Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby

Titel: Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
Vom Netzwerk:
hörte Papier rascheln. »Ich habe gehört, dass Sie hartnäckig sind, Dr. Beckett. Aber manchmal ist es ein schmaler Grat zwischen Hartnäckigkeit und Obsession.«
    Nun war es an Jo zu schweigen. »Es ist eine Frage der Gründlichkeit. Diese Sorgfalt schulde ich meinem Auftraggeber, Ms. McFarland und ihrer Familie. Und angesichts der Reaktion der Medien sind eindeutige Ergebnisse auch entscheidend, um Gerüchten und Fehlinformationen den Nährboden zu entziehen.«
    »Sie wissen doch selbst, dass es in der Infotainment-Branche so etwas wie eindeutig nicht gibt. Und ab einem gewissen
Punkt wird aus der gründlichen Untersuchung ein Fischzug mit Dynamit. Dieser schmale Grat liegt manchmal auch zwischen Hartnäckigkeit und Rücksichtslosigkeit.«
    »Ich will dem Präsidenten nicht schaden, ich will nur die Wahrheit feststellen«, entgegnete Jo.
    In der folgenden, längeren Pause wurde Jo klar, dass sie sich in Lewickis Revier verirrt hatte. Sie hatte ihm direkt in die Hände gespielt wie ein Ringkampfgegner, der sich zu einem unvorsichtigen Manöver verleiten lässt und so seine vernichtende Niederlage heraufbeschwört.
    »Sie gehen wirklich gern Risiken ein«, sagte er. »In der Highschool sind Sie BMX- und Mountainbike-Rennen gefahren, wie ich höre. Als Johanna Tahari haben Sie ein paar ›Boulder-Wettkämpfe‹ - ist das der richtige Ausdruck? - gewonnen. Und in der Zeitschrift Outside gibt es ein nettes Foto von Ihnen beim Klettern im Yosemite. Freut mich, dass Sie die Gelegenheit zur Erholung in unseren Nationalparks nutzen, Doctor.«
    Das Peng wurde zu einem Baseballhagel.
    »Außerdem weiß ich, dass Sie Ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, um anderen zu helfen. Mein Beileid zu Ihrem schmerzlichen Verlust vor ein paar Jahren.«
    Die Hotellobby füllte sich mit einem Lärm wie von trommelndem Regen auf einem Blechdach. »Ich muss mit dem Präsidenten sprechen«, sagte sie. »Wenn das ein Risiko ist, bin ich schockiert.«
    Schmerzlicher Verlust. Wieso brachte der Scheißkerl Daniel ins Spiel? Risiken? Worauf wollte er hinaus?
    »Dann überzeugen Sie mich, dass es nötig ist«, antwortete Lewicki.

    »Tasia wurde vor ihrem Tod von einem Stalker verfolgt.«
    Stille.
    »Von einem besessenen Fan, der sie auf jeden Fall im Internet belästigt hat, möglicherweise auch in der Realität. Was mir dabei Sorgen macht, ist, dass in den Nachrichten dieser Person gelegentlich der Präsident erwähnt wird.«
    »Da müssen Sie sich an die Polizei und den Geheimdienst wenden.«
    »Schon passiert. Ich habe mit Agent Zuniga gesprochen.« Jo sammelte sich. »Die Ermittlungen laufen jetzt zweigleisig. Erstens geht es darum, die Umstände von Ms. McFarlands Tod festzustellen. Dazu muss ich ihre letzten Wochen rekonstruieren. Und um ihren psychischen Zustand einschätzen zu können, muss ich mit dem Präsidenten reden.«
    »Warum?«
    »Sie hat eine aufgenommene Botschaft hinterlassen. Darin bringt sie Angst um ihr Leben zum Ausdruck. Sie erwähnt den Präsidenten. Das ergab keinen Sinn, bis die Fotos von dem Hotel in Reston aufgetaucht sind. Auch jetzt ergibt es nur teilweise einen Sinn. Der Einzige, der die Sache erklären kann, ist Mr. McFarland.«
    Wieder langes Schweigen. »Ich melde mich bei Ihnen.«
    »Danke.«
    Das Klicken in der Leitung klang endgültig wie der letzte Schlag auf einen Nagel, der in einen Sargdeckel gehämmert wurde.
    Das hallende Stimmengewirr in der Lobby brandete heran. Jo steckte das Telefon ein. Unter ihren Füßen schwankte der Marmorboden. Sie hatte das seltsame Gefühl, dass sie sich mit diesem Anruf keinen Gefallen getan hatte.

    Benommen steuerte sie schließlich auf den Ausgang zu. Der Türsteher öffnete ihr, bevor sie den Griff berühren konnte.
    Draußen setzte sie die Sonnenbrille auf. Eine frische Brise fuhr ihr ins Haar. Über den blauen Himmel zogen Nebelfäden. Eine mit Büroangestellten und Touristen vollbesetzte Straßenbahn rollte heran. Der Bremser zog am Hebel. Als sie vorbei war, bemerkte sie den Fotografen auf der anderen Straßenseite. Seine Kamera hatte den Eingang des St. Francis im Visier und erfasste Jo.
    Kurz darauf nahm er den Fotoapparat herunter. Starrte. Als sie nicht wegschaute, zog er eine Schachtel Zigaretten aus der Hemdtasche und drehte sich um, um sich eine anzuzünden.
    Auf dem Gehsteig schwirrten die Leute an Jo vorüber. Der Verkehr dröhnte, und in den Windschutzscheiben blitzte die Sonne. Jo wandte sich nach Süden Richtung Market Street, ohne den Fotografen aus den

Weitere Kostenlose Bücher