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Die Brueder

Die Brueder

Titel: Die Brueder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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und zwei späteren Gelegenheiten hast du ein Medaillon mit einem Frauenporträt getragen. Könntest du dir vorstellen, die Halskette anzu­legen?«
    »Um zu zeigen, dass meine Familie vermögend ist? Was hat das mit mir zu tun?«, lautete die Gegenfrage.
    »Wer ist die Frau auf dem Porträt?«
    »Meine Urgroßmutter väterlicherseits. Warum sollte ich dieses Medaillon tragen?«
    Als Erstes wies er darauf hin, dass ihr dieser Schmuck ja wohl gefalle, weil sie ihn hin und wieder trage. Also sei er Teil ihrer Persönlichkeit. Dann fügte er hinzu, das Porträt in dem privaten Raum würde sehr strikt ausfallen, ruhig und reflektierend in undramatischen Farben. Da würde die Goldkette einen sehr interessanten Farbakzent setzen. Außerdem gäbe der Schmuck dem Betrachter zu verstehen, dass er kein Dienstmädchen vor sich habe, das sich weggeschlichen habe, um ein paar Seiten zu lesen, erdreistete er sich abschließend.
    Margrete dachte lange nach und nickte dann energisch.
    Sie dazu zu bringen, die weiße Bluse gegen eine hellgelbe oder champagnerfarbene auszutauschen, war einfacher. Er argumentierte mit dem Licht, das durch die leicht vergilbten Tüllgardinen einfalle. Eine Bluse in einer ähnlichen Farbe sorge für Wärme.
    Am schwierigsten war die Frage der Frisur. Sie trug ihr Haar in einem strengen Knoten. Diese Frisur passte zu dem, was sie sich ausgedacht hatte. Sie wünschte sich ein von jeglicher Erotik befreites Porträt. Sie wollte als Mensch und nicht als geschlechtliches Wesen wahrgenommen werden.
    Als Sverre die Möglichkeit ansprach, das Haar vielleicht offen zu tragen, ging sie sofort auf die Barrikaden. Sverre beschloss, die Sache erst einmal auf sich beruhen zu lassen. Immerhin hatte er in allen anderen Fragen seinen Willen durchgesetzt. Zu gegebener Zeit würde er ihr vorführen, wie sich der Unterschied auf dem Porträt ausmachen würde.
    In diesem Augenblick kam die Sonne hinter dem großen Baumwipfel auf der anderen Seite des Vorplatzes hervor und fiel im goldenen Schnitt diagonal durch den Raum. Sverre konnte weder sein Erstaunen noch seine Begeisterung unterdrücken. Margrete blickte auf und betrachtete das Phänomen misstrauisch.
    Sverre griff zu seinem Skizzenblock. »Wenn es dir recht ist, würde ich jetzt gerne gleich ein paar Skizzen anfer­tigen.«
    *
    Nach dem Abendessen verbrachte Sverre einige Stunden an einem der Zeichentische im Arbeitszimmer und variierte seine Skizzen. Die Grundidee war bereits deutlich zu erkennen. In der Kunstgeschichte gab es unendlich viele ähnliche Motive. Eine Frau am Fenster legt sinnierend eine Hand auf den Bauch. Sie erwartet ein Kind. Eine Frau schaut aus einem Fenster, und die Sonne fällt ihr ins Gesicht. Sie wird bald schwanger. Eine Frau blickt auf eine italienische Landschaft. Bald wird ein Ritter kommen, zumindest hofft sie das. Eine Frau liest am Fenster einen Brief, ein blaues Kopftuch ist die einzige helle Farbe. Vermeer. Frauen an Fenstern haben immer einen Bezug zu Männern. War Margrete das bewusst?
    Hier saß eine Frau am Fenster ohne eine Beziehung zu einem Mann. Möglicherweise das erste Mal in der Kunstgeschichte. Jedenfalls wollte sie das zeigen, und darin war er ganz ihrer Meinung. Sollte sie vielleicht eine Zigarette in der Rechten halten, die auf der grünen, verschlissenen Schreibtischplatte lag? Nein, vermutlich war eine Zigarette zu provozierend. In der ländlichen Aristokratie rauchten Frauen nicht, wenn sich die Herren nach dem Essen zum Rauchen zurückzogen. Kurz gesagt, eine Zigarette war ein interessanter Gedanke, jedoch unmöglich.
    Und ein Stift?
    Wenn jemand ein Buch mit einem Stift in der Hand las, tat er das, um Einfälle zu notieren oder besonders gute oder misslungene Formulierungen anzustreichen. So jemand liest engagiert und nicht nur zur Zerstreuung.
    Er skizzierte einige Varianten und war sich bald sicher, dass Margrete die Idee verstehen und gutheißen würde.
    Im Herrenzimmer im Obergeschoss lag Albies Manuskript und seine Aufmerksamkeit. Der Eifer, mit dem er an Margretes Porträt arbeitete, war echt. Er war aber auch eine Ausflucht. Die Fortsetzung von Albies Erzählung machte ihm Angst.
    Ewig konnte er dem jedoch nicht ausweichen. Wenn Albie zurückkehrte, konnte er schlecht zu ihm sagen, er habe leider nicht die Zeit gefunden zu lesen, was sein Geliebter, wenn auch als exaltierter 21-Jähriger, mit seinem Herzblut und tiefstem Ernst geschrieben hatte. Er musste weiterlesen. Er löschte die Arbeitslampe und ging

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