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Die Bücher und das Paradies

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Titel: Die Bücher und das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Neuorientierung in
    dieser Zeit, 1993, A. d. Ü.].
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    Wie und zu welchem Zweck ist der Brief des Priesters
    Johannes entstanden? Vielleicht war er ein Dokument
    antibyzantinischer Propaganda aus der Kanzlei von
    Friedrich Barbarossa, aber das Problem ist nicht so sehr
    die Frage seines Ursprungs (die Epoche wimmelte von
    Fälschungen aller Art8, sie waren eine hochgeschätzte
    literarische Gattung), sondern seine Rezeption. An der
    geographischen Phantasterei hat sich ein politisches
    Projekt gestärkt. Mit anderen Worten, das von irgend-
    einem auf Fälschungen versessenen Kanzleischreiber
    erfundene Phantom hat als Alibi für die Expansion der
    christlichen Welt nach Asien und Afrika gedient, als
    freundliche Unterstützung der Bürde des weißen Mannes.
    Eine andere Erfindung, die reich an Folgen für die
    Geschichte war, ist die der Rosenkreuzer gewesen. Viele
    haben das Klima außerordentlicher spiritueller Erneuerung
    geschildert, das sich zu Beginn des 17.
    Jahrhunderts
    bildete, als die Vorstellung vom Beginn eines Goldenen
    Zeitalters um sich griff. Dieses Klima einer hoch-
    gespannten Erwartung durchdrang in verschiedenen
    Formen (in einem Wechselspiel von gegenseitiger
    Beeinflussung) sowohl die katholische als auch die
    protestantische Welt: Projekte idealer Republiken wurden
    entwickelt, von Tommaso Campanellas Sonnenstaat bis zu
    Johann Valentin Andreaes Christianopel, es gab Bestre-
    bungen nach einer universalen oder Welt-Monarchie, nach
    einer allgemeinen Erneuerung der Sitten und des
    religiösen Empfindens, gerade während Europa vor und in
    der Zeit des Dreißigjährigen Krieges unter nationalen

    8 Vgl. das Kapitel »Nachahmungen und Fälschungen« in meinem
    Buch Die Grenzen der Interpretation , dt. von Günter Memmert, Hanser 1992, S. 217 – 255.
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    Konflikten, religiösem Haß und brutaler Durchsetzung der
    Staatsräson litt.
    1614 erschien in Deutschland ein anonymes Manifest
    mit dem Titel Fama Fraternitatis , in dem die mysteriöse Bruderschaft der Rosenkreuzer ihre Existenz enthüllte und
    Informationen über ihre Geschichte sowie ihren
    mythischen Gründer gab, einen gewissen Christian
    Rosenkreutz, der im 15. Jahrhundert gelebt und im Orient
    geheime Offenbarungen von arabischen und jüdischen
    Weisen bekommen haben sollte. Ein Jahr später erschien,
    zusammen mit der auf deutsch geschriebenen Fama , ein
    zweites Manifest in lateinischer Sprache, betitelt
    Confessio fraternitatis Roseae Crucis, ad eruditos
    Europae . Im ersten Manifest wird der Wunsch aus-
    gedrückt, daß auch in Europa eine Geheimgesellschaft ent-
    stehen möge, die Gold, Silber und Edelsteine im Überfluß
    besitzt und an die Könige verteilt, auf daß diese ihren
    Pflichten und legitimen Zielen nachkommen können: eine
    Gesellschaft, die den Herrschenden mit Ratschlägen zur
    Seite steht und sie lehrt, all das zu erlernen, was Gott den
    Menschen zu erkennen erlaubt hat.
    Zwischen alchimistischen Metaphern und mehr oder
    weniger messianischen Anrufungen beharren beide Mani-
    feste auf dem geheimen Charakter der Bruderschaft und
    auf dem Umstand, daß ihre Mitglieder nichts über sich und
    ihr Wesen verraten dürfen (»Unser Gebäude, mögen auch
    hunderttausend Menschen es aus der Nähe gesehen haben,
    wird auf ewig unberührbar, unzerstörbar und der ruchlosen
    Welt verborgen bleiben«). Um so doppeldeutiger klingt
    daher der Aufruf am Ende der Fama an alle Gelehrten
    Europas, sich mit den Verteilern des Manifests in
    Verbindung zu setzen: »Obwohl weder wir noch unsere
    Versammlung bisher unsere Namen genannt haben,
    werden wir ohne weiteres die Meinung aller erfahren, in
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    welcher Sprache sie auch ausgedrückt werde, und es soll
    keinem, der seinen Namen wird angeben, daraus ein
    Nachteil erwachsen, wenn er sich mit unsereinem
    entweder mündlich oder, falls ihm dies je bedenklich
    erscheinet, schriftlich austauscht.«
    Fast augenblicklich begann man überall in Europa an die
    Rosenkreuzer zu schreiben. Niemand behauptete sie zu
    kennen, niemand bekannte, selbst einer zu sein, aber alle
    versuchten irgendwie zu verstehen zu geben, daß sie sich
    in absolutem Einklang mit dem Programm befänden. An
    die unauffindbaren Rosenkreuzer wandten sich Julius
    Sperber, Robert Fludd und Michael Maier, der Leibarzt
    Kaiser Rudolfs II., der in Themis aurea (1618) versichert, die Bruderschaft existiere wirklich, auch wenn er eine zu
    geringfügige Person sei, um jemals in sie aufgenommen
    zu werden. Doch wie Frances

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