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Die Bucht des grünen Mondes

Die Bucht des grünen Mondes

Titel: Die Bucht des grünen Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Beto
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Eingangstür. Amely wischte die Plätzchenkrümel von ihrem Schoß, nahm Haltung an und nickte dem Diener zu, den Besuch einzulassen. Kurz darauf betrat ein dunkelhäutiger Mann die Stube. Hinter ihm kam eine Frau indianischen Aussehens, die ein kleines Mädchen auf dem Arm trug. Beide hielten die Köpfe gesenkt. Er hielt einen ausgefransten Strohhut in den übereinandergelegten Händen. Über seine geschrubbten Jutesachen hatte er eine dunkle Weste gezogen. Die Füße, die aus den ausgefransten Hosen herausschauten, steckten in selbstgefertigten Bastsandalen. Das Kleid der Frau wirkte trotz der verblassten Blütenstickerei an den Säumen wie ein Nachthemd. Sie stand auf bloßen Füßen. Dass die beiden ihr Mädchen geradezu stattlich eingekleidet hatten, mit schwarzem Hütchen und einer weißen Schürze, nahm sie für Amely ein.
    Amely erhob sich und wies auf die Teestühle. «Guten Tag, Senhor …»
    «Trapo, Senhora», kam es scharfzüngig zurück. «Der Aufseher nennt mich einen Lappen, also können Sie es auch tun.»
    Ihr Portugiesisch war inzwischen gut genug, um das zu verstehen. Und auch, dass er sie mit dieser Eröffnung beschämen wollte. «Wie Sie wünschen, Senhor Trapo», erwiderte sie steif. Sie fand die ganze Situation ohnehin entwürdigend. Breitbeinig setzte er sich an den Tisch und zog die Frau auf den Platz neben sich. Amely schenkte ihre Tassen voll und schob die Gebäckschale einladend näher. «Greifen Sie zu.»
    Sie dachten nicht daran. Das einsetzende Schweigen war jetzt schon unerträglich.
    Hart setzte sie ihre Teetasse ab, dass es klirrte. Den stumm an der Wand stehenden Leibwächtern warf sie einen entnervten Blick zu. «Ihre Anwesenheit verunsichert diese Leute. So gehen Sie doch hinaus! Oder denken Sie, man wird mich entführen? Ich werde schon läuten, wenn das passiert!»
    Die beiden Männer gehorchten, und auch der Kammerdiener entfernte sich auf ihren Wink hin und schloss hinter sich die Tür.
    Die erste Hürde war genommen. Sie war mit diesen Fremden allein. Da Silva hatte sich den ganzen Tag über, seit sie ihn der Lüge bezichtigt hatte, nicht mehr dem Haus genähert. Ab und zu sah sie ihn draußen herumlaufen und eine Zigarette nach der anderen rauchen.
    Sie trank und wedelte sich mit einem Spitzenfächer schwüle Luft zu. «Was sagen Sie zu dieser Krankheit, Senhor Trapo? Sicherlich kennen Sie sich mit Kautschuk bestens aus.»
    «Ich arbeite nur, Senhora.»
    «Und Ihre Gattin?»
    «Sie arbeitet.»
    «Darf ich fragen, wie das süße Mädchen heißt?»
    «Nuna.»
    «Es ist zauberhaft. Wie viele Kinder haben Sie?»
    «Sechs.»
    Die knappen Antworten des Cafusos wirkten verbissen. Sein Blick war düster. Die Frau starrte auf ihre Fußspitzen. Beide rührten den Tee nicht an. Als das Kind nach dem Gebäck griff, zuckte die Hand der Frau, wie um es zu verhindern, doch sie wagte es nicht.
    «Hat man Ihnen gesagt, weshalb Sie eingeladen wurden, Senhor Trapo?»
    «Ja.» Und nach einigem Zögern: «Man sagte uns, dass wir unsere guten Sachen anziehen und herkommen sollen. Und dass wir großes Glück hätten, weil Sie uns Geld schenken wollen.»
    «Man möchte aber meinen, dass eher ein Unglück über Sie gekommen ist, so wie Sie dreinschauen.»
    «Es geht uns gut, wir brauchen kein Geld von Ihnen.»
    «Schulbildung für die Kinder?»
    «Was sollen die damit? Sie müssen arbeiten.»
    Amely nippte an ihrer Tasse. Der belebende Tee tat seine Wirkung. Vielleicht sollte sie anders versuchen, das Eis zu brechen. Freundlich lächelnd wandte sie sich in der Sprache der Ava an die Frau: «Darf ich nach Ihrem Namen fragen?» Doch die Indianerin hob nur verwirrt den Kopf und sagte ein paar fremd klingende Wörter. Vielleicht stammte sie aus einem Gebiet jenseits des Amazonas.
    «Arbeiten Sie gern für Senhor Wittstock?», versuchte sie es noch einmal mit Trapo. In seiner Miene lag zum ersten Mal eine Spur von Interesse an ihr. Doch er schwieg. Zum Donnerwetter! Vielleicht sollte sie sich einen weniger sturen Kerl suchen. Begründen müsste sie das nicht – ihr hatte eben diese Familie nicht zugesagt. Und was diese Leute oder das Gesinde oder auch da Silva über solche Launenhaftigkeit dachten, konnte ihr gleichgültig sein. Sie stellte ihre Tasse ab und wollte nach der Tischglocke greifen. Da langte der Mann nach dem Kleid seiner Frau und entblößte mit einem Ruck ihre Schulter.
    «Sehen Sie, wie gerne ich es tue? Sehen Sie?»
    Amely lag die Frage auf der Zunge, woher diese feurig roten

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