Die Brueder des Kreuzes
Gesicht.
»Da habt Ihr recht. Nun denn, nehmt ein Maultier mit und Eure eigene Ausrüstung. Wenn Ihr damit erwischt werdet, wird Euch ohnehin nicht mehr zu helfen sein.«
»Danke für diese angenehme Vorstellung. Wann soll ich zurückkehren?«
»Morgen Mittag. Damit solltet Ihr genug Zeit haben, Euch morgen früh in der Stadt umzusehen. Euer Rückweg wird kürzer sein als der Hinweg, und Ihr werdet uns ohne Schwierigkeiten finden. Uns zu erreichen wird allerdings möglicherweise etwas anderes sein.«
»Aye, ich verstehe. Dann gehe ich jetzt besser.«
»Und lasst Euch unbedingt ein arabisches Pferd geben.«
»Jetzt kennt meine Dankbarkeit keine Grenzen mehr, Vetter. Hättet Ihr daran nicht gedacht, wäre ich ahnungslos auf einem Frankenpferd zu den Sarazenen geritten. Schlaft gut, und passt auf Euch auf, wenn es morgen zum Kampf kommt. Lebt wohl.«
ANDRÉ ST. CLAIR beugte sich so weit vor, dass er fast in den Steigbügeln stand, während er die letzte Steigung nahm, und das Maultier folgte ihm brav. Seit über einer Meile ging es ständig bergauf, und nun war der Bergkamm keine hundert Schritte mehr von ihnen entfernt. Immer wieder sah er sich um, doch er konnte keine Bewegung erspähen. Er konnte es kaum erwarten, den schmalen Grat, auf dem er sich unversehens wiedergefunden hatte, hinter sich zu lassen und die grünen Hänge unter ihm zu erreichen.
Arsuf lag jetzt über zwei Meilen hinter ihm. Als er kurz nach Sonnenaufgang dort eingetroffen war, hatte er die Stadt verlassen vorgefunden, und er und sein Pferd waren die einzigen Lebewesen weit und breit gewesen. Die antike Sandsteinfestung hatte kein Dach mehr und war den Elementen preisgegeben, und er konnte auf Anhieb sehen, dass niemand versucht hatte, sie wieder instand zu setzen. Dennoch hatte er eine Weile abgewartet und war sogar ein Stück in den Wald jenseits der Stadt geritten, weil er sich an die Gerüchte erinnerte, dass das Verderben dort lauere. Doch auch dort hatte er keine Menschenseele angetroffen. Gegen Mittag war dann klar gewesen, dass Saladin zu lange gewartet hatte, falls er denn je vorgehabt hatte, die Festung zu bemannen. Selbst in ihrem normalen Schneckentempo würde die Christenarmee in spätestens drei Stunden hier sein – es sei denn, sie kam gar nicht.
Nun war er sich sicher gewesen, dass er seinen Auftrag erfüllt hatte, und er hatte sein Pferd wieder gesattelt und war mitsamt dem Maultier in Richtung der heranmarschierenden Armee aufgebrochen. Dort, wo der Grat der Straße am nächsten kam, hatte er diese verlassen und sich bergauf gewandt.
Dicht unterhalb des Bergkamms blieb er stehen und tätschelte sein Pferd. Dann stieg er ab, um beide Tiere über einen trügerischen Abhang zu führen, der in eine tiefe Schlucht mündete. Danach stieg er wieder auf und mühte sich einen weiteren steilen Hang empor, der ihm den Blick auf das nächste Tal verstellte. Sanft trieb er sein Pferd vorwärts, als ihm ein merkwürdiges Geräusch auffiel, das in der Ferne aufstieg und wieder verschwand. Neugierig trieb er sein Pferd zur Eile an, und als sie den nächsten Bergkamm erreichten, bot sich ihm ein Anblick, der ihm den Atem raubte. Mit offenem Mund betrachtete er die Szenerie, die sich unter ihm ausbreitete, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, ob ihn jemand sehen könnte.
Im Tal war eine Schlacht zugange. Er musste sich erst an die ungewohnte Perspektive gewöhnen, alles aus der Höhe zu betrachten, doch Sekunden später begriff er schlagartig, und Enttäuschung machte sich in ihm breit. Mit wachsendem Unglauben sah er, dass Richard Plantagenet zum ersten Mal als Feldherr versagt hatte.
Direkt unterhalb seiner Position stand die Frankenarmee mit dem Rücken zum Meer, und er konnte kaum glauben, auf welch engem Raum sie sich drängte und wie brutal sie von Saladins Männern angegriffen wurde, die sie mit Pfeilen und Armbrustbolzen beschossen, so schnell sie nachladen konnten. So dicht drängten sich die Männer im Tal, dass die Feinde auf dem Hang nicht einmal zu zielen brauchten. Jedes Geschoss fand ein Ziel, obwohl die fränkischen Ritter mit ihren Schilden ein Dach gegen den Pfeilhagel bildeten.
Zu seiner Rechten erstreckte sich die schmale Römerstraße zurück zu dem Sumpf, in dem die Franken übernachtet hatten, und er konnte sehen, dass aus dieser Richtung keine Gefahr drohte. Auf der anderen Seite jedoch verschwand die Straße etwa eine halbe Meile vor den Franken in einem Tunnel aus Bäumen, und die toten Männer und
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