Die Capitana - Roman
hatte, sie in diesem Krieg zu beschützen. Er verwirrte sie, machte ihr Angst. Und er gefiel ihr.
Mika hat seinen Spott nicht verstanden, denkt Antonio Guerrero, im Gegenteil, sie hat ihm auch noch erwidert, er soll sich um sie keine Sorgen machen, dass sie eine Milizionärin ist wie alle anderen. Als ob er auch nur daran dächte, sich um sie zu kümmern!
Er hat nicht verhindern können, dass diese Frau sich seiner Kolonne angeschlossen hat, aber er wird verhindern, dass alle nach ihrer Nase tanzen, wie sie es gewöhnt zu sein scheint, vorhin hat er sie einen Flamencosänger fragen hören, ob er mit der Gitarre an die Front geht, und es hat ihn mit Genugtuung erfüllt, als der Mann ihr zurückgegeben hat, dass er seine Gitarre überallhin mitnimmt und dass sie ihm nichts vorzuschreiben hat, denn sie haben schon einen Chef. Und Mika: Das hatte sie auch gar nicht vor, es war nur eine Frage.
Aber jetzt, auf dem Weg zur Front, sieht Antonio sie die ganze Zeit miteinander reden wie die dicksten Freunde, er meint, sie lachen zu sehen, aber er hält lieber Abstand. Er beobachtet, wie sie zwischen den Männern hin und her geht, bei ihnen Anschluss sucht.
Antonio ist überrascht, wie klein Mika ist, nach dem, was man ihm erzählt hat, hat er sie sich viel größer vorgestellt, stämmig wie diese Nordländerin, die er in Madrid kennengelernt hat, mit Bart über den Lippen, eine Mannfrau. Aber nichts dergleichen, sie ist klein, schmächtig. Was sie so anziehend macht – denn hübsch im eigentlichen Sinne ist sie nicht, urteilt Antonio –, sind diese leuchtenden Augen, ihr strahlendes Gesicht, ihre Anmut, wenn sie irgendwo auftaucht, und ihr entschlossener Schritt. Aber genug jetzt. Der Mann, der ihnen den Weg weist, zeigt an, dass sie an dem Ort angekommen sind, an dem sie ihre Stellung aufbauen sollen.
Sie sind in Moncloa vor dem Modelo-Gefängnis. Die Kolonne vor ihnen ist abgezogen.
Sie müssen Munition zählen, die viel zu flachen Schützengräben ausheben, die Seitenwände stabilisieren. Her mit den Schaufeln, graben.
Es müssen erhöhte Stände für die Sprengmeister und Granatenwerfer gebaut werden. Zum Glück gibt es außer ihm noch einige Schafhirten mehr, die Schleuder, die man zum Zurückholen der aus der Herde ausgebrochenen Schafe verwendet, eignet sich hervorragend zum Werfen von Granaten. Ein paar Maschinengewehre. Spanische, mexikanische, tschechische Karabiner. Antonio zeigt seinen Männern, wie man das Gewehr halten muss, um es vor dem Schlamm zu schützen.
»So?«, unterbricht eine Frauenstimme seine fachmännischen Anweisungen, Antonio reagiert gereizt.
»Du nicht« – sie hebt an, etwas zu sagen, doch er fährt ihr über den Mund. »Du wirst die Verbindung zum Befehlsstand sein.« Prompt ist die Frau aufgesprungen und hört ihm aufmerksam zu. »Er befindet sich dreihundert Meter entfernt in einem Wohnhaus. Du gehst mit Anselmo.«
»Ich brauche keinen Schutz. Ich kann allein gehen, oder ich bleibe hier bei euch.«
»Du hältst das, was ich dir anbiete, wohl doch nicht für einen Spaziergang, auf der Straße ist es viel gefährlicher als hier. Wenn du dich nicht traust, lässt du es bleiben, du bist zu nichts gezwungen.« – Sie beißt sich auf die Lippen, ruhig zuzuhören fällt ihr schwer. »Dass du mit Anselmo gehst, will ich nur aus einem Grund: Wenn sie einen von euch beiden töten, kann der andere noch die Nachricht überbringen. Verstanden?«
In Mikas Augen blitzt all die Wut, die sie hinunterschluckt.
»Verstanden«, murmelt sie endlich und sieht ihn noch immer an. »Compañero, was gibt es zu essen?« Ihr ist sehr unwohl dabei, aber sie fragt noch einmal: »Was sollen wir essen?«
Daraufhin Antonios spöttisches Lächeln: Möchte sie von ihm ein Menü serviert bekommen wie in einem französischen Restaurant? Doch kaum hat er das gesagt, bereut er es, Essen ist wichtig, auch wenn kaum einer daran denkt, das hat er an der anderen Front schon erlebt. Im Quartier hat er von einem Milizionär gehört, der mit Mika in Sigüenza war, dass er in seinem ganzen Leben noch nicht so gut gegessen hat wie im Haus des POUM .
»Konservendosen, nehme ich an.« Er schlägt einen milderen Ton an. »Vielleicht gibt es eine Feldküche, das weiß ich nicht. Beschaff uns doch, was du meinst.«
»Als Erstes bitte ich dich um Erlaubnis, Geld einsammeln zu dürfen, für Getränke: Cognac, Schnaps, Wein. Wenn wir an vorderster Linie stehen, sollten wir für ausreichend Vorrat sorgen. Alkohol betäubt die
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