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Die Buecherfluesterin

Die Buecherfluesterin

Titel: Die Buecherfluesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anjali Banerjee
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Ma.
    » Entschuldige, es ist mir so herausgerutscht.«
    Gitas Lippen zittern. » Mach es mir nicht kaputt, Jasmine.«
    Ich hebe die Hände. » Hab es nicht so gemeint. Ich bin nur besorgt um dich. Ich möchte, dass es dir gut geht und dass du auch wirklich so weit bist.«
    » Ich bin so weit. Du brauchst dir über mich nicht den Kopf zu zerbrechen. Dilip und ich werden glücklich sein bis an unser Lebensende.«
    » Gut, dann freue ich mich für euch.«
    » Du klingst aber nicht so. Denn du bist nicht froh, sondern verbittert.«
    » Mädchen!«, ruft Ma. Sie entfaltet einen grell orangefarbenen Sari und schwenkt ihn wie eine Friedensfahne zwischen Gita und mir. » Was ist mit diesem hier? Wundervolle Seide.«
    » Ma, nein!« Gita stampft mit dem Fuß auf, etwas, das ich seit ihrem letzten kindlichen Wutanfall in der Trotzphase nicht mehr gesehen habe. » Die Hare-Krishnas tragen Orange. Das ist eine Sekte!«
    Ma faltet den Sari wieder zusammen. » Woher soll ich denn das wissen? Ich möchte nicht, dass ihr beiden euch streitet wie Kleinkinder.«
    » Wir streiten nicht«, entgegnet Gita mit einem finsteren Blick auf mich. » Jasmine hält es nur für Zeitverschwendung, einen Sari zu kaufen.«
    » Das habe ich nie behauptet. Sei nur vorsichtig. Sei dir… absolut sicher. Willst du tagein, tagaus mit demselben Mann zusammen sein und dich auf ihn einlassen? Gemeinsame Finanzen? Du könntest sogar Kinder kriegen, bevor du herausfindest, dass ihr doch nicht zusammenpasst. Und was dann?«
    » Ich werde mir einer Sache nie wieder so sicher sein.« Wie immer hört Gita nicht auf mich. Sie ist blind vor Liebe. Das Strahlen ihres Idealismus könnte einen Planeten erleuchten. Das Problem ist nur, dass das Licht irgendwann verlöschen wird.
    Nach einem Tag mit Einkaufen, Streiten und dem Verkosten verschiedener Süßigkeiten in der indischen Bäckerei in Bellevue– damit Gita die Nachspeisenfolge für die Hochzeit aussuchen kann–, bin ich zur Ladenschlusszeit wieder im Buchladen. Ich habe mein Bestes getan, zu helfen und mich für Gita zu freuen.
    Tony hat mir einen Zettel hinterlassen, auf dem er mir ein wunderschönes Wochenende wünscht. Ich lasse mich mit einer Tasse Tee in einen Lehnsessel fallen und lege die Füße auf eine Ottomane. Die Bücher meiner Tante diskutieren nicht mit mir, stellen keine Forderungen und widersprechen auch nicht. Außerdem erinnern sie mich nicht an Dinge, die ich lieber vergessen möchte. Das Chaos und der Staub wirken merkwürdig tröstlich auf mich, obwohl mich die Nase juckt.
    » Jasmine«, sagt da jemand hinter mir. Ein Bariton. Ich drehe mich im Sessel um. Mit einem schwachen Lichtschein im Rücken sieht er hinreißend aus. Regentropfen funkeln auf seiner Windjacke. Wie immer riecht er nach frischer, salziger Meeresluft. » Connor!«, sage ich und richte mich auf. » Ich habe unsere Verabredung komplett vergessen.«

Kapitel 26

    S
ie haben mich vergessen?« Lässig lehnt er im Türrahmen.
    » Ach, herrje. Ja.« Rasch stehe ich auf, klopfe meine Jeans ab und streiche mein zerzaustes Haar glatt.
    » Ich kann auch ein andermal wiederkommen.« Seine Stimme, einige Töne tiefer als Roberts, hat merkwürdige Auswirkungen auf meine Nervenenden.
    » Tut mir leid, ich habe… Es ist eine Menge passiert.« Plötzlich werde ich mir meines zerknitterten Hemdes und der verschwollenen Augen bewusst. Ich laufe rotan.
    » Anstrengende Woche, was?« Seine sonore Stimme löst heftiges Herzklopfen in mir aus. Er schaut auf die Uhr; es ist derselbe alte silberne Chronograph mit Lederarmband.
    » Mein Ex hat mich gebeten, ihm und seiner neuen Freundin meine Wohnung zu überlassen.«
    » Autsch, das tut weh. Ihr Ex ist ein Schuft.«
    Ein altmodischer Ausdruck, aber er gefällt mir. » Hätte ich zustimmen sollen? Ich meine, ist es egoistisch von mir, mich an die Wohnung oder wenigstens meinen Anteil am Verkaufserlös zu klammern?« Obwohl ich eher mit mir selbst spreche, hört Connor aufmerksam zu.
    » Es tut mir leid, dass Sie Ihr Zuhause verlieren, obwohl es Ihnen so viel bedeutet hat«, sagt er anteilnehmend.
    Plötzlich bekomme ich kaum noch Luft, und wieder steigen Tränen in mir auf. » Außerdem heiratet meine Schwester, und ich habe den ganzen Tag damit verbracht, mit ihr und meiner Mutter einen Hochzeitssari zu suchen.«
    » Eine Hochzeit. Uff. Ein trauriger Anlass.«
    Ich wische mir die feuchten Augen ab. » Eine Hochzeit sollte eigentlich etwas Schönes sein, doch ich bin geschieden–

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