche Bewegung mache.«
    »Das habe ich mir gedacht. Ich habe noch ein Päckchen mit dem Pulver, das ich dir gestern gegeben habe, und du wirst mir den Gefallen tun, es ohne Widerrede einzunehmen. Die erste Dosis hat dir gut getan; die zweite sollte noch besser wirken, und wenn sich dein Zustand bis heute Abend ähnlich bessert wie gestern, dann kannst du danach wieder selbst gehen, und ich brauche mir nicht mehr den Rücken zu ruinieren.«
    Sinclair beobachtete, wie er das Pulver mit Wasser vermischte, und trank gehorsam die Mixtur. Nur die Tatsache, dass er die Nase verzog, verriet, dass er etwas Unangenehmes dachte – oder schmeckte.
    »Ich gehe jetzt, und wie schon gesagt, glaube ich nicht, dass ich lange brauchen werde, aber wir sind in der Wüste, daher ist es nur klug, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Es könnte ja sein, dass ich mich verlaufe, dass mir ein Unfall widerfährt oder dass ich Allahs getreuen Dienern in die Arme laufe. Du bist nicht kräftig genug, um nach mir zu suchen, und es wäre töricht von dir, es auch nur zu versuchen. Ich lasse dir diesen Beutel mit Lebensmitteln hier und hänge ihn an den Haken, den uns unser Gastgeber in weiser Voraussicht hinterlassen hat, und diesen Wasserschlauch dazu. Ich nehme auch etwas zu essen und den kleineren Wasserschlauch mit, denn er ist leichter.«
    Er legte den Kopf schief und blickte lächelnd auf Sinclair hinunter, dessen Augen jetzt blicklos wurden, während er mit zuckenden Augenlidern gegen das starke Opiat ankämpfte.
    »Alec? Kannst du mich noch hören? Dir fallen die Augen zu. Vergiss nicht …«

4
    A
    LS SINCLAIR ERWACHTE, war die Höhle von wirbelndem Sand und einem solch höllisch heulenden Wind erfüllt, wie er es noch nie erlebt hatte. Sein Mund und seine Nasenlöcher waren so ausgetrocknet, dass er nicht einmal ausspucken konnte, um sich Erleichterung zu verschaffen. Pures Grauen überwältigte ihn. Er versuchte, sich zu bewegen, doch sein geschienter Arm war ihm im Weg. Mehrmals versuchte er, an den Wasserschlauch zu gelangen, den Moray über ihm aufgehängt hatte, doch gegen die Gewalt des Windes war er chancenlos. Licht drang durch den tanzenden Staub, wenn auch schwach, also musste es draußen vor der Höhle noch Tag sein, selbst wenn es eher dämmerig als taghell aussah.
    Moray hatte ihm das übrig gebliebene Stück seines zerrissenen Mantels um die Schulter gelegt. Mit zitternder Hand wickelte sich Sinclair den Fetzen um den Kopf und verhüllte sein Gesicht so vollständig wie möglich. Zwar hatte er Angst, keine Luft mehr zu bekommen, aber den Sandsturm fürchtete er noch mehr.
    Er kämpfte mit seinem fest umwickelten Arm, bis es ihm gelang, Kopf und Schultern mit dem Rücken zum Eingang der Höhle und damit zum Toben des Windes auf die Seite zu legen. Der ohrenbetäubende Lärm ließ nicht nach, doch in dieser Lage, das Gesicht zusätzlich durch seine gesunde Hand geschützt, fiel ihm das Atmen leichter. Da er sich ansonsten nicht weiterhelfen konnte, ließ er sich wieder in den Schlaf sinken, während er sich fragte, wie es Moray wohl gerade ergehen mochte. Hoffentlich war es dem Freund gelungen, einen Unterschlupf zu finden,

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