Die Brueder des Kreuzes
könnt Ihr Euch wieder beruhigen. Ihr habt Glück gehabt, an diesem Tag so weit fort zu sein. Es war langweilig, Henry, langweilig. War es nicht so, Sir André? Bis auf jenen einen Moment natürlich, an dem ich gespürt habe, wie sich die Krone fest auf meinen Kopf gesenkt hat. Dieser eine Moment war das Warten wert. Doch der Rest des Tages war unfassbar öde; nichts als lateinisches Gemurmel und würdevolle Gesänge in einem stinkenden Weihrauchmeer.«
Sein Blick wanderte erneut weiter, und seine Augen verengten sich neugierig.
»Verdammt, es ist Brian.«
Er richtete den Blick wieder auf Henry, doch es war nicht zu übersehen, dass es ihn weiterdrängte.
»Ich muss einige Worte mit meinem englischen Hauptmann Brian von York wechseln, der dort drüben steht, mein Freund, daher bitte ich Euch, solange hier bei Eurem Sohn zu bleiben oder aber mich zu begleiten. Es dürfte nicht lange dauern.«
Er gab seinem Pferd die Sporen, und Sir Henry richtete den Blick auf seinen Sohn, der ihn erwartungsvoll ansah. An seiner Seite ritt noch ein weiterer Ritter, der mit ihm und dem König gekommen war. Henry schätzte, dass der Fremde ungefähr im Alter seines Sohnes war, vielleicht ein oder zwei Jahre älter.
Er nickte dem Fremden höflich zu, dann sprach er seinen Sohn an.
»Nun, was meinst du? Wollen wir dem König folgen?«
Sir André zuckte lächelnd mit den Achseln. Einen Moment lang glaubte Henry, etwas Unerwartetes, beinahe Bitteres in den Augen seines Sohnes zu entdecken, doch als er genauer hinsah, war es fort, und er verwarf den Gedanken.
»Wenn er zu Fuß mit der englischen Infanterie kämpfen will«, sagte André, »und ich vermute, dass er das will, dann sollten wir uns dieses Spektakel nicht entgehen lassen, denn ich habe mir sagen lassen, dass er ein Meister darin ist.«
Er beugte sich im Sattel vor, um Sir Henry die Hand entgegenzustrecken. Dieser drückte sie herzlich.
»Guten Tag, Vater. Gestatte mir, dir Sir Bernard de Tremelay vorzustellen, der uns von Orleans aus beg leitet hat.«
Wieder nickte Sir Henry dem Neuankömmling höflich zu.
»De Tremelay sagt Ihr, aus Orleans? Gab es nicht einst einen Großmeister des Tempels, der so hieß und aus Orleans kam?«
Der Fremde nickte lächelnd.
»Ihr habt ein ausgezeichnetes Gedächtnis, Sir Henry. Das ist über dreißig Jahre her, und er hat sein Amt nicht einmal ein Jahr lang ausgeübt. Er war der ältere Bruder meines Großvaters. Ich habe als Kind viel von ihm gehört, denn er hatte einen guten Ruf. Begegnet bin ich ihm aber nie. Wollen wir dem König folgen?«
Die drei Männer trieben ihre Pferde zu der Stelle, wo der König und seine beiden Knappen vor der kleinen Gruppe englischer Bogenschützen abgestiegen waren, die Henry vorhin noch beobachtet hatte und die nun am Boden knieten. Als sie dort ankamen, hatte Richard die Männer bereits aufgefordert, sich zu erheben, und schlug ihnen lachend gegen ihre hinderliche Polsterung.
»Ein Kämpfer braucht vor einem anderen Kämpfer nicht auf die Knie zu fallen«, sagte er gerade. »Ein gebeugtes Knie mag hin und wieder einen Treueschwur symbolisieren, doch ein Knie, das in gebeugter Haltung verweilt, bedeutet Unterwerfung, und die erwarte ich von meinen Freunden nicht. Brian!«, rief er ihrem Instrukteur zu, dem einzigen Mann unter ihnen, der nicht in Polster gehüllt war. »Sucht mir die drei Besten unter diesen Männern heraus. Nein, wartet. Das wäre … unklug. Ich suche mir selbst drei aus und versuche mit ihnen mein Glück. Ihr werdet den Kampf beaufsichtigen.«
Er ließ den Blick über die zwölf erstaunten Männer vor ihm schweifen, dann hob er die Hand.
»Nun hört mir alle gut zu. Ich suche drei von Euch aus, und dann kämpfen wir. Drei Runden, bis einer der Gegner fällt oder direkt getroffen wird. Brian ist der Schiedsrichter.«
Er bedachte sie mit seinem strahlendsten Lächeln.
»Doch seid gewarnt. Wer von Euch Tor genug ist, sich zurückzuhalten, um mich in meiner Königswürde zu verschonen, wird die nächsten zwei Wochen Latrinen graben. Ist das klar? Das hoffe ich sehr. Ich will Euch alle drei ehrlich schlagen, weil ich der Bessere bin. Und wenn Ihr mich schlagen könnt, dann solltet Ihr das tun, denn ich werde es Euch nicht danken, wenn Ihr mich beleidigt, indem Ihr Euch zurückhaltet. Außerdem habe ich ein Goldstück für jeden, der mich zu Boden schlägt – wenn es sein muss also drei.«
Er blickte von einem Mann zum nächsten, sah jedem in die Augen und wählte seine Gegner
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