Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby
Fernsehmonitor. »Dieses Auto. Der Geländewagen.«
In der San Franciscoer Niederlassung des Senders saßen sie und ein Nachrichtenleiter in einem Schneideraum und sahen sich die Aufnahmen an, die der Kameramann vor dem Haus der Polizeipsychiaterin gemacht hatte. Der Nachrichtenleiter drückte auf Pause. Das Standbild zeigte den schwarzen Nissan 4Runner, der sich von Edie und den anderen Medienvertretern entfernte.
»Und?«, fragte der Nachrichtenleiter.
Edie wedelte vor dem Bildschirm. »Die Seelenklempnerin ist mit dem Typen mitgefahren. Wir müssen ihn aufspüren, dann sind wir allen anderen einen Schritt voraus, wenn wir ihr das nächste Mal Fragen stellen wollen.«
»Hast du versucht, sie über die Pressestelle des SFPD zu erreichen und ein Interview mit ihr zu kriegen?«
»Tranh, die Polizei wird uns nie mit ihr reden lassen. Und jetzt ist sie gewarnt. Sie wird sich hüten, irgendwas Aufschlussreiches zu sagen.«
»Gehört das nicht zu ihren Aufgaben?«, fragte der Nachrichtenleiter. »Dass sie die Dinge vertraulich behandelt?«
Edie setzte sich neben ihn. »Sie hat gelernt, nichts zu verraten, was ihr ihre Patienten erzählen. Aber das ist nur die bewusste Seite. Wir müssen auf ihr Unbewusstes einwirken. Sie aus der Reserve locken. Das ist doch das Schöne an unserem Job.«
»Und wozu?«
Edie riss die Hände hoch. »Soll das ein Witz sein? So eine Story kriegen wir so schnell nicht wieder. Da dürfen wir nicht lockerlassen.« Sie zeigte auf den Monitor. »Diese Psychiaterin weiß, was da läuft. Und sie verbirgt es vor der Öffentlichkeit. Als Journalisten haben wir die Aufgabe, es ans Licht zu bringen.«
»Die Öffentlichkeit hat ein Recht, informiert zu werden.«
»Komm mir bloß nicht mit diesem postmodernen Sarkasmus.« Sie rückte mit ihrem Stuhl näher an Tranh heran und senkte die Stimme. »Schau dir den Wagen an. Attraktiver junger Typ am Steuer, wahrscheinlich ihr Lover. Sie bleibt bestimmt in seiner Nähe.« Sie ruckte mit dem Kinn. »Geh mal ein paar Bilder weiter.«
Als Tranh den Film laufen ließ, tippte Edie mit einem abgebissenen Nagel auf den Monitor. »Halt. Das da. Hast du gesehen?«
Tranh drückte auf Stopp. Edie zeigte auf den Geländewagen. Am Rückfenster war ein Aufkleber zu erahnen. Ohne dass sie ihn lange bitten musste, zoomte Tranh ihn heran.
»Ist doch interessant«, stellte sie fest.
»› Mein Kind besucht die St. Ignatius School‹ ?«
»Nein, der andere. Irgendwas Militärisches.«
Er fummelte an der Einstellung herum. »›Air National Guard. Moffett Field‹.«
»Vielleicht gibt’s da sogar eine Verbindung zur Regierung«, sinnierte Edie.
Diesmal machte sie sich gar nicht mehr die Mühe, sich über sein spöttisches Grinsen zu beschweren. Er wusste, dass er auf der Verliererstraße war. Sie war eine aufsteigende Reporterin, und wenn sie die Story so anpacken wollte, konnte er sie nicht daran hindern.
»Aber es muss sich lohnen«, mahnte er. »Wir brauchen eine seriöse Berichterstattung.«
Sie lächelte. »Prima. Jetzt zoom noch mal auf das Kennzeichen.«
Tranh folgte ihrer Aufforderung.
Immer noch lächelnd, rief Edie ihren Rechercheassistenten an. »Such mir bitte jemand bei der Kfz-Behörde in Kalifornien, der ein Nummernschild überprüfen kann. Wer und wie, ist mir egal, aber besorg mir den Namen und die Adresse des Fahrzeughalters.«
Sie beendete das Gespräch. »Das wird dir bestimmt nicht leidtun, Tranh.«
»Das will ich hoffen.«
KAPITEL 33
Ferd tippte auf Jos Notebook und biss sich nachdenklich auf die Wange.
Auf seinem Telefon las Jo die laufende Blog-Diskussion zwischen Ferd, seinen diversen Sockenpuppen und Archangel X.
Talentiert, zugegeben. Tasia konnte singen. Aber das kann auch ein Buckelwal oder eine Fabriksirene. Und diese beiden sind keine Schlampen. Tasia hat die Beine für die Hälfte der männlichen Bevölkerung im Westen der USA breitgemacht. Sie war so gierig, dass für die anderen Frauen im Land niemand mehr übrig war.
Ferd antwortete: Soll das jetzt ein politisches Statement sein?
Archangel X: Gier und Unersättlichkeit SIND politische Statements. Eigentum ist politisch. Horten ist politisch. Ausgrenzung ist politisch. Tasia hat Trophäen gesammelt, hat sie gehortet, hat eine vollkommen binäre Grenze geschaffen. Drinnen oder draußen. Einige haben sich eine Zeit lang täuschen lassen, sich sogar als Fans verstanden. Aber sie hat uns alle reingelegt .
Dann, weiter unten: Dieser ganze Scheiß ist doch völlig
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