Die Büro-Alltags-Bibel
ich wissen wollte.« Das Gros versteht den Wink.
Peinliche Situationen kann jeder meistern
Augenscheinlich gibt es aber auch Situationen, in denen schon alles zu spät ist. Mitten in der Präsentation bemerken Sie die Entschlossenheit Ihres Reißverschlusses, der damit zugleich die Motiv-Unterwäsche freilegt. Oder Sie stolpern mit dem Aktenberg direkt in die Kaffeetasse des Chefs. Oder versenken beim Businesslunch den Rotwein in den Hosenanzug der Verabredung. Deren Reaktion: hochgezogene Augenbrauen, fragende Blicke, entgleiste Mundwinkel.Sehr unangenehm, das. Und nur selten gelingt es uns, damit souverän umzugehen.
Nicht wenige stammeln, stottern und eiern daraufhin schlimmer herum als Faust beim armen Gretchen. Ihr Gesicht bekommt die Farbe von gekochten Krebsen – und genau so fühlen sie sich auch: heiß und elend. Aber wussten Sie, dass allein das Erröten, was viele von uns so fürchten, allenfalls eine Minute dauert und nach 15 Sekunden bereits seinen Höhepunkt erreicht hat? Also bitte keine Panik deswegen. Überhaupt sind die falschesten Reaktionen in einer peinlichen Situation, entweder abgeklärte Coolness zu mimen oder in überbordene Hektik zu verfallen. Fragen wie: »Hab ich was Falsches gesagt?« oder Ausrufe vom Typ »Oh nein! Oh nein!« verstärken das Problem nur. Das gilt übrigens auch für den umgekehrten Fall eines sogenannten falschen Helfers. Der Satz »Das muss Ihnen nicht peinlich sein!« entschärft die Lage keineswegs, im Gegenteil: Spätestens jetzt ist der Fauxpas amtlich.
Das kann sogar für die Zeugen der Entgleisung unangenehm werden. Dass Peinlichkeit regelrecht ansteckend wirkt, hat schon die ProSieben-Kultserie
Stromberg
eindrucksvoll gezeigt und dabei gleich einen neuen Ausdruck geprägt: das
Fremdschämen
. In diesem Fall nötigt uns jemand mit seinem Schnitzer Schamgefühle auf, die er oder sie selbst haben müsste. Und wer mag so jemanden schon? Der Münchner Journalist und gute Bekannte von mir, Matthias Nöllke, hat vor einiger Zeit einen Ratgeber für peinliche Situationen geschrieben, über den wir ein wenig diskutiert haben. Im Kern sind wir uns einig, dass es für Fettnapftreter nur drei richtige Reaktionen gibt:
Durchatmen und nichts sagen. Noch nicht einmal, wenn der andere tobt, weil wir ihn brüskiert oder beleidigt haben, sollten wir sofort etwas sagen. Jede Erklärung, jede Rechtfertigung erhöht unmittelbar die Peinlichkeit. Das heißt nicht, dass man die Lage später nicht bereinigen, sich nicht entschuldigen oder um Verständnis bitten sollte. Nur eben nicht sofort. Erst einmal gilt es, sich zu sammeln, die Souveränität zurückzugewinnen und die Welle abebben zu lassen. Selbst wenn Sie dumm gestolpert sind, machen Sie sich bitte nicht zum Clown! Selbstironie im Übermaß lässt Sie nur wie eine Witzfigur aussehen. Und womöglichist den anderen ja gar nichts aufgefallen. Dumm, wenn man dann alle darauf hinweist.
Zeigen Sie sich peinlich berührt. Klar, Sie würden sich jetzt am liebsten verkriechen, aber damit geben Sie nur ein noch jämmerlicheres Bild ab. Den Coolen zu markieren, wirkt wiederum reichlich abgebrüht. Der Grund für diese Trotzreaktion ist oft, dass wir den Fauxpas als Bedrohung für unser Selbstwertgefühl erleben und nun mit aller Macht versuchen, dagegenzuwirken. Dennoch wird die Mehrheit denken: Dem ist wohl gar nichts peinlich? Nur Menschen ohne Ruf und Gewissen handeln so. Humor wiederum – sonst ein guter Trumpf, um peinliche Situationen zu retten – wirkt zuweilen noch desaströser: Dann etwa, wenn Sie Ihr Gegenüber emotional verletzt, bloßgestellt oder etwas sehr Geschmackloses von sich gegeben haben. Dann noch zu scherzen, dokumentiert, dass Ihnen das Missgeschick herzlich gleichgültig ist. Ein Scherz verhöhnt Opfer nur. Daher: Sagen Sie ruhig, dass Ihnen das peinlich ist und entschuldigen Sie sich dafür. Punkt.
Bieten Sie Wiedergutmachung an. Scham ist nur dann kon struktiv, wenn Sie aus Ihren Fehlern lernen. Sie haben Ihrem Tischnachbarn versehentlich Wein über den Anzug, das Kleid, den Rock geschüttet? Dumm gelaufen, aber menschlich. Ein wahrer Gentleman entschuldigt sich jetzt, ruft den Keller und bittet ihn, das Malheur zu beseitigen und mit einem Handtuch auszuhelfen. Und natürlich bietet er sofort an, für sämtliche Reinigungskosten aufzukommen. Wichtig ist dabei, dass Sie sich nicht rechtfertigen (das wird als unverschämter Versuch interpretiert, den Fehler herunterzuspielen). Sie wollen sich schließlich
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