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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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erklärt, er habe dreitausend Rubel mitgebracht.
    »Nicht doch, Trifon Borissowitsch!« wandte Mitja ein. »Sollte ich wirklich so bestimmt erklärt haben, daß ich dreitausend mitbringe?«
    »Ja, das haben Sie gesagt, Dmitri Fjodorowitsch. In Andrejs Gegenwart haben Sie es gesagt. Andrej ist ja noch da, er ist nicht weggefahren, lassen Sie ihn doch rufen! Und im Saal haben Sie geradezu geschrien, Sie ließen jetzt das sechste Tausend hier mit den früheren nämlich, so muß man das verstehen. Stepan und Semjon haben es gehört, und Pjotr Fomitsch Kalganow stand damals neben Ihnen, vielleicht erinnert der sich auch?«
    Die Aussage von dem sechsten Tausend machte auf die beiden Beamten einen besonders starken Eindruck. Ihnen gefiel die neue Fassung: drei und drei, das sind sechs, also dreitausend damals und dreitausend jetzt – das macht sechstausend, die Sache war klar.
    Sie befragten alle, auf die sich Trifon Borissowitsch berufen hatte, die Bauern Stepan und Semjon, den Kutscher Andrej und Pjotr Fomitsch Kalganow. Die Bauern und der Kutscher bestätigten ohne weiteres Trifon Borissowitschs Aussage. Außerdem wurde auf Grund von Andrejs Angabe ins Protokoll aufgenommen, daß Mitja mit ihm unterwegs darüber gesprochen habe, wohin er, Dmitri Fjodorowitsch, wohl kommen würde, in den Himmel oder in die Hölle, und ob ihm in jener Welt vergeben würde oder nicht. Der »Psychologe« Ippolit Kirillowitsch hörte das mit einem feinen Lächeln und ordnete schließlich an, die Aussage, wohin Dmitri Fjodorowitsch kommen würde, solle in die Akten aufgenommen werden.
    Kalganow erschien mit angewiderter Miene und benahm sich mürrisch und launisch; mit dem Staatsanwalt und mit Nikolai Parfjonowitsch redete er so, als sähe er sie zum erstenmal im Leben, während er doch schon seit langer Zeit mit ihnen bekannt und täglich mit ihnen zusammengekommen war. Er begann mit der Erklärung, er wisse gar nichts und wolle auch gar nichts wissen. Aber das von dem sechsten Tausend hatte er gehört, wie sich herausstellte, und er gab zu, daß er in jenem Augenblick neben Mitja gestanden hatte. Nach seiner Ansicht hatte Mitja »ich weiß nicht wieviel« Geld bei sich gehabt. Die Frage, ob die Polen beim Kartenspiel betrogen hätten, bejahte er. Auch erklärte er auf wiederholte Fragen, nachdem die Polen hinausgejagt worden waren, habe sich das Verhältnis zwischen Mitja und Agrafena Alexandrowna tatsächlich gebessert, und sie habe selbst gesagt, daß sie ihn liebe. Über Agrafena Alexandrowna äußerte er sich zurückhaltend und respektvoll, wie über eine Dame aus der besten Gesellschaft; er erlaubte sich sogar kein einziges Mal, sie Gruschenka zu nennen. Obgleich der junge Mann seine Aussagen nur mit sichtlichem Widerwillen machte, verhörte Ippolit Kirillowitsch ihn lange und erfuhr erst von ihm viele Einzelheiten über den »Roman« Mitjas in dieser Nacht; Mitja unterbrach die Aussage nicht ein einziges Mal. Endlich entließ man den jungen Mann, und er entfernte sich mit unverhohlenem Unwillen.
    Auch die Polen wurden vernommen. Sie hatten sich in ihrem Zimmer zwar hingelegt, waren aber die ganze Nacht nicht zum Schlafen gekommen und hatten sich nach der Ankunft der Amtspersonen schnell wieder angezogen und zurechtgemacht, da sie sich selbst sagten, daß man sie unweigerlich vorladen würde. Sie erschienen mit großer Würde, wiewohl nicht ohne einige Furcht. Der Höherstehende von ihnen, der kleine Herr, erwies sich als Beamter zwölfter Klasse außer Dienst; er war in Sibirien als Tierarzt angestellt gewesen und hieß Mussialowicz. Pan Wroblewski, stellte sich heraus, war privat praktizierender Dentist. Obwohl Nikolai Parfjonowitsch die Fragen an sie richtete, wandten sie sich beide mit ihren Antworten an Michail Makarowitsch, den sie wegen seiner Uniform aus Unkenntnis für die Hauptperson des Ganzen hielten; sie nannten ihn dauernd »Pan Oberst«. Und erst nach mehreren Fragen und nachdem Michail Makarowitsch selbst sie belehrt hatte, merkten sie, daß sie sich mit ihren Antworten ausschließlich an Nikolai Parfjonowitsch zu wenden hatten. Es zeigte sich, daß sie recht gut russisch konnten, abgesehen höchstens von der Aussprache einiger Wörter. Über seine früheren und jetzigen Beziehungen zu Gruschenka ließ sich Pan Mussialowicz so stolz aus, daß Mitja sofort außer sich geriet und schrie, er erlaube diesem Schuft nicht, in seiner Gegenwart so zu sprechen! Pan Mussialowicz lenkte die Aufmerksamkeit des Untersuchungsrichters

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