Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind
Herr gestorben war, hatte er sich Thomas und Geneviève angeschlossen, und die anderen coredors folgten ihm. Oben auf der Hügelkuppe blieb Thomas stehen und musterte sein neues Gefolge: ein Dutzend abgemagerte, zerlumpte und erschöpfte Männer, ein paar ebenso verwahrloste Frauen und deren schmutzige, weinende Kinder. «Ihr könnt mit mir kommen», sagte er zu ihnen, «aber in Castillon d’Arbizon werdet ihr Soldaten. Richtige Soldaten! Ihr müsst kämpfen, nicht im Wald herumschleichen und davonlaufen, wenn es ungemütlich wird. Wenn wir es bis in die Burg schaffen, müsst ihr mithelfen, sie zu verteidigen. Wem das nicht passt, der soll gehen. Und zwar gleich.» Er beobachtete sie, während Philin seine Worte übersetzte. Viele schauten betreten drein, aber niemand wandte sich zum Gehen. Sie waren entweder mutig, dachte Thomas, oder so verzweifelt, dass ihnen nichts anderes einfiel, als ihm zu folgen.
Er marschierte wieder los, hinunter ins nächste Tal. Geneviève, der das Haar klatschnass am Kopf klebte, ging neben ihm. «Wie kommen wir in die Burg?», fragte sie.
«Genau so, wie wir rausgekommen sind. Über das Wehr und durch die Pforte in der Mauer.»
«Werden sie die nicht bewachen?»
Thomas schüttelte den Kopf. «Zu nah an der Brustwehr. Wenn sie dort Soldaten postieren, schießen die Bogenschützen sie ab. Einen nach dem anderen.» Was nicht hieß, dass die Belagerer nicht die Mühle eingenommen hatten, aber darüber würde er sich Gedanken machen, wenn sie in Castillon d’Arbizon angekommen waren.
«Und was machen wir, wenn wir drinnen sind?»
«Das weiß ich nicht», sagte Thomas ehrlich.
Sie berührte seine Hand, wie um zu zeigen, dass sie ihn nicht kritisieren wollte, sondern lediglich neugierig war. «Du kommst mir vor wie ein gehetzter Wolf, der in seinen Bau zurückflieht.»
«Stimmt.»
«Und die Jäger wissen, dass sie dich dort finden. Sie werden dir eine Falle stellen.»
«Stimmt auch.»
«Warum dann?», fragte sie.
Er schwieg eine Weile, dann beschloss er, ihr die Wahrheit zu sagen. «Weil ich erschöpft bin, weil sie Planchard getötet haben, weil ich nichts mehr zu verlieren habe und weil ich, wenn ich mit dem Bogen dort oben auf der Brustwehr stehe, ein paar von ihnen töten kann. Ich werde Joscelyn töten und meinen Vetter auch.» Er strich über seinen Bogen, der nicht geschnürt war, um die Sehne vor dem Regen zu schützen. «Ich bin ein Bogenschütze, ein verdammt guter sogar, und ich bin lieber das als ein Flüchtling.»
«Und Robbie? Willst du ihn auch töten?»
«Vielleicht», sagte Thomas ausweichend.
«Der Wolf will also die Bluthunde töten? Und dann selbst sterben?»
«Gut möglich. Aber ich kann meine Freunde nicht im Stich lassen.» Das war ihm wichtig. Die Männer, die er in die Gascogne geführt hatte, standen unter Belagerung, und wenn sie ihn wieder aufnahmen, würde er bis zum Ende bei ihnen bleiben. «Aber du musst nicht mitkommen», fügte er hinzu.
«Du verdammter Narr», fuhr sie ihn wütend an. «Als ich sterben sollte, hast du dich auf meine Seite gestellt. Glaubst du, ich verlasse dich jetzt? Und vergiss nicht, was ich unter den Blitzen gesehen habe, was mir der Donner erzählt hat.»
Finsternis und darin ein helles Licht. Thomas lächelte grimmig. «Glaubst du, wir werden siegen?», fragte er. «Vielleicht. Aber immerhin weiß ich jetzt, dass ich auf Gottes Seite stehe, ganz gleich, was die Kirche denkt. Meine Feinde haben Abbé Planchard getötet, und das bedeutet, dass sie vom Teufel geleitet werden.»
Der Wald wurde lichter, vor ihnen breiteten sich die ersten Weinberge aus, und Thomas blieb stehen, um die Gegend abzusuchen. Die coredors folgten schleppend und ließen sich müde auf den nassen Waldboden fallen. Sieben von ihnen hatten Armbrüste, der Rest verschiedene andere Waffen oder auch gar keine. Eine Frau mit rotem Haar und Stupsnase trug ein Falchion, ein Schwert mit breiter, geschwungener Klinge, und sie sah aus, als wüsste sie damit umzugehen.
«Warum halten wir an?», fragte Philin, obgleich er dankbar für die Pause war, denn Galdric lastete schwer auf seinen Schultern.
«Um nach den Jägern Ausschau zu halten», sagte Thomas und musterte sorgfältig die Weinberge, Wiesen und Gehölze. Zwischen zwei Weiden glitzerte ein Fluss. Weit und breit war niemand zu sehen. Auch keine Leibeigenen, die Gräben aushoben oder Schweine zu den Kastanien trieben, und das war merkwürdig. Warum blieben Leibeigene im Haus? Dafür gab es nur einen
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