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Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby

Titel: Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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hatte den runden Schädel einer Bulldogge und sah aus, als wollte er sich gleich auf McFarland stürzen.
    Der Präsident bemerkte es nicht oder ignorierte es bewusst. »Die Antwort lautet: Nein. Tasia und ich waren zwei Jahre verheiratet. Bei unserer Scheidung war sie dreiundzwanzig. Meines Wissens wurde ihre bipolare Störung erst Anfang dreißig diagnostiziert.«
    Er suchte Blickkontakt zu den Anwesenden. »Ich habe die Pistole gekauft, bevor ich zum Dienst nach Übersee abkommandiert wurde. Ich wollte, dass sie in der Zeit ihres Alleinseins ein zuverlässiges Mittel zur Selbstverteidigung hatte.« Sein Ton wurde schärfer. »Und bevor Sie fragen: Mir ist nie eingefallen, die Waffe nach der Scheidung zurückzufordern. Die Pistole war als Schutz …« Seine Miene bröckelte. »… als Schutz gedacht.« Plötzlich schien ein grelles Licht über sein Gesicht zu zucken. »Schließen Sie sie in Ihre Gebete ein. Vielen Dank.«
    Damit drehte er sich um und verließ das Podium so schnell, als stünde der Saal in Flammen.
    Geistesgegenwärtig feuerte ein Reporter eine Frage ab. »Mr. President, haben Sie in jüngster Zeit mit ihr geredet?«
    Im Gehen hob McFarland die Hand. »Nein.«
    Ein anderer Journalist rief: »Wissen Sie, warum sie Ihre Waffe zum Konzert mitgenommen hat? Hat sie je von Selbstmord geredet, Mr. President?«
    Er schüttelte den Kopf und schritt durch die Tür.
    In der VIP-Suite löste sich das Gedränge um den Fernseher auf. Hinter Jo bemerkte ein Mann: »Den hat das Gewissen an der Gurgel.«
    Tang wandte sich um. »Ach, Mr. Lecroix.«
    Searle Lecroix stand an der hinteren Wand, die Hände in den Jeanstaschen vergraben, und starrte unter der Krempe
seines schwarzen Stetsons auf den TV-Monitor. »Auch jemand, der sie im Stich gelassen hat. Aber anscheinend weiß er es wenigstens.«
    Etwas Heiseres hatte sich in seinen gedehnten Singsang gemischt. Sein Gesicht wirkte angestrengt. Tasias Baby, ihr Mister Blue Eyes mit der goldenen Stimme, sah aus, als könnte er sich kaum noch auf den Beinen halten.
    Tang ging hinüber. »Ich wusste gar nicht, dass Sie noch da sind.«
    »Ich konnte doch nicht einfach abhauen, solange Tasia noch hier war«, antwortete er. »Draußen auf dem Feld, mit diesen ganzen Leuten, die an ihr herumzerren. Sie hat es verdient, dass wenigstens einer da ist, dem sie am Herzen liegt.« Er wurde leiser. »Was ist mit ihr passiert?«
    »Das wissen wir noch nicht.« Tang winkte Jo heran. »Das ist Dr. Beckett.« Tang erklärte, was Jos Fachgebiet war, und bat Lecroix, sich von ihr Fragen stellen zu lassen.
    »Sie wollen aus psychologischer Sicht über Tasia reden? Jetzt?«
    Jo schüttelte den Kopf. »Morgen oder übermorgen.«
    Er willigte ein und gab ihr seine Handynummer. »Werden Sie rauskriegen, wer dafür verantwortlich ist?«
    »Vielleicht können Sie uns dabei helfen.«
    Er nickte. »Sie fahren sie ins Leichenschauhaus. Ich muss los.« Er tippte mit dem Finger an die Hutkrempe. »Sie melden sich, Doctor.« Mit hängenden Schultern verließ er die Suite.
    Nach kurzer Pause sagte Jo. »Ich hatte die dritte Möglichkeit noch nicht erwähnt.«
    »Nur zu.«

    »Tasia wollte nicht sich erschießen, sondern jemand anderen. Aber ein Unbekannter im Gedränge der Fans ist ihr zuvorgekommen und hat zuerst abgedrückt.«
    »Jetzt glaubst du auf einmal, dass es jemand auf sie abgesehen hatte?«
    »Und du auf einmal nicht mehr?«, entgegnete Jo.
    »Ich weiß nicht. Ich meine, du hast doch ihr Lied gehört. ›Liar’s words all end in pain - Lügenworte enden alle im Schmerz.‹«

KAPITEL 9
    Tang setzte Jo vor ihrem Haus am Russian Hill ab und überreichte ihr einen dicken Briefumschlag.
    »Der Konzertmitschnitt, Fotos vom Schauplatz, Aussagen des Stuntman und der Bühnenleute. Und Tasias Aufnahme für den ›Fall eines Attentats‹.«
    Jo zögerte. »Die Waffe ihres Exmanns zu benutzen ist ein starkes Statement.«
    »Was du nicht sagst, Sigmund.« Tang deutete auf das Kuvert. »Find raus, was sie damit sagen wollte.«
    Grummelnd entfernte sich das Auto.
    Die Nachtluft war kühl. Die Straßenbahnschienen summten von den unterirdischen Geräten und Kabeln. Jo stieg die Vordertreppe hinauf.
    Ihr kleines Haus stand gegenüber einem Park, umgeben von größeren Gebäuden in Bauklötzchenfarben. Es war im viktorianischen Stil gehalten und hatte eisenrote Giebel. Der Vorgarten war ein taschenbuchgroßer, von Gardenien und Fliederbüschen gesäumter Grasfleck. Drinnen klangen ihre Doc Martens schwer auf

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