Die Bucht der schwarzen Perlen
daß am nächsten Morgen eine Maschine der Polynesian Airlines von Tongatapu über Niué und Rarotonga nach Tahiti fliegen würde.
Ron kaufte sich eine Flugkarte, nur für den Hinflug, zeigte an der Paßkontrolle das Ticket, das ihn als Transitpassagier auswies, und durfte die Hauptstadt betreten. Man hatte keine Fragen an ihn.
Er mietete sich ein Zimmer im ›International Dateline Hotel‹, dem besten von Nuku'alofa, und griff dabei tief in seine eiserne Reserve. Er brauchte diese letzte Rettung nicht mehr … Wenn er aus Tahiti zurückkam, würde er reich sein!
Nach einem wirklich guten Essen legte er sich ins Bett, schob den Nylonbeutel mit den Perlen unter sein Kopfkissen und hoffte, daß der Nachtportier ihn nicht vergaß und ihn auch wirklich um sechs Uhr weckte. Verpaßte er das Flugzeug, mußte er drei Tage in Nuku'alofa auf die nächste Maschine warten.
Aber Ron hatte wieder Glück. Er wurde geweckt, was den internationalen Standard des Hotels bewies. Als die Boeing startete und der Ozean wie ein unendliches blaues Feld unter ihm lag, als er eine halbe Flasche Champagner bekam und sich bemühte, nicht die lockenden Blicke der Stewardeß zu erwidern, wußte er, daß es nur noch ein Schritt in sein neues, glücklicheres Leben war.
Ein Leben in einem reichen, unbekannten Paradies.
Irgendwann nickte er ein, hörte zwar das Rauschen der Motoren, aber er schlief dennoch. Ein glücklicher Mensch – der so naiv war, zu glauben, man könne schwarze Perlen von dieser Vollkommenheit und Schönheit ungefragt und vor allem gefahrlos in den Handel bringen.
Auf Tahiti erwartete ihn die Hölle – aber das ahnte er ja nicht.
7.
Wer zum erstenmal nach Tahiti kommt – sei es, daß er mit dem Schiff im Hafen von Papeete eintrifft oder auf dem modernen, großzügigen, klimatisierten Airport landet – immer wird der Besucher der Insel denken: So ähnlich sieht es auch in Südfrankreich aus!
Viele Menschen hier sind braunhäutig, Polynesier, von ungewöhnlicher Schönheit. Vor allem die jungen Frauen sind von einem Reiz, der unwiderstehlich ist. Man kann verstehen, daß der Maler Gauguin hier die Erfüllung seines Lebens zu finden glaubte.
Aber auch viele Europäer bevölkern die Straßen und Geschäfte, Franzosen meist, aus dem Mutterland eingewandert oder auf Tahiti geboren und stolz darauf, zu Frankreich zu gehören. Ganz zu schweigen von den Touristen, die jedes Jahr zu Tausenden über diese Insel der Glücklichen ausschwärmen.
Und trotz aller Schönheit kommt ein wenig Enttäuschung auf. Ist das die vielbesungene Südsee? Ist das der Zauber von blauem Meer und wiegenden Palmen, von süß duftenden Halskränzen aus Frangipaniblüten und lockenden Gesängen milchkaffeebrauner, zierlicher Mädchen mit Blumen in den schulterlangen schwarzen Haaren?
Wo sind die Palmenwälder, der geheimnisvolle Dschungel, die breiten weißen Sandstrände, die palmblätterbedeckten Hütten und die in großen Kriegskanus paddelnden federgeschmückten Männer? Wo ist diese ergreifende Schönheit, die man aus Hunderten von Filmen kennt?
Sie findet sich nicht auf Tahiti, und schon gar nicht mehr in Papeete. Diese Zeiten sind lange vorbei. Papeete ist heute eines der bedeutendsten Handelszentren des Südpazifik, ein gigantischer Umschlagplatz für alle Güter, wichtig für den Ex- und Import, eine Metropole des Geldes mit allen namhaften Banken der Welt, ein kleines Paris an Luxus und Lebensstil, erfüllt von einer atemberaubenden Menschenmenge und dem Qualm verbrannten Benzins.
Und dennoch: Wer einmal auf der Promenade gesessen hat, umgeben vom quirligen, pulsierenden Leben, wer abends auf der Terrasse eines Hotels oder Restaurants über die abendliche See und das Lichtermeer der Stadt geblickt hat, der wird Papeete nie mehr vergessen und sich immer danach zurücksehnen.
Vor allem aber ist Papeete der Umschlag- und Handelsplatz der Südsee-Perlen, die Stadt, in der man stundenlang von Juwelier zu Juwelier pilgern kann und sich die Nase plattdrückt an den Scheiben, hinter denen die einzigartigen silbergrauen und rosalüsteren Perlen schimmern. Und ab und zu auch eine geheimnisvoll glänzende schwarze Perle … fast immer ohne Preisschild. Wer eine solche Kostbarkeit kauft, fragt nicht nach dem Preis.
Gleich nach seiner Ankunft in Papeete fuhr Ron Edwards mit einem Taxi zum ›Tahiti Beach Hotel‹ und mietete ein Suite mit Blick zum Meer und über den Seepark des Hotels hinweg. Der Chefportier hinter der Rezeption musterte den
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