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Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby

Titel: Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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um die rechte Hüfte und diagonal über die Brust, um es zuletzt über die linke Schulter zu werfen. Mit der rechten Hand - ihrer Bremshand - griff sie nach dem Kabelstück, das über ihrem Rücken baumelte, und hielt es in der Nähe der Hüfte fest.
    Die Reibung durch die s-förmige Führung des Kabels erlaubte es ihr, die Geschwindigkeit ihres Abstiegs mit einer Hand zu kontrollieren. Es musste funktionieren. Schließlich war es nicht das erste Mal, dass sie so etwas machte.
    Vorsichtig wich sie zurück. Waymire und Lewicki starrten sie von drinnen an.
    Ihre Hände waren schweißnass. »Jetzt.«
    Lewicki stemmte sich ein.
    Sie lehnte sich zurück und legte ihr Gewicht auf das Kabel. Es straffte sich und hielt. Sie ließ sich immer weiter nach hinten sinken und schob sich Zentimeter für Zentimeter über das Fensterbrett.
    Nie zuvor hatte sie Höhen und die glatte Fläche einer
Wand als reine Leere empfunden. So wie jetzt. Die Beine verkrampften sich und wollten sich nicht bewegen. Sie schloss die Augen.
    Ich muss es tun. Wenn ich da wieder reingehe, sterbe ich an einem Kopfschuss. Und die anderen auch.
    Mit leisem Quietschen scheuerte ihre rechte Hand über die Plastikummantelung des Kabels. Langsam ließ sie die Füße die Wand hinabgleiten. Lehnte sich weiter zurück. Beugte die Beine ein wenig aus den Hüften. Das Kabel schnitt in Hintern, Brust und Schulter. Die Handfläche.
    »Festhalten.«
    »Ich hab Sie.« Lewickis Stimme war gepresst vor Anstrengung.
    Vertrauen. Wenn das Kabel riss oder Lewicki die Kraft verließ, würde die Angst nur eine Sekunde dauern. Eine Sekunde, um ihre Sünden zu bereuen, bevor sie auf dem Asphalt aufschlug.
    Nun hing sie an der Hauswand.
    Ruhig atmen. Sie stieß sich ab und ließ das Kabel durch die Hand gleiten. Rutschte nach unten. Ihre Füße schwangen zurück gegen die Mauer. Wieder sprang sie ab und gab Kabel aus. Ruckte fünfzehn Zentimeter abwärts. Dreißig. Sechzig.
    Die Wand war aus poliertem Granit und zu glatt unter ihren Sohlen. Über ihr presste sich das Kabel fest an das Fensterbrett wie gegen eine Messerklinge. Die dahinziehenden Wolken am Himmel schrien fast im Wind. Das Haar peitschte ihr in die Augen und den Mund.
    Dana Jean schrie: »Jo, sie kommen. Schnell. «
    Das Kabel war so straff gespannt, dass es dünner wirkte als
vorhin. Sie streckte die Zehen und suchte. Suchte … und fand die Oberseite der Fensterlaibung unter ihr.
    Plötzlich wurde oben das Kabel schlaff. Ohne Halt sackte sie nach unten. Einen halben Meter, einen ganzen … Verdammt, hatte sich das Kabel gelöst? O Gott -
    Ruckartig stoppte sie. Das Kabel schnitt ihr ins Fleisch. Ihre Füße hatten den Kontakt zur Wand verloren, und sie klatschte gegen das Haus.
    »Mann«, ächzte sie.
    Strampelnd presste sie die Füße wieder an die Mauer. »Halten Sie das Kabel fest, bitte.« Bitte, lieber Gott Jesus Maria, bitte.
    Oben dröhnte ein Schuss. Dana Jean schrie und begann zu schluchzen. Jo blickte auf. Lewicki lehnte aus dem Fenster und starrte herab.
    Hinter ihr in dem Haus auf der anderen Straßenseite wurde ein Fenster aufgerissen. »Hey, Lady, was machen Sie denn da?«
     
    Auf der Sacramento Street näherte sich Chennault dem gepanzerten Transporter von Blue Eagle. Er öffnete die Tür. Der Schlüssel steckte in der Zündung.
    Das Plärren der Sirenen wurde schriller. Vorn an der Ecke kurvten zwei schwarz-weiße Streifenwagen mit zuckenden Lichtern in die Straße.
    Über ihm rief ein Mann etwas Warnendes. Chennault schaute auf.
    »Sind Sie verrückt?« Vier Stockwerke über ihm beugte sich ein Mann aus dem Fenster und deutete winkend über die Straße.

    Chennault wandte sich dem Waymire-Gebäude zu. Ein Ächzen entfuhr ihm. Hoch oben am Haus seilte sich jemand wie eine verrückte Spinne an einem Faden ab. Jo Beckett.
    Er hatte das Gefühl, einen Schlag aufs Zwerchfell bekommen zu haben. Offenbar war sie in großer Not. Aber es war auch klar, dass Keyes und Ivory die Sache im Gebäude noch nicht abgeschlossen hatten. Die Situation war außer Kontrolle.
    Chennault peilte die Lage auf der Straße. Am Randstein parkte ein schwarzer Suburban, aber ohne Polizeieskorte. Nein, die Bullen rasten alle erst in diesem Moment hierher.
    Der Präsident war woanders! Hätte er sich in der Nähe aufgehalten, hätte es auf der Straße nur so gewimmelt von Typen mit Ohrhörern, dunklen Sonnenbrillen und Knarren.
    Keyes und Ivory hatten jemand anders angegriffen.
    Eine Sekunde lang spürte Chennault, wie ihm sein

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