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Die Brueder

Die Brueder

Titel: Die Brueder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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minimal.
    Aber auch das stellte aus Albies Perspektive kein Pro­blem dar.
    Ein anderer verwandtschaftlicher Aspekt war da schon problematischer. Die Schwester des Freiers war eine gewisse Lady Florence Anne, Gattin Hugh Cholmondeleys, inzwischen 3. Earl of Delamere.
    Soweit Albie wusste, war an Delameres Familiensitz im Norden an der Grenze zu Wales nichts auszusetzen, es ging eher um ein rein persönliches Problem.
    Als Albie als kleiner verschreckter Neuling, fag, nach Eton gekommen war, hatte Hugh Cholmondeley die Abschlussklasse besucht und war fag master und als solcher sehr hart, fast genüsslich hart gewesen. Nach Beendigung der Schule sollte Hugh Cholmondeley zum Militär, was Albie sehr logisch erschienen war. In den Kolonien boten sich ihm viel mehr Möglichkeiten, Leute zu unterdrücken, als in Eton, und außerdem konnte er sie totschießen. Albie war erleichtert gewesen, ihn los zu sein, da Hugh Cholmondeley es ganz besonders auf ihn abgesehen und ihn ständig mit dem spanischen Rohr gequält hatte.
    Als Zwölfjähriger hatte Albie also beschlossen, Hugh Cholmondeley bis an sein Lebensende zu hassen, das dann aber irgendwann vergessen. Bis jetzt, als sich zeigte, dass er der Schwager von Penelopes zukünftigem Mann war.
    Margie hatte ihn natürlich ausgelacht, und Sverre war ihrer Meinung gewesen. Sünden aus der Schulzeit mussten als verjährt gelten.
    Wie drei Verschwörer saßen sie oben im Atelier am Gordon Square, wo sie weder Freunde noch Nachbarn hören konnten. Wenn Albie das Bedürfnis verspürte, laut über diese Sache nachzudenken, dann kamen nur Margie und Sverre als Zuhörer infrage.
    Er wollte ergründen, was für Penelope am besten war und tat sich ungemein schwer damit. Der in seiner Schulzeit so brutale Lord Delamere hatte seinem Schwager also einen Hof geschenkt, der neben seinem eigenen lag. So weit, so gut. Der Haken war, dass diese beiden Höfe in Kenia lagen. Wenn sie heirateten, würde Pennie in den afrikanischen Busch ziehen!
    Margie fand diese Aussicht wunderbar und aufregend, und darin konnte ihr Sverre nur beipflichten. Die Alter-­native wäre so etwas wie Manningham gewesen, älter oder neuer, kleiner oder größer. Das wirkte nicht sehr verlockend. ­Afrika hingegen klang wie eine wunderbare Alternative. Pennie würde das neue Leben lieben.
    Albie ließ sich auch bald überzeugen. Penelope war schließlich eine freie Frau, die selbst entscheiden durfte und wie alle anderen Frauen, sogar die armen, eigentlich wahlberechtigt sein müsste. Nicht wahr?
    Doch, gewiss. Es war nur so, dass Pennie und ihr Geliebter, das war nun doch zu hoffen, ja, so musste es sein, schließlich begehrte sie ihn weder des Geldes noch eines Titels wegen … Worauf wollte er eigentlich hinaus?
    Ah, ja: Es würde einen offiziellen Heiratsantrag nach allen Regeln der Kunst geben. Das Datum war vereinbart, Pennie und ihr Verlobter in spe würden nächste Woche auf Manningham eintreffen. Dann würde die Entscheidung fallen.
    »Very well«, meinte Margie. »Das bleibt unter uns. Wir veranstalten als kleine freudige Überraschung ein Verlobungsdinner im engsten Familienkreis direkt nach dem Heiratsantrag. Es ist ohnehin schon recht lange her, dass ich Alberta und diesen Schwachkopf, ihren Mann, getroffen habe. Und ich finde, du solltest dir mit deiner Einwilligung ruhig ein wenig Zeit lassen …«
    Und so geschah es dann auch.
    Am folgenden Samstagnachmittag gab sich Albie intensiv mit seinen Papieren in der Bibliothek beschäftigt. Die Szene war natürlich lächerlich. Nicht nur, weil der Freier höchstens fünf oder sechs Jahre jünger war als er, sondern auch, weil Albie ein Jackett trug. Pennie hatte ihn via James diskret darüber informiert, wie der Freier gekleidet war, und die Höflichkeit forderte natürlich bei dieser formellen, aber doch heiklen Besprechung ein Gleichgewicht. Jackett! Als sollte auf der Stelle geheiratet werden. Oder als wollte man ein Pferderennen besuchen.
    James kündigte den hochgeborenen Galbraith Lowry Egerton Cole an, woraufhin ein sonnengebräunter, athletischer Mann eintrat, der sich bemühte, seine Nervosität zu verbergen. Er gab Albie höflich die Hand und nahm dann auf einem Sessel neben dem Schreibtisch Platz. James servierte Sherry.
    »Sie warten mit strahlendem Wetter auf, Euer Gnaden«, begann der Freier.
    »Natürlich. Ein Tag wie dieser verlangt selbst Wiltshire strahlendes Wetter ab«, antwortete Albie und fühlte sich wie in einem Theaterstück, eher Shaw als

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