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Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby

Titel: Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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den Fingern zurück in den Gummi um ihren Pferdeschwanz zu schieben. Wie sollte sie vorgehen? Wie konnte sie vorgehen? Sie gehörte nicht hierher.
    Auf einmal spürte sie einen brennenden Schmerz in der Brust. Sie hatte Searle vor Tasia gewarnt. Sie hatte ihm geschrieben - immer sanft, weil sie ihn für eine sanfte Seele hielt. Und immer war es ihr darum gegangen, ihn zu schützen. Er brauchte Hilfe. Und auch er hatte sie gewarnt mit seinen Songs und Nachrichten. Schsch. Verrat es niemandem, meine ewige Liebe. Tasia ist gefährlich.
    Deshalb hatte sie ihre E-Mail-Kampagne auf Tasia konzentriert. Um die Schlampe loszuwerden und Searle die schmerzliche Wahrheit zu ersparen. Für die meisten Menschen war die Wahrheit zu hell, zu schrecklich, zu heilig. Sie wollte ihn vor sich selbst retten. Warum sonst hätte sie den Namen Archangel X als ihre Online-Identität benutzen sollen? Sie war Michael genannt worden, nach Sauls Tochter Michal in der Bibel, aber sie fühlte größere Nähe zum Erzengel Michael, dem Beschützer der Unschuldigen.
    Sie hatte geglaubt, dass Searle nach Tasias Tod zur Einsicht gelangen würde. Seine Texte sprachen zu ihr. Seine Nachrichten waren geprägt von Reinheit und Verständnis, von einem Wissen um ihre geheimsten, innersten Wahrheiten, das nur für sie bestimmt sein konnte. Ihre Schönheit und Kraft und
Searles Leidenschaft, wenn er sang, überzeugten sie davon. Sie kannte sie alle auswendig. Sei ruhig und vorsichtig. Sie hörte das Besondere daran. Verrat mich nicht, sag kein Wort. Besondere Nachrichten, gesungen für den Engel, dessen Herz er berührt hatte. Erzähl niemandem von unserer Liebe.
    Sie wusste, warum er diese Worte für sie sang. Die eigentliche Botschaft musste er nicht aussprechen: Weil Tasia sonst zwischen uns kommen und alles verderben wird.
    Und am Tag des Triumphs, als Tasia leblos mit einer blutigen Schusswunde dalag, hatte Petty die Gewissheit, dass Searle sich endlich ihr zuwenden würde. Sie rechnete damit, dass er ihr für die Beileidsbekundungen danken würde, die sie an seine Website sandte. Aber er hatte ihr nicht geantwortet. Kein einziges Mal. Stattdessen hatte er einen Song für Tasias Trauerfeier komponiert.
    »Angel, Flown.« Wie die Flamme einer Fackel wirbelte die Hitze um Petty. Searle hatte der ganzen Welt gezeigt, was er fühlte. Er hatte Tasia als seinen Engel bezeichnet. Und Noel Michael Petty hatte er ausdrücklich, persönlich und schmählich zurückgewiesen. Es war eine vorsätzliche Ohrfeige, die noch immer brannte.
    Sie blies Luft durch die Nase, um die Tränen aufsteigender Wut zu unterdrücken. Nein, sie gehörte nicht hierher. Die ganze Welt hatte sich verschworen, um sie auszugrenzen. Aber so einfach ließ sie sich nicht unterkriegen. Wie sonst hätte sie herausgefunden, dass Searle hier wohnte?
    Sie schritt durch die Lobby, vorbei an Touristen mit Stadtplänen, an Geschäftsleuten, die Kaffee aus kleinen Tässchen schlürften, an Frauen mit Diamentschmuck, zum Empfang.
    »Ich möchte einen Gast anrufen.«

    Jo wich einer Touristenfamilie aus, die für ein Foto posierte, und erreichte schließlich den Union Square. Die sonnenbeschienenen Bäume auf dem Platz zitterten im Wind.
    Ihr Telefon piepte. »Hab im St. Francis angerufen und eine Nachricht für Lecroix hinterlassen«, meldete Tang. »Hast du seine persönliche Nummer?«
    »Nur vom Handy. Antwortet er nicht?«
    »Deswegen hab ich es so eilig.«
    Jo sprintete weiter. Am westlichen Ende des Platzes dominierte das St. Francis die Szene.
    »Ich bin in einer Minute dort«, ächzte sie.
    »Wenn du Petty siehst, bleib weg von ihr. Alarmiere den Sicherheitsdienst des Hotels. Ich brauche noch fünf Minuten.«
    Jo hatte keine Ahnung, wie lang diese fünf Minuten werden sollten.
     
    Die Stereoanlage der Suite war voll aufgedreht. Die Wände des Hotels waren dick, und Lecroix hatte einen leichten Hörschaden in den Höhen. Als er die Dusche abstellte, hörte er das Telefon.
    Mit einem Handtuch um die Hüften trat er aus dem Bad, gefolgt von wirbelndem Dampf, und nahm am Nachttisch ab.
    Die Rezeption war dran. »Mr. Lecroix, Sie haben eine Besucherin, die zu Ihnen raufkommen möchte. Vienna Hicks.«
    Lecroix wischte sich mit dem Handgelenk Wasser aus den Augen. »Eine stattliche Dame, wahrscheinlich mit traurigem Gesicht?«
    »Genau, Sir.«

    Im Hintergrund hörte er eine Frauenstimme. »Ich hab ein paar Sachen von Tasia für ihn.«
    »Mr. Lecroix, sie …«
    »Ich hab’s gehört. Schicken Sie sie

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