Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby
Bulle griff nach seinem Funkgerät.
Chennault ruderte mit dem Arm. »Da ist eine Terroristin.«
Deutlich sichtbar am Fenster im dritten Stock stand Jo Beckett. Ihr dunkles Haar wurde vom Wind gepeitscht. Sie zerrte an dem Seil, das die zappelnde Frau hielt.
»Sie will sie umbringen«, rief Chennault. »Tun Sie doch was.«
Aufgeregt sprach der Bulle in sein Funkgerät. Dann wandte er sich wieder an Chennault. »Haben Sie noch irgendwas bemerkt?«
Wieder deutete er auf Beckett. »Die Frau da hat auf den Aufzug gewartet, als ich das Haus verlassen habe. Und sie hatte noch einen Komplizen. Großer Typ. Latino.«
Der Cop starrte hinauf zu Beckett. »Danke. Aber verschwinden Sie jetzt lieber, es ist zu gefährlich hier.«
Chennault nickte. Während der Bulle über die Straße trabte, stieg er in den Transporter. Natürlich hatte der Mann ihm geglaubt. Als Mitglied der Sicherheitsgemeinde war er von Natur aus glaubwürdig. Er warf den Motor an und steuerte auf die Straße.
Von Dana Jeans Gewicht ans Fenster gedrückt, umklammerte Jo das Kabel mit aller Kraft.
»Verdammt, helft mir doch«, schrie sie. »Holt sie rauf!«
Die Männer beugten sich zum Fenster hinaus und packten das Kabel. Dann zogen sie. Immer noch kreischend prallte Dana Jean gegen die Mauer. Sie scharrte wie eine Ratte und hievte sich aufs Fensterbrett einen Stock tiefer.
»Nehmen Sie das Ende des Kabels und machen Sie es fest, damit ich loskomme«, rief Jo.
Das war verdammt knapp gewesen. Dana Jean hätte nie springen dürfen. Lewicki hätte sie aufhalten müssen. Wütende Worte lagen Jo auf der Zunge, doch bevor sie den Mund öffnen konnte, zerplatzte oben das Fenster von einem Schuss. Einer der Männer im Büro ergriff die Flucht.
Das Kabel draußen peitschte hin und her - jemand seilte sich ab. Von unten konnte Jo nicht erkennen, wer es war, aber
in Dana Jeans Gesicht las sie Anspannung und Hoffnung. Es musste Lewicki sein. Jo packte das Kabel, um ihn zu sichern.
Sie hörte, wie Lewickis Schuhe gegen die Mauer klatschten und wie er vor Anstrengung keuchte. Das Kabel pendelte wild, seine Füße schwangen in Sicht.
Wieder knallten Schüsse, diesmal durch die Luft. Dana Jean erschauerte auf dem Fensterbrett. Offenbar lehnte sich oben einer der Angreifer heraus, um auf Lewicki zu feuern.
»Wo ist McFarland?«, brüllte er.
Der Mann also. Jo bekam kaum Luft. Lewicki war völlig schutzlos und hatte keine Chance, rechtzeitig das Fenster im dritten Stock zu erreichen.
Doch seine Stimme blieb bemerkenswert ruhig. »Hören Sie auf zu schießen, dann sag ich es Ihnen.«
Im nächsten Augenblick schien alles zu gerinnen. Der Angreifer dachte über Lewickis Worte nach.
Plötzlich hallten verzweifelte Rufe herab. Das Kabel peitschte hin und her. Lewickis Beine schnitten durch die Luft, und er krachte gegen das Gebäude. Der Angreifer schrie. Eine Waffe flog am Fenster vorbei.
Dann wurden beide Männer sichtbar.
Lewickis Abseilgriff hatte sich gelöst, dafür klammerte er sich jetzt ans Kabel wie ein Glöckner. Der Angreifer, ein muskulöser Kerl mit narbigem, angstverzerrtem Gesicht hing mit den Fingern an Lewickis Gürtel.
Lewicki hatte den Mann aus dem Fenster gerissen. Offenbar hatte er versucht, ihn nach unten zu schleudern, doch der Angreifer hatte es geschafft, sich an Lewicki fest zu krallen. Eng umschlungen drehten sie sich. Lewicki wirkte verzweifelt. Die Last des Angreifers ließ ihn langsam am Kabel
nach unten rutschen. Panisch versuchte er, die Füße auf das Fensterbrett zu stemmen.
Er fand Jos Blick. Kurz huschte etwas wie Schock über sein Gesicht. Dann schien er zu erkennen, dass allein sie ihn aufs Fensterbrett ziehen konnte. Unter der Angst und der Verzweiflung in seinen Augen schwammen andere, unergründliche Emotionen.
Der Angreifer versuchte, Lewickis Rücken hinaufzukriechen. Er sah aus wie ein Ertrinkender, der den Rettungsring mit nach unten zerrt. Jo streckte die Hand durchs Fenster. Aber bevor sie Lewicki zu fassen bekam, wurde das Kabel von den heftigen Bewegungen des Angreifers an die Hausmauer geschmettert. Lewickis Hand krachte gegen Granit.
Der Angreifer packte Lewickis linken Arm. Die plötzliche zusätzliche Last riss Lewickis Hand vom Kabel. Lewicki strampelte noch, doch in seinen Augen blitzte bereits Gewissheit auf. Dann löste sich auch der Griff seiner rechten Hand.
Mit rudernden Armen stürzten sie in die Tiefe.
Dana Jean kreischte: »Nein!«
Jo blieb die Luft weg wie nach einem Schlag in die
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