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Die Buecherfluesterin

Die Buecherfluesterin

Titel: Die Buecherfluesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anjali Banerjee
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Freudentränen oder dem Selbstmitleid geschuldet sind. » Glückwunsch, Gita. Das ist eine wundervolle Nachricht.«
    Gita und Ma wechseln wieder Blicke.
    » Danke«, antwortet Gita.
    Ich tupfe mir den Mund mit der Serviette ab. » Und wann findet diese… Hochzeit statt?«
    » Am 20. April«, erwidert Gita. » Laut Aussage des Astrologen von Dilips Familie ein Datum, das Glück bringt.«
    Ich traue meinen Ohren nicht. » Er hat einen Astrologen?«
    Ma sieht mich finster an. » Auch wenn wir nicht an diese Dinge glauben, achten wir doch die Traditionen.«
    Damit meint sie, dass ich durch meine Ziviltrauung mit Robert im westlichen Stil die Traditionen mit Füßen getreten habe. Und jetzt habe ich den Salat.
    Ohne auf Mas säuerliche Miene zu achten, wende ich mich an Gita. » Was hast du nach deiner Hochzeit vor? Wirst du weiter die Boutique betreiben?«
    » Natürlich! Bei dieser Wirtschaftslage stürmen die Leute die Second-Hand-Abteilungen.«
    Dad lässt seine Gabel wirbeln. » Wir werden mal sehen, wie lange das dauert. Und, Jasmine, wie lange wirst du bleiben?«
    » Bis die Tante aus Indien zurück ist.«
    » Warum nicht länger?«, erkundigt er sich freundlich.
    » Sobald die Tante wiederkommt, muss ich im Büro eine Präsentation abliefern.«
    » Heutzutage ist es vermutlich nicht leicht mitzuhalten«, meint Ma zu mir.
    » Ich schaffe das schon.«
    Sie spießt eine Kartoffel mit der Gabel auf. » Hast du schon wieder angefangen, dich mit jemandem zu verabreden? Mit einem neuen Freund vielleicht?«
    Gita lässt ihre Gabel auf den Teller fallen. » Ma, dafür ist es doch noch viel zu früh.«
    » Ich habe keine Lust auf Männer«, entgegne ich. » Außerdem werde ich im Buchladen alle Hände voll zu tun haben.« Connor Hunt fällt mir ein. Dass ich die Begegnung mit ihm erwähne, kommt überhaupt nicht in Frage. Außerdem ist es keine Verabredung, wenn ein fremder Mann einen in einem Buchladen anspricht.
    » Das stimmt sicher«, sagt Ma. » Sei bloß vorsichtig in diesem baufälligen Haus.«
    » Ich kriege das sicher hin.« Ich lache nervös auf.
    » Tantchen glaubt, dass es im Buchladen spukt«, gibt Gita zu bedenken. » Also sei auf der Hut.« Als sie mit der Gabel auf mich zeigt, landen Reiskörner auf dem Tisch.
    » Es spukt nicht in dem Haus«, widerspreche ich. » Es ist einfach nur… alt.«
    Ma wischt mit einer Serviette den Reis vom Tisch. » Ruma war schon immer schrullig und sieht überall Gespenster. Wenn du mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen bleibst, kann dir nichts passieren.«
    Allerdings ist festes Stehen derzeit schwierig für mich. Ich fühle mich verunsichert und flüchtig. Wenn ich mich nicht an meinem Wasserglas festhalte, fürchte ich davonzuschweben.

Kapitel 6

    H
ast du Zeit zum Reden?« Gita steht auf der Schwelle des Gästezimmers im Obergeschoss. Ich sitze, den Laptop auf dem Schoß, auf dem Bett.
    Ich blicke auf und schiebe die Lesebrille auf dem Nasenrücken nach unten. » Wenn es nicht zu lange dauert.« Ich würde es nicht ertragen, Einzelheiten ihrer Hochzeitspläne zu erörtern. Die Glut ihrer Begeisterung könnte mich zu Asche verbrennen.
    Gita verzieht das Gesicht, als hätte sie plötzlich schreckliche Schmerzen in einem nicht näher bezeichneten Körperteil. » Äh… dann gehe ich jetzt mal ins Bett.«
    Ich nehme die Brille ab und winke meine Schwester herein. » Tut mir leid. Also, erzähl.« Widerstrebend rolle ich die überall auf dem Bett verstreuten Berichte der Anwaltskammer zusammen.
    Gita kommt auf Zehenspitzen näher, als wolle sie den Flor des Teppichs nicht aufwühlen. » Vermisst du manchmal unser altes Haus? Die riesige Zeder im Garten mit den niedrigen Ästen? Mir fehlt es, auf diesen Baum zu klettern und über den Zaun in den Nachbargarten zu schauen.«
    Ich erinnere mich kaum noch an das alte Haus am anderen Ende der Stadt, dicht am Wald. » Eigentlich denke ich nicht mehr daran. Die Zeder hatte ich ganz vergessen… Wahrscheinlich war ich zu sehr mit meiner Arbeit beschäftigt.«
    » Du musst dich nicht Tag und Nacht krummschuften«, sagt Gita.
    » Doch. Erstens brauche ich das Geld. Und zweitens verhindert die Arbeit, dass ich den Verstand verliere.«
    Sie setzt sich neben mich aufs Bett. » Hoffentlich kannst du dir lange genug freinehmen, um meine Brautjungfer zu sein.«
    Die Luft entweicht meinen Lungen. Bei meiner Hochzeit hat Gita in einem gelben Kleid neben mir gestanden und zugesehen, wie Robert mir den Ring an den Finger steckte. Er

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