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Die Bucht des grünen Mondes

Die Bucht des grünen Mondes

Titel: Die Bucht des grünen Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Beto
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Wildwestschauen an. Da siehst du dann richtige Indianer, nicht diese kleinwüchsigen Gestalten, wie es sie hierzulande gibt. Wie findest du das?»
    Seine Augen glänzten begeistert. Er meinte das alles völlig ernst.
    Er kroch über sie. Seine Knie spreizten ihre Schenkel. «Und das da», er berührte ihre Tätowierung. «Das lassen wir wegbrennen. Am besten heute noch, dann hast du es hinter dir.»
    Rasch hatte er sein Glied aus der Pyjamahose befreit. Dieses Mal würde er nicht versagen. Amely blieb die Luft weg, als er sich mit all seinem Gewicht auf sie warf. Ihr schwindelte vor Schmerz und Entsetzen. Tränenblind zerrte sie an seinem Mantel, aber das war ja, als wollte man einen Felsbrocken verrücken. Sie schlug um sich, was er nicht bemerkte, und bekam das Glas zu fassen. Ihre Nägel bohrten sich in den Korken, zogen ihn heraus. Mit der Öffnung nach unten schlug sie es auf seinen Nacken.

5. Kapitel
    Fühlte sich Sterben so an? Nein, schöner sicherlich. Ein Schuss, es war vorbei – so hatte sie es sich gedacht, damals am Igarapé. Jetzt aber starb sie unendlich lange, innerlich verbrennend. Ruben stand über ihr und sah ihr dabei zu. Er hatte die Stirn gerunzelt.
Ich bin schon öfter von einer solchen Ameise gestochen worden; so schlimm war es nie,
sagte er. Ganz deutlich sah sie, wie sich seine Lippen bewegten.
Aber was lässt du dich auch gleich von dreien ins Gesicht stechen? Und die vierte? Wo ist die?
    Die hatte sie ganz deutlich an Kilians Hand gesehen. Er hatte hinter sich gegriffen, als sie das Glas über seinen Nacken ausgeschlagen hatte, und die Ameisen mit lautem Gebrüll über die Schultern nach vorne gewischt. Dann war er aufgesprungen und hatte das Haus zusammengebrüllt. Ja, das wusste sie noch. Gerenne, Türenklappen, entsetzte Rufe, fassungslose Gesichter … Wie lange lag das zurück? Tage, Jahre, schien es ihr. Sie wusste nur, dass sie noch im Bett lag. Die Stiche hatten sich angefühlt, als triebe man glühende Nadeln riesenhafter Größe tief in ihren Leib. Sie meinte, die Nadeln säßen noch fest. Vergebens versuchte sie eine Hand zu heben, um ihr Gesicht zu betasten. Es war voller Hitze. Schweiß lief ihr aus allen Poren. Jeder Atemzug war, wie gegen eine Hülle aus erhitztem Metall zu kämpfen. Und allein der Gedanke, sich zu erheben, zu flüchten aus diesem Bett, ließ sie Galle hochwürgen.
    Wie durch einen schillernden Schleier sah sie Kilian im Zimmer herumlaufen. Er merkte nicht, dass Ruben am Bett stand. Ruben in all seiner Federpracht. Ruben, dessen Körper in Mondlicht getaucht war, der grüne Mond der Bucht. Amely konnte das Wasser plätschern hören, den Wind durchs Geäst der Kapokbäume streifen. Sogar wie die hellgelben Blüten herabfielen, konnte sie hören. Bewegte sich da nicht der Stachelrochen, und die Leiber der Piranhas, ließen sie nicht die Wasseroberfläche brodeln? Nur Kilian sah all das nicht; er schrie in einem fort und gestikulierte. Amely wollte die Hand nach Ruben ausstrecken. Es gelang ihr nicht. Wenn er ihr doch nur irgendein Gegenmittel gab, das die Schmerzen linderte. Vielleicht genügte es auch, mit ihr durchs Wasser zu schwimmen.
    Hinter ihm entdeckte sie Felipe. War er wirklich da, oder war es auch nur ein Traum? Sein Blick suchte sie, und sie drehte den Kopf zur Seite. Wäre ihr Gesicht nicht ohnehin erhitzt, würde es vor Scham nun glühen. Noch viel mehr jedoch schämte sie sich für ihren einstigen Gedanken, mit ihm fortzugehen. Als ob dieser Mann es jemals gewagt hätte, sie Kilian Wittstock wegzunehmen. Ein Kettenhund war er. Nicht mehr. Er hatte ihre Tätowierung erschnüffelt und sie sogleich verbellt. Amely wollte schreien vor Wut, mit diesem Mann geschlafen zu haben. Doch sie hörte sich nicht. Er hörte sie nicht; er starrte sie nur an. Wie üblich kramte er in seiner Hemdtasche nach seinen Zigaretten. Maria kam und schimpfte ihn aus, die Kranke brauche frische Luft. Auch Bärbel stand in der Tür und heulte in ihre Schürze. Herr Oliveira strich sich nervös über das gepflegte Oberlippenbärtchen. Und ihr Herr Vater war eigens aus dem Deutschen Reich herübergekommen, um sie sich anzusehen. Er wirkte überrascht von ihrem Leiden.
Du hast in deinen Briefen nie gefragt, wie es mir geht
, warf sie ihm stumm vor.
Ich wusste doch das alles nicht
, verteidigte er sich.
Kind, Amely-Kind, es tut mir so leid
.
    Ach, wenn sie doch alle nur verschwinden würden. Und nur Ruben bliebe.
    Er betrachtete sie. Streckte die Hand nach ihr aus und

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