Die Büro-Alltags-Bibel
nicht freikaufen, sondern den entstandenen Schaden wirklich ausgleichen. Das gilt auch für den Fall, dass Sie über jemanden gelästert haben und der das blöderweise mitgehört hat. Allein richtig: sofort schweigen, sich peinlich berührt entschuldigen und nachher unter vier Augen Wiedergutmachung anbieten.
Schwieriger wird der Fall, wenn ein Kollege etwas Peinliches anstellt und das gar nicht mitbekommt. Was tun: ihn darauf ansprechen oder schweigen?
Tja, es kommt darauf an. Und zwar darauf, ob es sich dabei um ein einmaliges Malheur, einen Ausrutscher handelt (den man souverän übersieht) oder um einen Zustand. Im zweiten Fall sollten Sie etwas sagen – erst recht, wenn Sie die Führungskraft sind. Bemühen Sie sich aber gleichzeitig um Diskretion. Fragen Sie sich selbst: Wie würden Sie behandelt werden wollen, wenn Sie derjenige wären, der sich regelmäßig die Blöße gibt? Mit Fingerspitzengefühl ist ein entsprechender Hinweis ein Akt der Nächstenliebe. Manchen Menschen ist schließlich gar nicht bewusst, dass sie sich schon eine ganze Weile lächerlich oder zum Flurthema Nummer eins machen, weshalb sie auf einen fürsorglichen Hinweis entsprechend dankbar reagieren. Wie die übrigen Mitarbeiter anschließend auch.
Wie Sie mit verbalen Aussetzern und Cholerikern umgehen
Je enger der Raum, desto schneller entwickelt sich Streit. Auch wenn es euphemistisch Großraumbüro heißt, hocken die meisten doch in einer Art kollektiver Intensivhaltung dicht an dicht beisammen. Oftmals reichen dann schon ein paar flapsige Bemerkungen oder ein missverstandener Scherz und die Stimmung kippt. »Jeder kann wütend werden, das ist einfach. Aber wütend auf den Richtigen zu sein, im richtigen Maß, zur richtigen Zeit, zum richtigen Zweck und auf die richtige Art, das ist schwer«, sinnierte schon Aristoteles – und der malochte ganz bestimmt nicht im Großraumbüro.
Wer es mit einem notorischen Wüterich und cholerischen Anfall zu tun bekommt, womöglich gar mit dem eigenen Chef, der sollte sich zu 90 Prozent in Körperbeherrschung üben. Zurückkeifen? Lachen? Peinlich dreinschauen? Alles verkehrt. Nichts davon hilft, im Gegenteil: Es macht die Sache nur noch schlimmer.
Da hilft oft nur eines: Schweigen. Schließlich ist es nicht immer klug, einen schlagfertigen Konter, der einem gerade in den Sinn kommt, auch auszusprechen (falls einem einer einfällt). Meist schaffen Sie sich damit nur einen Erzfeind. Und falls es Ihr Chef ist, der gerade ausrastet, wäre es zwar gerechtfertigt, den in seine Schranken zu weisen, aber selten klug, sich dabei auf einen offenenSchlagabtausch einzulassen. Wer weiß, was Ihnen dabei über die Lippen huscht und hernach arbeitsrechtliche Konsequenzen hat.
Schweigen ist da wesentlich vielsagender: Sie schauen dem Aggressor nur intensiv in die Augen und legen eine Schweigeminute ein. Die nun eintretende erwartungsvolle Stille wirkt zu Ihren Gunsten. Denn während die Unverschämtheit noch durch den Raum hallt, mutiert sie zur peinlichen Niedertracht. Sie aber bleiben souverän, zeigen die Größe darüberzustehen und sich völlig unter Kontrolle zu halten. Danach machen Sie weiter, als sei nichts gewesen. Auch diese Geste signalisiert: Es perlt an Ihnen ab, auf so ein Niveau begeben Sie sich nicht. Der andere hingegen hat sich mit seinem Schuss unter die Gürtellinie selbst disqualifiziert. Und das ganz ohne Anstrengung. Bravo!
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11.55 Uhr
Jetzt noch? Muss das sein?
Achtung: Gefälligkeitsfalle ■ Wie Sie lernen, Nein zu sagen
»Ist nicht alles, was wir im Leben unternehmen,
darauf ausgerichtet,
ein bisschen mehr geliebt zu werden?«
July Delpy , in
Before Sunrise
Nette, hilfsbereite Kollegen sind der Humus, auf dem das gute Betriebsklima gedeiht. Solche Mitarbeiter mag jeder. Sie machen das Leben leichter – das eigene vor allem. Nie schlagen sie eine Bitte aus oder lehnen Hilfe ab. Wenn andere schon murren oder offen rebellieren, opfern sie sich immer noch selbstlos auf. Das ist, keine Frage, ungeheuer sozial, aber auch ungeheuer blöd. Wer anderen seine Hilfe allzu bereitwillig zukommen lässt, zahlt dafür einen hohen Preis: Nicht nur, dass sich derjenige hernach fühlt wie ein Teebeutel nach dem dritten Aufguss, Stress wegen Überforderung gehört heute zu den häufigsten Bürokrankheiten. Zeitdruck, steigende Arbeitslast, ausbleibende Anerkennung – all das zählt längst zu den Hauptursachen dafür, dass die Fehlzeiten aufgrund seelischer Erkrankungen in den
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