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Die Büchse der Pandora

Die Büchse der Pandora

Titel: Die Büchse der Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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aus dem Wagen und half auch Mr Ryder beim Aussteigen. Sie betraten eine kleine Gasse. Links sah man die Rückwände einiger baufälliger Häuser, deren Hintertüren fast alle auf diese Gasse hinausführten. Mr Ryder hielt vor einer dieser Türen.
    »Hier ist sie hineingegangen«, erklärte er. »Es war diese Tür – todsicher war es diese.«
    »Sie sehen alle gleich aus«, sagte Tommy. »Das erinnert mich an die Geschichte von dem Soldaten und der Prinzessin. Kennen Sie die Geschichte? Die Büttel malten ein Kreuz an die Tür, um den Soldaten des Königs zu zeigen, wo die Prinzessin sich versteckt hielt. Sollen wir es auch so machen?«
    Lachend zog er ein Stück Kreide aus der Tasche und malte mit raschen Strichen ein Kreuz ganz unten auf die Tür. Dann blickte er zu den vielen Schatten empor, die sich hoch oben auf den Dachfirsten und Mauern bewegten. Ein herzzerreißendes Jaulen begrüßte sie, dass ihnen das Blut in den Adern stockte.
    »Menge Katzen hier in der Gegend«, bemerkte Tommy fröhlich.
    »Wie verfahren wir?«, fragte Mr Ryder. »Gehen wir hinein?«
    »Ja, aber mit der gebotenen Vorsicht!«
    Er suchte mit den Augen rechts und links den Weg ab und versuchte dann, vorsichtig die Tür zu öffnen. Sie gab nach. Er stieß sie auf und blickte in einen dunklen Hof.
    Tommy durchschritt ihn geräuschlos, Mr Ryder immer dicht hinter ihm.
    »He!«, flüsterte dieser plötzlich. »Jemand kommt die Gasse entlang! Ich geh mal nachsehen.«
    Tommy stand einen Augenblick still; da nichts zu hören war, schritt er weiter. Eine Sekunde lang ließ er seine Taschenlampe aufleuchten; so fand er seinen Weg bis zu einer geschlossenen Tür auf der anderen Seite des Hofes. Auch diese gab seinem Druck nach; er öffnete sie leise und trat ein. Abermals stand er still und horchte. Dann knipste er die Taschenlampe wieder an. In diesem Augenblick schien der ganze Raum um ihn lebendig zu werden. Zwei Männer standen plötzlich vor ihm, zwei hinter ihm. Sie umringten und überwältigten ihn.
    »Licht!«, knurrte eine Stimme.
    Eine Petroleumlampe wurde angezündet. In ihrem Licht sah Tommy viele unsympathische Gesichter, die ihn feindselig anstarrten. Seine Blicke wanderten im Raum umher und blieben auf einigen Gegenständen haften, deren Verwendungszweck ihm sofort einleuchtete.
    »Oh«, sagte er freundlich, »wenn ich mich nicht irre, bin ich im Hauptquartier der Falschmünzer!«
    »Halt die Schnauze!«, bellte einer der Männer.
    Die Tür hinter Tommy öffnete und schloss sich gleich wieder, und eine frohlockende, ihm wohl bekannte Stimme begann zu sprechen.
    »In die Falle gegangen! So ist es recht. Nun, Sie Meisterdetektiv, genug geschnüffelt für ein Weilchen?«
    »Wie treffend gesagt! Ja, ich bin der Mann, der Scotland Yards Vertrauen genießt. Ach, das ist ja unser Mr Hank Ryder! So eine Überraschung!«
    »Ich vermute, Sie sind wirklich überrascht. Was habe ich heute schon den ganzen Abend über Sie gelacht. Wie ein kleines Kind haben Sie sich herlocken lassen und dachten noch, Sie seien Gott weiß wie klug! Ja, mein Söhnchen, ich habe Sie von Anfang an durchschaut! Sie haben sich nicht zu Ihrem Vergnügen mit dieser Clique eingelassen. Ich habe Sie erst ein wenig herumspielen lassen, aber als die schöne Marguerite Ihnen wirklich verdächtig zu werden begann, da habe ich mir gesagt: Der Moment ist gekommen, ihn in sein eigenes Messer laufen zu lassen. Ich fürchte, Ihre Freunde werden eine Zeit lang nichts von Ihnen hören.«
    »Sie wollen mich umlegen?«
    »Hut ab, Sie haben Mut. Nein, wir werden Ihnen nicht gleich den Hals umdrehen. Wir wollen Sie nur in Gewahrsam nehmen. Schutzhaft nennt man das doch bei Ihnen, nicht wahr?«
    »Ich fürchte, Sie machen sich falsche Hoffnungen«, sagte Tommy. »Ich habe nicht die Absicht, mich in Schutzhaft nehmen zu lassen, wie Sie das zu nennen belieben.«
    Mr Ryder lächelte herablassend. Draußen miaute eine Katze melancholisch den Mond an.
    »Sie zählen wohl auf das Kreuz, das Sie an die Tür gemalt haben, eh? Ich an Ihrer Stelle würde mich nicht darauf verlassen. Denn ich kenne die Geschichte, von der Sie sprachen. Man hat mir das Märchen von dem Soldaten mit dem Feuerzeug erzählt, als ich noch ein kleiner Junge war. Ich ging zurück auf die Gasse, um die Rolle des Hundes zu übernehmen – Sie wissen schon, welchen ich meine: den mit den Augen so groß wie Wagenräder. Wenn Sie jetzt draußen auf der Gasse stünden, würden Sie entdeckten, dass jede Tür mit dem gleichen Kreuz

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