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Die Bucht des grünen Mondes

Die Bucht des grünen Mondes

Titel: Die Bucht des grünen Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Beto
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Kerzen brennen lassen? Tatsächlich, er trat ans Bett. Hob den Moskitovorhang. Knarrend senkte sich die Matratze, als er sich ins Bett wuchtete.
    Unter der Decke wälzte er sich ihr entgegen. «Hast du Angst?»
    Sie schluckte und nickte. Er strich ihr übers Haar mit einer Verlegenheit, die so gar nicht an seine gierige Berührung am Morgen erinnerte. «Es ist leider nicht so schön für eine Frau beim ersten Mal. Aber ich mach’s ganz schnell, Liebes. Komm, zieh dein Nachthemd hoch.»
    Sie tat es. Dann war er auch schon über ihr – ein riesiger, nach Schweiß und Gin riechender Berg, der das Zimmer verdunkelte.
    Einen Augenblick später schrie sie voller Qual auf.

6. Kapitel
    «Schau mal, Amely, Liebes, den Aal in Gelee habe ich aus Berlin kommen lassen. Dein Vater hat mir verraten, dass du das so gern magst. Und die Pfannkuchen, die sind nach Berliner Rezept gemacht. Ich hoffe, Maria hat sie auch richtig hinbekommen. Allerdings sind sie nicht mit Erdbeermarmelade gefüllt, sondern mit Maracuja, oder, Maria? Koste doch, Liebes.»
    Kilian redete, als habe er ein schlechtes Gewissen. Vielleicht war er tatsächlich unsicher. Unschlüssig befingerte Amely ihr Besteck. Am liebsten hätte sie sich gar nicht bewegt. Bis er irgendwann vergaß, dass sie hier war.
    Die Schwarze Maria und Consuela tischten ihr auf dem Schlafzimmerbalkon auf, als erwarte man noch ein halbes Dutzend weitere Gäste. Salate aus Fleisch, das Amely nicht kannte. Früchte, Nüsse, Brötchen, die aussahen, als seien sie nicht aus Weizenmehl. Für Kilian gab es eine riesige Schüssel Feijoada. Vor ihm lag die Tageszeitung. Es bereitete ihm sichtlich Mühe, sich das Lesen in Gegenwart seiner Gattin zu verkneifen. Er konnte ja nicht wissen, dass sie froh um eine Mauer aus Papier zwischen ihnen wäre.
    Ein Wort einer der Schlagzeilen auf dem Titelblatt stach Amely ins Auge: escravidão. Sklaverei.
    Maria schenkte ihr ein braunes Getränk ein. «Forastero, Kakao von Amazonas. Macht frisch Gesicht!»
    Amely rang sich ein Lächeln ab. Leider verschwand die Negerin wieder in Richtung Küche, um Nachschub zu holen, und Consuela, die sich anschickte, ihnen mit einem mannshohen Federfächer Kühlung zu verschaffen und aufdringliche Insekten zu vertreiben, als säßen sie am Hofe eines Pharao, gab nichts zur Ablenkung her.
    «Wie hast du geschlafen?», fragte Kilian.
    «Gut, danke.»
    Er begann das Bohnengericht in sich hineinzuschaufeln. Gebannt beobachtete Amely, wie sich seine Lippen und Zunge bewegten. Dieselben Lippen, die in der Nacht über ihr Gesicht gefahren waren. Dieselbe Zunge, die ihren Mund ausgefüllt hatte, dass sie sich beinahe erbrochen hätte.
    «Iss doch etwas.»
    «Ich – ich bin noch satt von gestern. Es war so reichlich.»
    Sie blickte über die Balkonbrüstung. Von den Ställen her kam da Silva auf einem Blauschimmel geritten. Am Springbrunnen vorbei hielt er aufs Tor zu. Er sah nicht hoch. Irgendwo hier auf dem Anwesen hatte er wie einige der anderen Gäste übernachtet. Wo er wohl sonst wohnte? Und mit wem?
    «Kilian, darf ich dich etwas fragen?»
    «Natürlich, Liebes.»
    «Wegen der Sklaven … Ich habe das gestern nicht richtig verstanden. Weshalb alles so ist, wie es ist.»
    «Die Sklaven?»
    «Ja, die und die Kautschuksammler.»
    «Amely-Liebes.» Er griff nach der Zeitung und ließ sie wieder sinken. «Beschäftige dich doch nicht mit solchen Sachen. Haben dir die Diamanten auf Frau Ferreiras Zähnen gefallen?»
    Bitte, nein, diese Frage wollte sie nicht beantworten müssen. «Ist es denn wirklich nötig, dass die Seringueros unter so schlimmen Bedingungen arbeiten?»
    «Wer hat behauptet, das sei so?»
    Ihr geöffneter Mund rang um eine Erklärung. «Das – das habe ich nur irgendwo aufgeschnappt.»
    «Die Arbeit der Kautschuksammler
ist
hart. Aber das trifft auch auf die Arbeiter in der Fabrik deines Vaters zu. Oder wo auch immer. Es liegt an jedem selbst, mit Fleiß und Disziplin sein Leben zu verbessern.»
    «Aber diese Leute haben es viel schlimmer.»
    «Ach Gott. Maria?» Die Negerin wogte herbei. «Was sagst du dazu?», fragte er sie.
    Maria wandte sich Amely zu, die Hände vor dem gewaltigen Bauch verschränkt. «Da, wo ich her bin, Afrika,
da
ganz schlimm. Kongo auch Kautschukwälder, als einzige Land neben Brasilien. Belgier nehme Frauen, Männer müsse sammeln, wenn nicht genug, Frauen tot. Ist nie genug aber. Alle sterben. Nicht trinke Forastero, Sinhá?» Sie nahm die Tasse an sich. «Kalt jetzt, ah, hole

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