Die Bücher von Umber, Band 3: Das Ende der Zeit

ein Lufthauch, kaum noch hörbar. »Es … war die einzige Möglichkeit …«
    In Hap flammte eine riesige Wut auf. »Du bist ein Ungeheuer. Du hast ihn ermordet, um mich zu erschaffen!«, rief er. »Wie viele sind noch durch dich gestorben?«
    Â»Hap«, mischte sich Umber beschwichtigend ein.
    Â»Lord Umber, nicht nur Julian und seine Eltern sind gestorben. Was ist mit all den Menschen in Ihrer Welt? Was ist mit denen, Willy? Wie viele sind durch dich gestorben? «
    Â»Hap, er kann dich nicht hören. Er ist wieder bewusstlos. Er muss sich ausruhen.«
    Hap sog an seiner Unterlippe. Willy Nillys Kopf war zur Seite gerollt, sein Mund stand offen. »Ich wette, er täuscht das nur vor. Ich hasse ihn!«
    Â»Lass ihn schlafen. Wir reden später weiter. Wir müssen noch mehr erfahren.«
    Es klopfte an der Tür. Hap öffnete und sah in Laurels strenges Gesicht. »Ich habe Geschrei gehört«, sagte sie. »Der Patient darf sich nicht aufregen.«
    Â»Sie können ihn haben«, sagte Hap. Unter den vorwurfsvollen Blicken der Ärztin schob er sich an ihr vorbei aus dem Zimmer.

19
    H ap hielt es nicht aus, in Willy Nillys Nähe zu bleiben, nicht einmal im selben Stockwerk. Der Geruch von Krankheit in seiner Nase trieb ihn auf die Terrasse. Er sehnte sich nach reinigender Seeluft. Der Rand der Sonne war gerade eben über dem Horizont erschienen. Hap warf einen Blick auf den Dornenbaum und seinen Lippen entschlüpfte ein Aufschrei.
    Der Baum starb. Nicht dass es Hap etwas ausmachte. Das hässliche Ding hatte ihn beunruhigt, seit es gekeimt war, und er war erleichtert, seine braunen, eingeschrumpelten Blätter und Wurzeln rissig und trocken auf dem Boden liegen zu sehen.
    Er ging mit kurzen, vorsichtigen Schritten darauf zu und beobachtete die elf Früchte, die von den erschlafften Ästen hingen. Seit er sie zuletzt gesehen hatte, waren sie dreimal so groß geworden, als sei alles Leben aus dem Baum in diese abstoßenden geschwollenen Dinger geflossen. Die gesprenkelte Haut der Früchte war straff gespannt. Während Hap sie angewidert betrachtete, zuckte und krümmte sich die Frucht, die ihm am nächsten war. Innen drin war etwas Lebendiges, das gegen die Haut drückte.
    Umbers Stimme erklang hinter ihm. »Donnerwetter!«
    Â»Die hier bewegt sich!«, rief Hap und zeigte mit dem Finger auf die Frucht.
    Â»Sie fangen alle an, sich zu bewegen«, gab Umber zurück und trat an Haps Seite. »Vielleicht sollten wir die anderen holen.«
    Noch ehe Hap ihm beipflichten konnte, platzte eine Frucht am unteren Ende auf. Eine milchige, honigartige Flüssigkeit trat aus. Der Riss öffnete sich, und mit einem nassen Plopp ! landete etwas Schweres und Festes auf dem Boden.
    Â»Was meinst du, was das …« Umber ging in die Hocke und sah sich das grüne, tropfende Etwas auf dem Steinboden an. Es war zu einer ovalen Form zusammengepresst, aus der sich jetzt einzelne Teile zu lösen begannen. Ein dünnes Glied zuckte und streckte sich – und entpuppte sich als ein Arm mit einem knochigen Ellenbogen.
    Umbers Finger gruben sich in seine Wangen ein und er starrte das Ding an.
    Â»Es ist … ein kleines Männlein«, stellte Hap fest. Die Beine, die fest gegen die Brust gefaltet waren, zitterten und streckten sich. Sie sahen dünn und schwach aus, während der Körper grotesk angeschwollen wirkte. Die Kreatur lag auf der Seite, so dass ihr eingezogener Kopf für Hap und Umber nicht zu sehen war.
    Â»Schau nur!«, rief Umber. Er zeigte auf den dicken Körper, der zu zucken begonnen hatte. »Es pumpt Flüssigkeit in seine Gliedmaßen und macht sie dadurch stärker! Wie ein Schmetterling es mit seinen Flügeln macht.« Hap konnte sehen, dass der Bauch schrumpfte, während die Arme und Beine dicker wurden und Muskeln Gestalt annahmen. Außerdem bildeten sich Dornen, die aus allen Teilen des Körpers ragten und in nadelfeinen Spitzen zuliefen. Während sich das Ding umformte, vernahm Hap wässrige, schmatzende und prustende Geräusche aus dessen Innerem.
    Eine zweite Frucht platzte auf und spuckte ebenfalls eine zusammengerollte Gestalt auf die Terrasse. Dann eine dritte und schließlich die restlichen alle auf einmal.
    Â»Lord Umber, was sind das für Dinger?«, wollte Hap wissen.
    Â»Dornies.«
    Â»Sie haben schon von ihnen gehört?«
    Â»Nein, aber wir