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Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby

Titel: Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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Augen zu lassen. Er spähte über die Schulter zum St. Francis, nahm sein Handy heraus und sprach hinein.
    Sie hastete weiter. Der Fotograf blickte die Straße hinauf und hinunter, wie um herauszufinden, wohin sie verschwunden war.
    Vielleicht war Paranoia ansteckend.
    An der Ecke stoppte sie und wartete in der Menge auf Grün. Um den Platz ragten hohe Gebäude auf. In der Innenstadt herrschte brodelnde Aktivität. In einem Umkreis von achthundert Metern drängten sich Chinatown, die Wolkenkratzer des Bankenviertels und die Suppenküchen des Tenderloin. Es musste ein Alptraum sein, den Präsidenten in diesem dichten Gewimmel zu beschützen.

    Bei K.T. Lewickis unheimlicher Aufzählung aus ihrer Vergangenheit hatte es in ihren Fingerspitzen gekribbelt, als hätte sie eine Nadel in eine Steckdose gehalten. Sie konnte es nicht als Drohung bezeichnen. Nichts war offen ausgesprochen worden. Trotzdem war die Warnung unmissverständlich.
    Mach einen Rückzieher. Erkläre Tasias Tod zum Unfall.
    »Arschloch«, zischte sie.
    Die Ampel sprang auf Grün. Umringt von Menschen wechselte sie auf die andere Seite der überfüllten Kreuzung. Zwischen den Gebäuden flirrten Sonnenstrahlen, und der Wind strich über ihre Haut.
    Tasia konnte nicht mehr für sich sprechen. Aber vielleicht konnte es jemand anders. Sie rief Ace Chennault an, Tasias Geist.
     
    Auf dem Union Square drückte Keyes das Telefon ans Ohr und wandte sich ab, um den Lärm der Salsaband abzublocken.
    Ivory meldete sich. »Was Neues?«
    »Gerade ist die Polizeipsychiaterin aus dem St. Francis gekommen.«
    »Bist du sicher?«
    »Ich hab sie fotografiert. Schreib Paine eine E-Mail. Sag ihm, sie hat sich mit Searle Lecroix getroffen.« Er setzte sich in Bewegung. »Ich schick ihm die Fotos innerhalb der nächsten halben Stunde.«
    Damit klappte er das Handy zu.

KAPITEL 27
    Ace Chennault war aus dem Krankenhaus entlassen worden, und Jo vereinbarte ein Treffen bei einem Kaffee in der Nähe des Verwaltungszentrums. Sie schlug einen flotten Schritt an.
    Die direkte Route zwischen den protzigen Designerläden am Union Square und dem riesigen Civic Center führte Jo durch die Halbwelt des Tenderloin. Das Viertel begann abrupt. Unter blauem Himmel, die ultramodernen Hotels und Wolkenkratzer nur einen Block entfernt, schien auf einmal der Straßenverkehr zu versiegen. Über die Gehsteige schlurften magere Männer in herunterhängenden Jeans und Rollmützen. Weiße. Schwarze. Sie hatten kaum Zähne. Zu den wenigen Fahrzeugen in der Umgebung gehörten ein heruntergekommener Pick-up und ein elektrischer Rollstuhl, in dem ein Herr mit buschigem weißem Bart saß, der sein Bandana im Seeräuberstil über den Pferdeschwanz gebunden hatte.
    Jo trabte über eine Straße und umklammerte ihre Umhängetasche. Weiter vorn an der Ecke kam ein Mann mit schief sitzender Pilotensonnenbrille vorbei, seine Hände baumelten zuckend herab.

    »Vicodin, Vicodin«, leierte er.
    Jo eilte vorbei.
    »Hey, Baby. Vicodin.«
    Nein danke. Die Küche des St. Anthony Dining Room würde wohl gleich öffnen. Vor den Türen standen Menschen hinter Seilen Schlange, die um den ganzen Block liefen, als wäre die Mission ein angesagter Club. Auch das Islamic Center auf der anderen Straßenseite hatte auf, doch der Gehsteig davor war leer. Anscheinend waren die Speisen der Katholiken beliebter.
    Sie passierte ein billiges Hotel mit leuchtender Neonschrift. Vor der Tür schrubbte ein Angestellter mit einem Eimer Seifenwasser und einem Bodenwischer den Gehsteig. Dem Namenszug fehlten mehrere Buchstaben. THE MORAL flackerte an und aus. Jo war sich nicht sicher, ob sie es als Versprechen oder als Warnung begreifen sollte.
    Nach einigen Blocks landete sie auf dem breiten Platz, der zum Verwaltungszentrum führte. Wie Strömungen an einem Strand verliefen sich die Bewohner des Tenderloin allmählich. In der Ferne leuchtete die goldene Kuppel der City Hall. Auf dem Platz fand gerade ein Antiquitätenmarkt statt. Sie steuerte auf das Federal Building zu und hielt nach dem Starbucks Ausschau, da rief eine Männerstimme ihren Namen.
    »Hier.«
    Ace Chennault winkte ihr von einer Bank in einiger Entfernung. Als sie sich näherte, hielt er eine Tasse Kaffee hoch. »Ich wusste nicht, wie Sie ihn wollen, also hab ich ihn schwarz genommen.«
    Sie setzte sich neben ihn. »Danke. Wie geht es Ihnen?«

    Er zuckte die Achseln. Sein gebrochener Arm hing in einer Schlinge. Die Nähte krochen über seine Kopfhaut wie ein verkrusteter

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