Die Burg
helfen.»
«Hatten Sie eine Einladung zu der Veranstaltung am Sonntag?»
«Sicher, solche Einladungen kommen immer bei mir an, und meine Sekretärin teilt die Öffentlichkeitstermine immer unter mir und den stellvertretenden Bürgermeistern auf. Diese Masse von Veranstaltungen kann einer alleine unmöglich stemmen. In diesem Fall habe ich Anton vorgeschlagen, einfach weil er am besten Englisch spricht und die Leute von früher kennt. Wenn ich auch nur geahnt hätte …» Er verstummte schockiert, offenbar wurde ihm jetzt erst bewusst, wie gnädig ihm das Schicksal gewesen war.
«Wer hat Ihnen die Einladung geschickt?», fragte Toppe.
Der Bürgermeister räusperte sich. «Ich gehe davon aus, der Stadtmanager, Herr Jäger … Der ist ja auch schwerstens verletzt. Man findet keine Worte, es ist zu monströs.»
«Ich habe eine Reihe von Leuten auf der Ehrentribüne vermisst, die man bei solchen Anlässen häufig sieht, Herrn Baum, Frau Klapproth und Herrn Marx zum Beispiel.»
«So wie ich gehört habe, hatten sie schon anderweitig Termine», antwortete der Bürgermeister zögernd.
«Sie waren aber ursprünglich eingeladen?»
«Meines Wissens nach zumindest Herr Marx und Herr Baum.»
«Wann haben Sie die Einladung erhalten?»
«Da muss ich meine Sekretärin fragen. Bleiben Sie einen Moment dran.»
Toppe nutzte die Pause und fischte seine Zigaretten aus der Hosentasche.
Es knackte in der Leitung. «Herr Toppe, hören Sie? Die Einladung ist vor neun Wochen hier eingegangen, und ich hatte recht, sie kam von Sven Jäger.»
«Danke …»
«… und wie gesagt, ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung. Es ist vielleicht hilfreich, wenn ich Ihnen die Nummer meines Diensthandys gebe und selbstverständlich auch die meiner privaten Handys …»
«Vielen Dank, aber das ist im Augenblick nicht …»
«Ich hinterlasse sie bei Ihrer Zentrale, für alle Fälle.»
Ackermann gab Toppe Feuer. «Anderweitig Termine, dat ich nich’ lache!», schimpfte er. «Die haben bloß den Arsch eingekniffen, wie dat inne Zeitung stand von wegen ‹Krieg spielen›. Dabei rennen die doch sonst auf jedes verdammte Schützenfest, un’ bei jedem Treffen vonne Bundeswehr oder vonne Nato sind die immer ganz vorne mit dabei. Un’ hier machen die sich auf einma’ in die Hose – wat ’ne Heuchelei!»
Toppe antwortete nicht.
Ackermann beobachtete ihn. «Is’ ja auch egal», sagte er ein wenig leiser. «Ich hab gehört, bei dir is’ der Psycho auch schon gewesen. Du bis’ also auch – wie hieß dat noch? – debrieft worden. Hättes’ du dir träumen lassen, dat uns auf unsere alten Tage so wat ma’ passiert?»
«Nein», sagte Toppe und drückte die halbgerauchte Zigarette aus, «aber wenn ich ehrlich sein soll, kommt mir die ganze Geschichte vor wie ein böser Traum.»
«Stimmt auch wieder. Hör ma’, weswegen ich eigentlich hier bin: Ich hab doch geguckt, ob et bei den Leuten, die auf dem Podium gestanden haben, Gemeinsamkeiten gibt. Aber bis jetz’ find ich nix. Wir haben sechs Männer un’ drei Frauen, wir haben zwei vonne CDU, einen vonne SPD, zwei sind parteilos un’ drei bei de Grünen. Die sind übrigens alle tot, aber ob dat wat mit de Politik zu tun hat … ich weiß et nich’. Wir haben acht Deutsche un’ einen Engländer. Beruflich sind die sich nich’ begegnet, bloß über de Ehrenämter, un’ soweit ich bis jetz’ weiß, haben die privat nich’ viel miteinander am Hut gehabt. Ich lass grad checken, ob die schon ma’ irgendwo in dieser Formation aufgetreten sind, aber bis jetz’ is’ da auch bloß Essig.»
«Mist», sagte Toppe, aber Ackermann winkte ab. «Dat wird schon noch, ich bleib am Ball.»
Das hellgrüne Handy, das die Spurensicherung im Durcheinander an der Schwanenburg gefunden hatte, gehörte Janina Kranz, einer vierzehnjährigen Schülerin aus Leverkusen, die die Osterferien bei ihren Großeltern in Bedburg-Hau verbrachte. Sie hatte sich zusammen mit ihrem Großvater das Spektakel angeschaut und war nach der Explosion, von anderen Zuschauern mitgerissen, geflohen. «Ich habe das alles gar nicht so richtig verstanden», meinte sie. «Ich hatte nur Angst um meinen Opa, dass der hinfällt oder so.»
Das Handy hatte hinten in ihrer Jeans gesteckt und musste bei der holperigen Flucht herausgefallen sein. «Es war unheimlich laut, wie soll ich da telefoniert haben? In Opas Auto, als wir hingefahren sind, hab ich noch Monique angerufen, aber nachher nicht mehr.»
Das musste der Provider
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