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Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby

Titel: Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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scharf und schockierend ein Schuss auf.
    Als sich Tasia aus dem wabernden Rauch schälte, hing sie schlaff in ihrem Gurt und glitt die Zipline hinab. Die Verletzung an Hals und Kopf war deutlich zu erkennen, eine blutig erblühende Rose.
    Die Kamera schwenkte. Das Bild zeigte eine chaotische Szenerie: fallende Hubschraubertrümmer, einstürzende Bühnenträger, schreiende Menschen.
    Dann zoomte die Kamera aufs Spielfeld. Im Gras vor der Bühne lag Tasias gebrochene Gestalt. Neben ihr kniete Searle Lecroix. Ihr Mikrofon verstärkte seine Stimme, die über dem allgemeinen Lärm zu hören war.
    »Um Himmels willen, helft ihr doch!«
    Jo atmete aus. »Stopp.«
    Die Luft roch plötzlich nach Rauch, Salzwasser und dem widerlichen Ölgestank eines abgestürzten Helikopters. Sie starrte auf den leeren Bildschirm.
    Sie hatte nicht erkennen können, wer die Waffe abgefeuert hatte.
    »Jemand könnte ihr die Pistole abgenommen oder ihre Hand gepackt und abgedrückt haben. Aber drei Sekunden vor dem Schuss hatte Tasia die Waffe noch fest im Griff.« Jo überlegte. Tasia hatte mit dem Colt eine brisante, sexuell anzügliche Show abgeliefert. Auf den Lauf zu blasen war ein aufsehenerregendes Verhalten. Eigentlich weniger ein Spiel als angeberisches Geblödel. Und Selbstmörder neigten in der Regel nicht dazu, in den letzten Momenten vor ihrem Tod herumzualbern.
    »Kann ich mit dem Stuntkoordinator reden?«

    »Komm mit.« Tang ging voraus zu einer VIP-Suite. »Der Typ heißt Rez Shirazi. Fünfzehn Jahre Erfahrung mit Spielfilmen.« Unterwegs fasste sie kurz zusammen, was Shirazi der Polizei bereits erzählt hatte. »Er wollte Tasia dazu bringen, die Waffe wegzulegen - eigentlich hätten nur sie und ihr botoxpräpariertes Gesicht auf der Bühne landen sollen. Sie hat sich geweigert, aber weder ihn noch die Zuschauer bedroht. Auch auf sich selbst hat sie nicht gezielt. Wirkte nicht wütend. Nur gehetzt und verängstigt.«
    Tang klopfte an die Tür und betrat die Suite. Auch hier wimmelte es von Polizisten und Offiziellen. In einem Fernseher liefen Nachrichten. Shiraz tigerte mit dem Telefon am Ohr auf und ab. Als Tang sie vorstellte, beendete er das Gespräch und schüttelte Jo die Hand.
    »Ich rede schon seit zwei Stunden mit Kriminalbeamten und Rechtsanwälten. Bitte lesen Sie meine schriftliche Aussage oder fragen Sie mich was Neues.«
    In seinem kantigen Gesicht leuchteten warme Augen, und er federte beim Sprechen auf den Zehen wie ein Weltergewichtsboxer. In einem Film würde er wohl die Rolle des Schurken oder des wahnsinnigen Bombenlegers spielen.
    »Ich untersuche Tasias Geisteszustand. Können Sie mir etwas über ihre Stimmung heute Abend sagen?«, fragte Jo.
    »Sie war aufgedreht.«
    »Können Sie das genauer beschreiben? War sie fröhlich? Oder zugekokst?«
    »Zugekokst nicht. Zumindest hat sie behauptet, dass sie clean ist. Und fröhlich auch nicht. Ich hab sie ekstatisch erlebt, wenn sie nach den Sternen gegriffen hat, und sie konnte
lächeln, Mann … Aber heute Abend war sie aufgewühlt.« Er machte eine ausladende Handbewegung. »Sie hat sofort losgeredet, ohne Punkt und Komma. Wie aus einer Popcornmaschine ist es aus ihr rausgeplatzt.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich hab gehört, dass sie bipolar war. Heute kam sie mir manisch und depressiv zugleich vor. Voller Energie, aber bedrückt. Hat Sachen gesagt wie: ›Das Leben ist gemein, es zieht dich rein, dann musst du sterben.‹ Und so eine Art musikalische … Witze gerissen, aber eher von der müden Sorte. ›Do, re, mi, fa, so leicht kann’s gehen.‹«
    »Hat sie den Tod noch öfter erwähnt?«
    »Sie hat gesagt, dass es um Leben und Tod geht. Vom Märtyertod hat sie gesprochen. Autobomben, Todesschwadronen, heiliger Krieg.« Er neigte den Kopf. »Dann hat sie den Geheimdienst erwähnt. Und: ›Er ist hinter mir her.‹«
    »Glauben Sie, sie hat damit den Präsidenten gemeint?«
    »Vielleicht. Keine Ahnung. Für mich stand ja bloß ein Konzert auf dem Programm.«
    »Ist Ihnen sonst noch was an ihrem Verhalten heute Abend aufgefallen?«
    »Ja. Alles war übertrieben. Als sie reinkam, war das Korsett noch offenherziger als sonst, die Jeans hing tiefer, und ihr Make-up war einfach extrem.« Er wirkte müde. »Hat sich benommen, als wäre sie das Zentrum des Universums. Klar, das ist bei allen Sängern und Schauspielern so, aber sie hat wirklich geglaubt, dass sich alles um sie dreht. Wie wenn sie eine Mission zu erfüllen hätte.«
    »Und das war eine Veränderung

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