Die Buchmagier: Roman (German Edition)
Füße trat, aber was wirklich verwirrend war, war Lenas Körper so eng an meinem. Sie hielt den Rand der Stoffbahn mit einer Hand fest und ihre beiden Bokken mit der andern, aber bei jedem Schritt streiften ihre Hüfte und ihr Schenkel meine.
»Muss wohl nicht fragen, welche Wohnung!«, stellte Ted fest.
Zahnstochergroße Splitter übersäten den abgenutzten Siebzigerjahreteppich im Flur, denn Türriegel und Schloss waren zertrümmert worden. Ein neuer Riegel war an Tür und Rahmen geschraubt worden, gesichert mittels eines schweren Vorhängeschlosses.
Bis dahin waren es nur Worte gewesen. Erzählungen. Hier aber war der Beweis von Rays Tod, von der Heftigkeit des Angriffs. Genau auf diesem Fleck hatte auch sein Mörder gestanden.
Lena lehnte ihre Waffen an die Wand und hob einen fünfzehn Zentimeter langen Holzsplitter auf. »Bist du bereit?«
Ich schaute nach Klecks, der ruhig und kühl aussah, und nickte. Lena schob den Splitter ins Vorhängeschloss. Gleich darauf schwang die Tür nach innen.
»Fasst nichts an!«, ermahnte ich die beiden.
»Oh bitte!«, schnaubte Ted verächtlich. »Als ob das mein erster Einbruch wäre!«
Ein starker antiseptischer Geruch hing in der Luft, als ich das Appartement vorsichtig betrat. Den metallischen Geruch nach Blut konnte er nicht überdecken. Rays Blut. Mit dem Ellbogen knipste ich den Lichtschalter seitlich von mir an.
Die ganze Zeit über, seit Deb mir von Ray erzählt hatte, hatte ein Teil von mir gehofft, dass es sich um einen Irrtum handelte, dass er irgendwie überlebt und sich in Sicherheit gebracht hatte. Die Trümmer seiner Wohnung zu sehen machte diese Hoffnung brutal zunichte, sodass nur ein leeres Gefühl in meiner Brust blieb.
Schwarzes Fingerabdruckpulver bedeckte Lichtschalter und die Wand des gewölbten Durchgangs zur Küche. Saubere, rechteckige Streifen durchschnitten den Staub, wo die Polizei Abdrücke genommen hatte.
Ein halb leer getrunkener Becher Tee stand auf dem Beistelltisch neben dem Klappsofa im Wohnzimmer. Wie viele Male war ich nach spätabendlichen Zaubereisitzungen oder, in einem Fall, einem Mystery-Science-Theater -Marathon auf dieser Couch zusammengebrochen!
Ich ging näher heran und nahm ein offen auf dem Teppich liegendes Buch in Augenschein: eine Sammlung von Shakespeares Komödien. Ich konnte Rays Handschrift an den Rändern erkennen, winzig und akkurat wie mit der Schreibmaschine.
Er hatte immer in seine Bücher geschrieben, eine Angewohnheit, die mich vom ersten Tag an in den Wahnsinn getrieben hatte. Ich konnte mich kaum dazu bringen, meine Lehrbücher mit einem Textmarker zu bearbeiten, und er entweihte jedes einzelne seiner Bücher mit Anmerkungen, in denen er den historischen Kontext analysierte, Bezug auf andere Bücher und Geschichten nahm, die Wortwahl unter die Lupe nahm … er hätte einen großartigen Literaturprofessor abgegeben, wenn es ihm nur etwas mehr gelegen hätte, öffentlich zu sprechen.
Die Gipskartonwand hinter der Couch war rissig; eine runde Einbuchtung zeigte, wo der Angreifer Rays Kopf gegen die Wand geschlagen haben musste. Ein paar kleine Scherben von einer zerbrochenen Lampe lagen auf dem Teppich, die Lampe selbst war allerdings weg. Das Klavier rechts von der Couch war zertrümmert worden. Kaputte Elfenbeintasten und gerissene Drähte ließen es wie ein ausgeweidetes Tier aussehen.
»Sie sind regelrecht hereingestürmt«, meinte Lena, während sie das Zimmer untersuchte. »Er hatte keine Zeit, aufzustehen. Ein Vampir könnte in weniger als einer Sekunde durch die Tür kommen und einen normalen Menschen kampfunfähig machen.«
Ich blickte Ted fragend an.
»Das hier war einer von uns.« Teds Pupillen waren weit, und seine blassen Lippen hatten sich von den Zähnen zurückgezogen. Sein Atmen erinnerte mich an ein Tier, schnell und gierig stand er witternd da. Er nickte Richtung Küche. »Da drin.«
»Ray hat sie nicht hereingebeten«, stellte ich fest. Damit schieden mehr als dreißig potenzielle Spezies von Vampiren aus. Wie waren sie an der Überwachungskamera vorbeigekommen? Ein paar Arten konnten sich so schnell bewegen, dass man nicht in der Lage war, sie zu sehen. Andere vermochten sich in Nebel aufzulösen. Vielleicht hatte der Killer aber auch einfach nur ein Kapuzen-Shirt oder etwas Ähnliches getragen, um seine Identität zu verschleiern. Ich benötigte weitere Informationen, war aber noch nicht dazu bereit, den Raum zu betreten, in dem mein Freund gestorben war.
Ich ging zu einem
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