Die Büro-Alltags-Bibel
vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen sind. 2008 waren deutsche Arbeitnehmer allein wegen Burnout-Symptomen zusammengerechnet rund zehn Millionen Tage krankgeschrieben, ergab eine Studie der Techniker Krankenkasse. Acht von zehn Deutschen fanden ihr Leben stressig, jeder Dritte litt an Dauerstress. Nicht wenige wünschen sich, ihr Tag hätte 30 Stunden oder mehr. Dann, so die hehre Hoffnung, hätten sie endlich mal genug Zeit für alles, was ihnen so angetragen wird oder anfällt.
Besonders Hilfsbereite stehen in der Gefahr, skrupellos ausgenutzt zu werden. Zum Beispiel durch jemanden, der sich vor einer unangenehmen Arbeit drücken möchte. Oder vom Chef, der einen mit einem zusätzlichen Projekt überrumpelt, obwohl man schon bis über beide Ohren mit Arbeit eingedeckt ist. Mal geht es darum, Arbeit einfach nur abzuwälzen, mal um Risikostreuung: Geht der Auftrag in die Hose, ist der Helfer schuld. Schafft er es, fühlt sich der Boss bestätigt: »Sehen Sie, geht doch!« Eine böse Zwickmühle. Obendrein laufen die Wohltäter permanent Gefahr sich zu verzetteln, weshalb sie wenig souverän wirken und am Ende sogar weniger respektiert werden als jene, die zögern und ab und an einfach »Nein« sagen. Es ist das Gesetz von Angebot und Nachfrage: Was leicht zu haben ist, hat weniger Wert. Wer sich dagegen vornehm zurückhält, verweigert und rar macht, wird viel mehr geachtet.
Klar, wir alle landen im Büro immer wieder in Situationen, in denen wir Ja sagen, obwohl wir Nein meinen. Das passiert. Falls Siesolche Momente aber häufiger erleben, tappen Sie vermutlich regelmäßig in die sogenannte Gefälligkeitsfalle. Der Klügere gibt eben nur so lange nach, bis er der Dumme ist. Die Gründe hierfür sind zwar individuell verschieden. Dennoch ist der wesentliche Schritt aus dieser klassischen Entscheidungsfalle, sich selbige bewusst zu machen. Es geht darum zu erkennen, was Ihre wahren Gefühle und Motive dabei sind und wie diese womöglich – bewusst oder unbewusst – von den Kollegen manipuliert werden. Die Maschen hierbei reichen von sanftem Druck, Erpressung, Überrumpeln, Schmeicheln bis hin zu vermittelten Schuldgefühlen und der obligaten Mitleidstour. Bevor Sie also eine Hilfsentscheidung treffen, nehmen Sie sich eine kurze Auszeit und fragen Sie sich, warum Sie angeblich nicht Nein sagen können. Oft steckt das dahinter:
Sie fühlen sich geschmeichelt. Allein schon die Tatsache, dass man Sie fragt, imponiert Ihnen. Sie fühlen sich aufgewertet, wichtig, zentral. Kurz: Sie mutieren zum Retter und Ratgeber. Ein kurzer Anflug von Macht umweht Ihr Ego. Und weil Sie dieses Gefühl lieben und fürchten, dass es sich nie mehr einstellt, wenn Sie die Bitte jetzt ablehnen, sagen Sie Ja. Womöglich war aber genau das der hinterlistige Plan des Bittstellers. Der schillernde Retter kann schließlich auch bloß ein schnöder Notstopfen sein.
Sie leiden am Helfersyndrom. Betroffenene brauchen das Gefühl, gebraucht zu werden. Hinter ihrem Zwang, Ja zu sagen, steckt dann entweder die falsche Vorstellung, die eigene Unersetzbarkeit zu demonstrieren. (Ein Kurzschluss übrigens: Jeder Mensch ist ersetzbar!) Oder aber der Versuch, Minderwertigkeitsgefühle zu kompensieren. Auch das ist ein Irrweg, da die kurzfristige Anerkennung, die mit dem Gefallen erzielt wird, nur in eine Abwärtsspirale führt: Viele Dienstbarkeiten mindern die Qualität der eigenen Arbeit, das wiederum beschädigt deren Ruf und damit die Anerkennung im Job. Also versuchen Betroffene das durch weitere Gefälligkeiten zu kompensieren. So führt das Helfersyndrom zu noch mehr Stress und mündet nicht selten in totaler Erschöpfung und einem Burnout.
Sie fürchten, Sympathien zu verlieren. Nicht wenige Menschen plagt die Sorge, dass es die Beziehung zum Kollegen nachhaltigbelastet, wenn sie seine Bitte ablehnen. Womöglich quält sie dabei auch ein schlechtes Gewissen, weil sie früher einmal gelernt haben, dass man Hilfe nicht verweigern darf. Wer es dennoch tut, gilt in ihren Augen als egoistisch oder herzlos. Die Frage ist aber: Wer ist egoistischer – derjenige, der eine Bitte ausschlägt, weil er nicht anders kann, oder derjenige, der seine Sympathien davon abhängig macht, wer nach seiner Pfeife tanzt? Hüten Sie sich vor solchen Menschen! Sie versuchen nur, Sie zu manipulieren, sind berechnend und selten dankbar. Zudem: Sie müssen nicht von allen gemocht werden – und schon gar nicht von Menschen, deren Zuneigung Sie sich erst erkaufen
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