Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
Frauen erbeutet. Und im Gegenzug hatten sie nur einen Mann verloren. Sie zogen ihm den Pfeil aus der Kehle, legten den Toten auf sein Pferd und machten sich, die Gefangenen mit Stoffstreifen aneinandergefesselt, auf den Rückweg nach Norden.
    Wieder war Thomas auf der Flucht. Er besaß noch sein Kettenhemd, den Bogen und ein Bündel Pfeile sowie die kleine Holzkiste, aber alles andere war verloren. Und er lief durch die Dunkelheit.
    Ins Nichts.

    Scheitern war hart, und Guy Vexille wusste, er war gescheitert. Er hatte Reiter in den Wald geschickt, um die Entflohenen hinaus ins offene Gelände zu treiben, und stattdessen hatten sie sich auf ein blutiges, ungleiches Gefecht mit einem Haufen coredors eingelassen, bei dem einer seiner Männer getötet worden war. Der Leichnam war nach Astarac gebracht worden, wo Vexille ihn früh am nächsten Morgen beerdigte. Es regnete. Der Regen hatte um Mitternacht begonnen und fiel mit so unnachgiebiger Stetigkeit, dass das Grab, das zwischen den Olivenbäumen ausgehoben worden war, unter Wasser stand. Die gefangenen coredors waren noch am Abend geköpft worden, und ihre Leichname lagen achtlos hingeworfen am Rand des Olivenhains, doch Vexille war entschlossen, seinem eigenen Soldaten ein Grab zu geben. Der Tote, der nur noch mit seinem Hemd bekleidet war, wurde in die flache Grube gelegt. Sein Kopf platschte in das Regenwasser, und die blutverkrustete Wunde leuchtete auf der bleichen Haut seines Halses. «Warum hat er nicht seine Halsberge getragen?», fragte Vexille einen der Männer, die bei dem Angriff auf die coredors dabei gewesen waren. Er erinnerte sich, dass der Tote besonders stolz auf seinen geschmiedeten Halsschutz gewesen war, den er bei irgendeiner Schlacht erbeutet hatte.
    «Hat er ja.»
    «Also ein geschickter Schwertstoß?» Vexille war neugierig. Wissen war immer nützlich, und ganz besonders wenn es darum ging, wie man im Durcheinander einer Schlacht am Leben blieb.
    «Es war kein Schwert», antwortete der Mann, «sondern ein Pfeil.»
    «Du meinst, ein Armbrustbolzen?»
    «Nein. Ein langer Pfeil. Ging glatt durch den ganzen Hals. Muss ihn genau waagerecht getroffen haben.» Der Mann bekreuzigte sich, auf dass ihn nicht dasselbe Schicksal ereilte. «Der Schütze ist entkommen», fuhr er fort. «Ist im Wald verschwunden.»
    Da begriff Vexille, dass Thomas unter den coredors gewesen sein musste. Zwar hätte auch einer der Räuber einen Jagdbogen benutzt haben können, aber das erschien ihm unwahrscheinlich. Er fragte, wo der Pfeil sei, doch seine Männer hatten ihn weggeworfen, und so ritt Vexille mit ihnen durch den trüben Morgen hinauf zur Hügelkuppe und dann durch den Wald zu der Lichtung. Dort angekommen, ließ er den Blick über die Toten gleiten, und bald fand er, wonach er gesucht hatte. Aus der Augenhöhle eines gedrungenen, bärtigen Mannes ragte ein Pfeil. Vexille stieg vom Pferd, um ihn sich genauer anzusehen. Es war ein langer Eschenschaft mit weißen Gänsefedern. Vexille zog ihn aus dem Schädel des Toten. Die Spitze war lang und nadelförmig, wie die Engländer sie benutzten. Dann musterte er die Federn, die mit Zwirn und einem grünlichen Kleber am Schaft befestigt waren. «Wusstet ihr», sagte er zu seinen Männern, «dass die Engländer immer nur Federn von einem Flügel der Gans nehmen? Ob es der rechte oder der linke ist, kümmert sie nicht, aber sie vermischen niemals die Federn beider Flügel in einem Pfeil.» Unvermittelt packte ihn der Zorn, und er brach den Schaft entzwei. Verflucht! Es war ein englischer Pfeil, und das bedeutete, dass Thomas hier gewesen war, ganz nah, und nun war er entwischt. Aber wohin?
    Einer seiner Männer schlug vor, nach Westen zu reiten und das benachbarte Tal zu durchkämmen, doch Vexille herrschte ihn wütend an. «Für wie dumm hältst du ihn? Er ist längst weit fort von hier.» Oder war er vielleicht nur wenige Schritte entfernt, zwischen den Bäumen oder oben auf dem Felsvorsprung, und beobachtete sie? Vexille starrte in den Wald und versuchte, sich in Thomas hineinzuversetzen. Würde er jetzt nach England fliehen? Aber weshalb war er überhaupt hierhergekommen? Thomas war exkommuniziert worden, seine Gefährten hatten ihn rausgeworfen, und er hockte ganz allein in einem fremden Land, doch statt nach England zurückzukehren, war er nach Astarac gekommen. Nun war von Astarac nichts mehr übrig, wohin also würde Thomas sich wenden? Vexille überprüfte die Höhlen, aber sie waren leer. Thomas war

Weitere Kostenlose Bücher