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Die Buecherfluesterin

Die Buecherfluesterin

Titel: Die Buecherfluesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anjali Banerjee
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genannt, nur ein Mensch aus Boston.
    » Nimm es«, flüstert er. » Ich schenke es dir.«
    » Schenken?«, wundere ich mich. » Es ist doch von hier.«
    » Ich habe es vor einer Weile hergebracht und darauf gewartet, dass jemand es findet.«
    » Du hast dieses Buch ins Regal gestellt?« Erschienen 1827. Ich lese die kleine Schrift auf der ersten Seite: Die Jugend ist hitzig und macht dann und wann / So manch einen Fehler, den bereut man als Mann – Cowen.
    Er sieht mich aus dunklen Augen an.
    Die Jugend ist hitzig. Mir werden die Knie weich. Ich fühle mich wie das wandelnde Klischee eines albernen Teenagers. » Worte aus der Vergangenheit«, sage ich.
    Connor grinst. » Ein Bostoner, der versucht, eine Botschaft zu übermitteln. Verlier das Buch nicht. Bewahre es gut auf.«
    » Am besten im Büro«, erwidere ich und gehe vor ihm den Flur entlang. Im Büro meiner Tante verstaue ich das Buch in meiner riesigen Handtasche. Anschließend begleite ich Connor zur breiten Vordertreppe. » Es gibt noch weitere Etagen, aber die brauchen wir nicht alle zu besichtigen.«
    » Du bittest mich also nicht nach oben?« Als er grinst, tritt ein jungenhaftes, keckes Funkeln in seine Augen. Das Prickeln, das mich durchläuft, fühlt sich an wie ein Elektroschock.
    » Die Abteilungen Metaphysik und Wissenschaft sind im ersten Stock, und darüber, in der Mansarde, liegt die Wohnung meiner Tante. Ich wohne dort, während sie fort ist.«
    Er fährt sich mit den Fingern durchs Haar. » Willst du sie mir nicht zeigen?«
    Auf wackeligen Beinen führe ich ihn die breite Treppe hinauf in den ersten Stock und zeige ihm die Bücher, den alten Wäscheschacht, die eingebauten Regale und die Geheimfächer in den Wandschränken.
    Dann stehen wir an der Tür zur schmalen Treppe. » Die Treppe war früher für die Dienstboten. Merkwürdig, wie diese Häuser gebaut sind, findest du nicht?«
    Er blickt hinauf in die dunkle Höhle. Als sein Arm meinen streift, durchfährt mich ein Schauer. » Unheimlich. Und du wohnst allein hier? Mutig.«
    » Eigentlich bin ich nicht sehr mutig.« Aber vielleicht doch, denke ich, hole tief Luft und steige die Treppe hinauf.

Kapitel 27

    C
onnor Hunt folgt mir in die Wohnung. Im kleinen Wohnzimmer meiner Tante höre ich seine Schritte hinter mir knarzen. Ein leises Surren liegt in der Luft.
    » Hübsch hier«, sagt er. » Gemütlich.«
    » Danke. Meine Tante hat es so eingerichtet.«
    Hier nehme ich seinen Geruch stärker wahr– ein holzartiges Aroma, das mich ans Zelten denken lässt. Ich habe seit meiner Kindheit nicht mehr gezeltet. Er geht zum Fenster und duckt sich ein wenig, um hinauszuschauen.
    Er strahlt eine Präsenz und Männlichkeit aus, die mir die Kehle trocken werden lässt.
    » Tolle Aussicht«, stellt er fest. » Die Fähre legt gerade an. Komm her, sieh dir die Sterne an.«
    Soll ich mich wirklich so nah an ihn heranwagen? Nur wenige Schritte vom Schlafzimmer meiner Tante entfernt? Ich betrachte die Sterne, die dicht an dicht am pechschwarzen Himmel stehen. » Toll. In L. A. sieht man die Sterne nicht mehr. Jedenfalls nicht so. Ich habe ganz vergessen, wie schnell der Himmel hier aufklart und der Regen alles wegspült.«
    » Wie lange lebst du schon in L. A. ?« Sein Arm berührt meinen. Ich spüre durch den Stoff seines Hemdes, wie kräftig er ist.
    » Seit ich von zu Hause ausgezogen bin. Also schon lange. Ich war achtzehn. Die Wohnung, in der ich mit Robert gewohnt habe, liegt am Strand. Eine wunderschöne Gegend. Aber selbst dort ist der Himmel nachts nicht so schwarz, sondern eher orangefarben.«
    » Himmelsleuchten. Licht als eine Form von Umweltverschmutzung. Eine Nebenwirkung der Industriegesellschaft.«
    » Himmelsleuchten? Gibt es das Wort tatsächlich?«
    » Es handelt sich um eine Bündelung allen Lichts, das von den beleuchteten Gegenständen reflektiert wird. Das Licht steigt in den Himmel auf, wo die Atmosphäre es streut und auf die Erde zurückwirft.«
    » Also ist das, was man in L. A. sieht, Himmelsleuchten?«
    » Stimmt.«
    » Ist der Himmel anderswo auch so? Bist du viel gereist? Vielleicht nach Afrika– wie dein Dad?«
    Er sieht mich an. Als er den Kopf wendet, wird seine Silhouette vom Mond beschienen. Bei diesen Lichtverhältnissen wirkt er überlebensgroß und sogar noch schöner. Die Konturen seines Gesichts treten scharf hervor. » Woher weißt du von meinem Dad?«
    » Du hast seine Memoiren hier vergessen. Ich habe sie auf einem Tisch gefunden und für dich

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