Die Bucht der schwarzen Perlen
Paradies mehr, trotz Pater Patrick …«
Ron betrat das Fahrerhaus und setzte sich auf den zweiten Sitz vor die Instrumententafel. Patrick Lanson ließ die beiden Motoren wieder an und gab Gas. Das schnittige Boot hob sich aus dem Wasser und schoß an der Korallenbarriere entlang. Neben ihm tanzte das Schlauchboot auf den Wellen.
»Wo haben Sie das tolle Schiff her, Pater? So etwas bezahlt doch nicht die Kirche oder Ihre Mission. Das ist das reinste Playboy-Boot! Damit könnten Sie in Miami Furore machen. Wie kommt ein Gottesmann an so ein Ding?«
»Ich brauche es, um schnell zu den Gemeindemitgliedern der umliegenden Inseln zu kommen. Geburten, Taufen, Hochzeiten, Sterbesakramente, Beerdigungen … ich bin immer unterwegs. Das Boot ist mein Privatvermögen.«
»Sie haben als Ordensmann Privatvermögen?«
»Geerbt. Ich habe dafür das Boot gekauft und es der Mission geschenkt. Zufrieden?«
»Ja – Pater, ich habe aber noch eine Frage.« Ron zögerte, doch dann sprach er entschlossen weiter: »Sie nehmen doch Trauungen vor?«
»Das ist eine meiner schönsten Priesterarbeiten.«
»Ich möchte Ihnen da ein Problem schildern.« Ron lehnte sich in dem Beifahrersessel zurück. Tama'Olu, dachte er, jetzt reden wir über dich und mich. Siehst du nun, daß du immer bei mir bist? »Zwei Menschen wollen heiraten.«
»Das ist kein Problem, das ist normal und gottgewollt.«
»Kein voreiliges Urteil, Pater. Der eine Mensch ist aus der Kirche ausgetreten, weil ihm die Kirchensteuer zu hoch war und er keine Gegenleistung der Kirche sah außer Versprechungen auf die ewige Seligkeit, die aber keiner garantieren kann …«
»Das sind bestimmt Sie«, unterbrach ihn Patrick Lanson. »Weiter.«
»Der andere Mensch ist ein Heide. Er glaubt an Regengötter, Meeresgötter, Feuergötter …«
»Das ist sie.« Patrick warf einen Seitenblick auf Ron. »Sie wollen eine Eingeborene heiraten, habe ich recht?«
»Ja.«
»Und ich soll euch trauen?«
»Das habe ich nicht gesagt.« Ron winkte ab. »So gut kenne ich Sie ja nicht. Ich weiß nur, daß Sie ein grober Klotz sind, aussehen wie ein Pirat und wahrscheinlich ungemein dickköpfig sind.«
»So ist es.«
»Ich fragte nur nach einem Rat.«
»Und ich rate Ihnen: Werden Sie wieder Christ, und Ihre Südsee-Schönheit auch.«
»Bei ihr wird es unmöglich sein, Pater.«
»Vor Gott gibt es kein Unmöglich. Um das zu beweisen, bin ich ja Missionar geworden. Ron, Sie glauben doch an Gott?«
»Ja. Aber ich habe eine andere Vorstellung von ihm als die, die man mir von der Kanzel predigt. Ich sehe Gott anders.«
»Das ist doch schon eine Menge! Hängen wir nicht so starr an Bildern! Und das Mädchen glaubt auch an Gott …«
»An Götter, Pater«, korrigierte Ron.
»Die kann man vereinen zu einem Gott. Der Glaube ist immer ein Akt der Demut des Menschen, auf den Namen kommt es erst in zweiter Linie an. Wenn Sie wollen, traue ich Sie und Ihre Insel-Schönheit.«
»Danke, Pater. Ich werde Sie rufen, wenn es soweit ist.«
»Und deswegen wollen Sie auch nach Tahiti?«
»Ja. Es ist vorher noch einiges zu regeln.«
»Und da gehen Sie Idiot mit einem Schlauchboot auf Reisen?«
»Ich hatte keine andere Möglichkeit, aus meinem Paradies wegzukommen. Ich habe mir gedacht: Einmal mußt du an der Schiffahrtsroute vorbeikommen, irgendwann fischt dich jemand auf und bringt dich an Land. Von dort kommst du weiter bis zum nächsten Flughafen. Ich habe Proviant für zwanzig Tage bei mir. In zwanzig Tagen mußte mich jemand sehen! Und so war's denn ja auch: Sie haben mich aufgefischt. Nach vier Tagen bereits. Und jetzt sage ich Ihnen etwas: Das war nicht nur simples Glück. Daran erkenne ich Gott. Ich habe mit ihm in den einsamen Tagen und Nächten gesprochen. Mit ihm und mit Tama'Olu …«
»So heißt Ihr Mädchen.«
»Ja. Und ich habe nach diesen Gesprächen Kraft bekommen. Unheimliche Kraft und Hoffnung.«
»Ron, Sie sind ein Bombenchrist! Auch ohne Kirchensteuer. Übrigens Kirchensteuer … Sie kommen aus Europa?«
»Aus Deutschland, Pater.«
»Da war ich auch. Im Mutterhaus der Steyler Mission, in Sankt Augustin bei Bonn. Zwei Jahre. Eine gute Zeit.«
Sie hatten jetzt die Durchfahrt erreicht, ließen die Korallenbarriere hinter sich und glitten in langsamer Fahrt durch die Lagune. Vor ihnen am Ufer tauchten Lichtungen auf, Häuser und eine Kirche, die sogar ein Glockentürmchen besaß. Ein paar andere Motorboote lagen an einer Art Mole, an den Strand gezogen leuchteten bunt bemalte
Weitere Kostenlose Bücher