Die Capitana - Roman
Von Antonio Guerrero hast du viel gelernt.
Was für eine große Freude bereiteten ihr ihre Freunde beim POUM mit diesem Flugbillett Marseille – Barcelona, dank dessen die Entfernung zusammenschmolz. Von dort weiter auf der Landstraße, und in ein paar Stunden würde sie in Madrid sein.
Antonio Guerrero hatte bereits einige Schlachten geschlagen und einen exzellenten Ruf, als er nach Madrid kam. Seine Milizionäre respektierten und achteten ihn. Oberstleutnant Ortega, der Gebietskommandant, trug ihm auf, seine Leute auf den Aufbruch am frühen Morgen vorzubereiten; der Frontabschnitt war riskant, warnte er ihn, voraussichtlich würde sich Mika Etchebéhère ihrer Kolonne anschließen, sie würde noch am selben Abend nach Madrid kommen.
Guerrero hatte die Kameraden vom POUM schon von dieser Ausländerin reden hören, der es gelungen war, die Belagerung von Sigüenza zu durchbrechen. So klug und unerschrocken wie niemand anderes, hatte Juan gesagt, und Quique: hart und herzlich, und unwahrscheinlich mutig.
Sie wird eine große Hilfe sein, dessen war Kommandant Ortega sich sicher, und nicht nur, um sich um Nachschub zu kümmern und die Moral der Männer zu heben.
Antonio wollte in seiner Einheit keine Frauen, so fähig sie auch waren, Frauen brachten nur Schwierigkeiten, und der Kommandant hatte doch gesagt, sie stünden in vorderster Linie, gab er zu bedenken, er und seine Männer hätten andere Sorgen, als auf Frauen aufzupassen.
Oberstleutnant Ortega sagte nichts, er sah ihn nur fest an.
Antonio Guerrero war kein ausgebildeter Militär, der es gewohnt war zu gehorchen, sondern ein Schafhirt im Kampf. Und er tat verdammt noch mal, was ihm passte. Aber er wollte keine Worte mehr verschwenden und sich auch nicht mit einem Kommandanten der Republik anlegen, mit den Faschisten hatte er schon genug. Es stand noch nicht fest, ob diese Mika überhaupt zurückkäme und dann auch noch in seine Einheit. Er würde ihr Angst machen, so viel Angst, dass sie in Madrid im Quartier bleiben würde, dort könnte sie den Nonnen Gesellschaft leisten, die die Seite gewechselt hatten, oder mit den Kameraden vom POUM , die von ihr so eingenommen waren, über Politik plaudern.
Kälte, Schneereste und die Madrider Mittagssonne, die unbarmherzig auf zerfetzte Pferdeleiber schien, denen der Wagen des POUM ausweichen musste, verbrannte Möbel, brennende Häuser, Trümmer, Tragen, Verwundete. Frauen und Kinder, die Steine herbeischleppten, um Barrikaden zu errichten. Madrid lag offen da, ausblutend nach allen vier Seiten. Mika wäre am liebsten sofort in die Schlacht gezogen, wollte nicht erst einen Tag im Quartier pausieren, nachdenken, sich die entmutigenden Kommentare ihrer spanischen Kameraden anhören, die in dieselbe Richtung gingen wie die in La Grange: Die Milizen des POUM haben das Recht, für ihre eigene Sache zu kämpfen und zu sterben, aber man weiß nicht, wie lange noch, die Kommunistische Partei wird darauf bestehen, dass unsere Organisation geopfert wird.
Immer wieder die Politik der Kommunistischen Partei, wie ein bedrohliches Gespenst. Über Jahre hast du dir immer und immer wieder dasselbe anhören müssen, in Argentinien, in Frankreich, in Deutschland und jetzt in Spanien. Du warst es satt. Aber es war Bürgerkrieg und darum nicht dasselbe. Du konntest die Folgen dessen, was im Gange war, nicht abschätzen, die sehr viel schwerwiegender sein würden als damals, als ihr die Gründungsversammlungen der Kommunistischen Arbeiterpartei abgehalten und die erste Ausgabe der Zeitschrift Chispas zusammengestellt habt.
13. Kapitel
Patagonien, 1926
Sie hatte sich vorgenommen, noch am Abend mit Hipólito zu reden, aber das Treffen der Kommunistischen Arbeiterpartei zog sich bis spät in die Nacht, und danach fielen sie wie erschlagen ins Bett. Mika konnte sich nur schwer auf diese Diskussion über die neue Politik der Kommunistischen Partei und deren schlimme Folgen konzentrieren, immer wieder kehrten ihre Gedanken zu dem Gespräch mit Hipólitos Arzt zurück.
Sie hat die ganze Nacht kein Auge zugetan, schon scheint das erste Licht durch das Fenster ihres Zimmers in der Calle Talcahuano. Die Feuchtigkeit der Mauern kriecht unter die Laken, Mika kämpft, mit den Beinen strampelnd, dagegen an. Sosehr sie Buenos Aires liebt, so sehr hasst sie die Feuchtigkeit. Für Hipólito ist sie gar nicht gut. Mika schmiegt sich an seinen schlafenden Körper, um ihn zu wärmen. Wie dünn er ist. Durch seine durchscheinende Haut zeichnen
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