Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind
Treppe hinunter, und Geneviève sah Thomas bedrückt an. «Es tut mir leid.»
«Dass du den Mönch getötet hast? Der Kerl soll in der Hölle schmoren.»
«Ich fürchte, das werden wir auch bald, jedenfalls wenn es nach denen da unten geht.» Die beiden gingen zur anderen Seite der Brustwehr, die auf die Hauptstraße von Castillon d’Arbizon, das Westtor und die Brücke über den Fluss hinausging. Die bewaffneten Reiter warteten draußen vor der Stadt, während die Geistlichen absaßen und die Straße zur Burg hinaufgingen. Die meisten der Kirchenmänner waren schwarz gekleidet, doch einer trug ein weißes Gewand, eine Mitra und einen goldenen Krummstab. Ein leibhaftiger Bischof. Er war korpulent, und unter dem goldenen Rand der Mitra hing langes weißes Haar. Ohne die Stadtbewohner zu beachten, die am Straßenrand knieten, wandte er sich hinauf zur Burg. «Thomas!», rief er. «Thomas!»
«Was wirst du tun?», fragte Geneviève.
«Ihn anhören», erwiderte Thomas.
Er ging mit ihr zu dem schmaleren Wehrgang über dem Tor, auf dem sich bereits die Bogenschützen und Soldaten drängten. Auch Robbie war dort, und als er Thomas erblickte, zeigte er mit dem Finger auf ihn und rief dem Bischof zu: «Das da ist Thomas!»
Der Bischof schlug seinen Stab auf den Boden. «Im Namen Gottes, des allmächtigen Vaters», donnerte er, «und im Namen des Sohnes und des Heiligen Geistes und im Namen aller Heiligen und im Namen unseres Heiligen Vaters Clemens und kraft der Macht, die uns verliehen wurde, zu lösen und zu binden, im Himmel wie auf Erden, rufe ich dich auf, Thomas, meine Worte zu hören!»
Der Bischof hatte eine kraftvolle Stimme, und außer dem Wind und dem leisen Gemurmel, mit dem ein paar von Thomas’ Männern für die anderen übersetzten, war kein Geräusch zu hören. Thomas hatte angenommen, der Bischof würde auf Lateinisch mit ihm sprechen, damit nur er die Worte verstand, doch offensichtlich wollte der Bischof, dass alle mitbekamen, was gesagt wurde.
«Uns ist bekannt», fuhr der Bischof fort, und seine Stimme hallte von der Burgmauer wider, «dass du, Thomas, einst getauft im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, dich gegen die Gemeinschaft der Christen versündigt hast, indem du einer zum Scheiterhaufen verurteilten Ketzerin und Mörderin Zuflucht gewährst. Daher schließen wir dich, Thomas, und all deine Gefährten und Anhänger vom heiligen Sakrament des Abendmahls aus.» Erneut schlug er seinen Stab auf den Boden, und einer der Geistlichen ließ eine kleine Glocke erklingen. «Wir verbannen dich aus der Gemeinschaft aller Christen und verwehren dir den Zutritt zu sämtlichen geweihten Orten.» Wieder schlug der Stab auf das Pflaster, und die Glocke erklang. «Wir verstoßen dich aus dem Schoß unserer heiligen Mutter Kirche, im Himmel wie auf Erden.» Erneuter Glockenklang. «Wir erklären dich, Thomas, für exkommuniziert, und durch unseren Urteilsspruch bist du verdammt, mit Satan und seinen Dämonen und allen Sündern im ewigen Feuer der Hölle zu schmoren. Wir verkünden hiermit, dass du als verflucht giltst für deine Taten, und fordern alle, die unserem Herrn Jesus Christus in treuer Liebe ergeben sind, auf, dich deiner gerechten Strafe zuzuführen.» Er schlug seinen Stab ein letztes Mal auf den Boden, warf Thomas einen verächtlichen Blick zu und wandte sich zum Gehen, gefolgt von den übrigen Geistlichen und ihrer Flagge.
Thomas fühlte sich wie erstarrt. Kalt und erstarrt. Leer. Als hätten die Fundamente der Erde sich aufgelöst und nur ein schmerzliches Nichts über den flammenden Toren der Hölle hinterlassen. Alle Gewissheiten des Lebens, alle Hoffnung auf Erlösung und Ewigkeit waren verschwunden, fortgeweht wie die verdorrten Blätter in den Rinnsteinen der Stadt. Nun war er wirklich ein hellequin , ein Ausgestoßener, verbannt aus der Gnade und Liebe Gottes.
«Ihr habt die Worte des Bischofs gehört!», rief Robbie von der Brustwehr in das Schweigen hinein. «Wir müssen Thomas einsperren, sonst sind wir ebenso verflucht wie er.» Er packte seinen Schwertgriff und hätte die Waffe gezogen, wäre d’Evecque nicht dazwischengetreten.
«Genug!», brüllte der Normanne. «Genug! Ich bin zweiter Kommandant dieser Garnison. Oder stellt irgendjemand das in Frage?» Die Bogenschützen und Soldaten waren von Thomas und Geneviève zurückgewichen, aber keiner unterstützte Robbies Ansinnen. D’Evecques vernarbtes Gesicht war grimmig wie der Tod. «Die Wachen zurück
Weitere Kostenlose Bücher