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Die Burg der flammenden Herzen

Die Burg der flammenden Herzen

Titel: Die Burg der flammenden Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katy Cooper
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Möglichkeit barg ihre eigenen Gefahren.
    Sie verließ ihn, ohne sich umzuschauen. Als er ihren Schatten nicht mehr sah, betrat er sein Gemach. Es war unverändert – warum sollte es auch anders aussehen? Beinahe kam es ihm so vor, als sei er drei Jahre fort gewesen, dabei hatte seine Reise gerade mal drei Wochen in Anspruch genommen. Sebastian löste sich aus dem Trübsinn und ging zum Fenster. Es hatte zu regnen begonnen, und das Grün des Gartens wirkte stumpf und grau bei diesem Wetter. Die Wege, die sich schier endlos durch die gesamte Anlage schlängelten, erinnerten ihn an die Zeit, als er gemeinsam mit Beatrice durch den Garten gegangen war und sie, so gut er konnte, umworben hatte.
    Wie hatten sich die Dinge in der kurzen Zeit, die er fort gewesen war, so ungünstig entwickeln können? Vor seiner Abreise war Beatrice offen zu ihm gewesen und hatte sich ihm mit ganzem Herzen und mit ihrem Leib hingegeben. Er hatte ihre Gesellschaft genossen, doch er durfte nun nicht erneut in die Gefahr geraten, den Kopf zu verlieren.
    Das einzig Gute in seiner brenzligen Lage war, dass ihr offenbar nicht bewusst war, welche Macht sie über ihn ausübte. Sie benutzte keine List, um ihn an sich zu ziehen, täuschte ihn nicht mit einem Lächeln oder keuschen Blicken. Stattdessen stand sie in seiner Gegenwart steif da, als ob sie Flüche und Schläge erwartete und seine bloße Nähe ihr Unbehagen bereitete.
    “Bei allen Heiligen, was für ein Durcheinander”, sagte er halb laut zu sich und stieß das Fenster auf. Das Geräusch des heftig prasselnden Regens erfüllte den Raum und hallte von der Decke wider. Kühle, reine Luft umgab ihn, und Regen tropfte auf den Fenstersims, so dass seine Finger nass wurden. Ruhe und eine Art von Frieden überkamen ihn. Er musste sie wieder für sich gewinnen und gleichzeitig einen Weg finden, um seinem Verlangen zu widerstehen. So einfach war es. Er dachte an all die Gefahren, die er auf Geheiß seines Onkels auf sich genommen hatte, um die Familienkasse wieder aufzufüllen; gewiss könnte er seinen Stolz ein wenig außer Acht lassen.
    Denn welche Wahl blieb ihm, wenn er sein ganzes Leben mit Beatrice verbringen musste?
    Als Beatrice Sebastian verließ, floh sie zu ihrem einzigen Zufluchtsort – der Kapelle. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass es so wehtun würde, ihn nach der langen Abwesenheit wiederzusehen. Ein jäher Schmerz hatte sie durchzuckt, als er die Halle betreten hatte, und es war noch schlimmer geworden, nachdem er auf die Empore gekommen war. Statt Wärme und Freude hatte sie etwas wie Besitzgier in seinen Augen entdeckt, als ob er sie sein Eigen nannte, aber nicht wertschätzte. Danach hatte sie kaum wahrgenommen, was er zu ihr gesagt hatte.
    Sie verdrängte die Erinnerung, stieß die Tür zur Kapelle auf und war sogleich von dem lieblichen Duft des Weihrauchs umgeben. Der Wohlgeruch rief in ihr Erinnerungen an inneren Frieden und ein reines Herz hervor, aber es reichte nicht aus, um sie zur Ruhe kommen zu lassen. Sie schloss die Tür hinter sich und lehnte an der Holzverkleidung, als wolle sie ihren Kummer von diesem Ort fern halten.
    Doch es gelang ihr nicht; wo auch immer sie hinging, was auch immer sie tat, ihre Seelenqualen begleiteten sie. Der letzte Fehler war ihre unkluge Entscheidung gewesen, Sebastian in dieser Nacht in ihr Bett zu lassen, trotz des Abstandes zwischen ihnen und trotz des Schmerzes, den er in ihr auslöste. Warum hatte sie das getan? Welcher Irrsinn hatte von ihr Besitz ergriffen? In einer Woge unerwarteter und ungewollter Hitze fühlte sie seine Lippen auf den ihren, seinen harten Leib vor sich, als ob er sie jetzt küsste. Und in dieser Woge des Verlangens fand sie ihre Antwort. Fleischeslust war der Irrsinn, von dem sie besessen war. Einmal von diesen Fängen ergriffen, konnte sie Sebastian nichts abschlagen.
    Hätte sie nur ein bisschen Verstand oder Willen, würde sie ihre Zustimmung rückgängig machen – aber sie brachte es nicht fertig. Sie kniete vor dem Altar nieder und betete mit gefalteten Händen und gesenktem Haupt, dass Frieden über sie kommen möge. Reglos und voller Anspannung verharrte sie eine Zeit lang in dieser Haltung, doch Frieden wollte sich nicht einstellen. Stattdessen verspürte sie ein aufgeregtes Flattern, als ob ein verschrecktes Wesen in ihr gefangen wäre. Oder war sie selbst dieses Wesen, das vor den eigenen Taten erschrak und den Schmerz fürchtete, der noch bevorstand?
    Sie verbarg ihr Gesicht hinter den

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