Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby
hinter ihr her. Oder flohen sie ebenfalls aus dem Gebäude? Das war doch …
»Scheiße.«
»Gabe, mach auf«, schrie sie.
Er riss die Tür auf.
Sie sprang hinein. »Los, los!«
Hundert Meter weiter oben saß Chennault am Steuer des gepanzerten Transporters. Er sah, wie die Bullen das Gebäude stürmten. Anscheinend war geschossen worden. Und dann schälte sich aus einer Nebengasse ein Auto
und beschleunigte auf der Sacramento Street in seine Richtung.
Schwarzer 4Runner. »Ich fass es nicht.«
Das war der Freund von Jo Beckett in dem Geländewagen, der im Fernsehen gezeigt worden war - der Wagen, dessen Kennzeichen er sich notiert hatte für den Fall der Fälle. Für genau den Fall, der jetzt eingetreten war. Er war einfach ein Genie.
Der 4Runner raste an ihm vorbei. Am Steuer tatsächlich das Arschloch von der Nationalgarde. Beckett hing quer auf dem Beifahrersitz, bemühte sich, die Tür zu schließen, und starrte angestrengt nach hinten.
Chennault wählte 911.
»Ich bin auf der Sacramento Street, in der Nähe des Terroristenüberfalls.« Seine Stimme bebte panisch. »Eine Terroristin ist in einen Geländewagen gesprungen und weggefahren - eine schwarz gekleidete Frau mit langen braunen Haaren. Es ist ein Nissan 4Runner, am Steuer sitzt ein Typ, der irgendwie lateinamerikanisch aussieht, vielleicht auch arabisch.« Er grinste. »O mein Gott, gerade haben sie eine Frau auf dem Fußgängerübergang gerammt. Einfach überfahren … Herrgott, sie liegt am Boden. Und die Frau schießt auf die Leute.«
Der diensttuende Beamte stellte ihm eine Frage.
Er lächelte wie der Gott, der er war. »Ja, ich hab das Kennzeichen.« Nachdem er es durchgegeben hatte, startete er den Motor des Transporters.
In halsbrecherischem Tempo umkurvte der 4Runner Lieferwagen und Autos auf der Einbahnstraße. Jo kniete rücklings auf dem Beifahrersitz. Im Heckfenster wich das Waymire-Gebäude
zurück. Sie hatte das Gefühl, unmittelbar vor dem Einschlag nach einem Blitzableiter gefasst zu haben.
Gabe blieb auf dem Gas.
Hinten beim Bürohaus strömten die Polizisten auf die Straße. Streifenwagen warfen das Blaulicht an.
»Schau, dass du wegkommst, damit ich die Polizei anrufen kann«, keuchte sie.
Er warf einen Blick in den Rückspiegel. »Eigentlich bräuchtest du dich dazu nur aus dem Fenster zu lehnen.«
»Fahr zur Grace Cathedral.«
»Jo.«
»Und gib mir dein Handy.«
Grimmig klatschte er ihr sein Telefon in die Hand. Sie bretterten über eine Kreuzung. Die Sacramento Street wurde steiler, der Verkehr dünner. An die Stelle der englischen Schilder traten chinesische. Jo drehte sich nach vorn und setzte sich.
»Viennas Kanzlei wurde überfallen.« Ihre Stimme rutschte auf einen Abgrund zu. Sie biss die Zähne zusammen, damit sie nicht abstürzte. »Ein Attentat auf den Präsidenten ist geplant.«
Mit der Wucht einer Abrissbirne stieg Gabe auf die Bremse. Er riss das Steuer herum und stoppte am baumgesäumten Randstein.
Er nahm Jos Gesicht zwischen die Hände. »Bist du verletzt?«
»Nein.«
»Was müssen wir tun?«
Ein dröhnender Motor übertönte seine Stimme. Jo spähte in den Seitenspiegel. Ein gepanzerter Transporter jagte heran.
»Gabe …«
Der Transporter rammte sie seitlich. Er stieß den 4Runner in eine Reihe Poller und zerdrückte Jos Tür. Ohrenbetäubendes Krachen. Glas zersprang. Jo wurde gegen das Armaturenbrett geschleudert.
Völlig benommen prallte sie zurück in den Sitz.
Durch die verzogene Windschutzscheibe sah sie, wie der gepanzerte Transporter fünfzig Meter weiter vorn stoppte. Die Hecklichter leuchteten auf, die Reifen drehten sich, und er schoss im Rückwärtsgang auf sie zu.
»Raus«, schrie Gabe.
Er packte sie am Arm, riss die Tür auf und zerrte sie über den Schalthebel. Jo sprang hinaus, als der gepanzerte Transporter gegen den 4Runner schrammte und den Seitenspiegel absäbelte. Bremsen kreischten. Das jungenhafte Gesicht des Fahrers unter dem Helm und der dunklen Sonnenbrille war zu einer bösen Fratze verzogen. Seine linke, von einer blauen Manschette umfasste Hand konnte kaum das Steuerrad festhalten.
Am Fuß des Hügels brandete ein Orchester von Sirenen heran. Nach einem letzten gehässigen Blick auf Jo legte Chennault den Gang ein und jagte die Sacramento Street hinauf.
Jo spähte nach hinten zu den zuckenden Lichtern.»Lauf!«
Sie spurteten in das Gewirr von Gassen in Chinatown.
Während er beschleunigte, beobachtete Chennault, wie Beckett und Quintana in
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