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Die Capitana - Roman

Die Capitana - Roman

Titel: Die Capitana - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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verächtlich an, sie streckt ihm die Zunge raus, das alles ganz schnell, und dann sieht sie sich nach ihren Beschützern um. Auch der Nazi hat seine Leute im Hintergrund. Beide Grüppchen gehen ein paar Schritte aufeinander zu, blicken sich hasserfüllt an, das ist alles.
    »Jetzt siehst du, warum man von ›deutscher Disziplin‹ redet«, sagt Mika und kichert.
    Das ist mehr als Disziplin, denkt Hipólito, in diesen Tagen handelt jeder politisch aktive Mensch in Deutschland, sei es nun ein Kommunist, Sozialist oder Nazi, in dem Bewusstsein, eine Partei hinter sich zu haben.
    Das sagt er am Nachmittag zu Kurt Landau, dem österreichischen Parteimann, von dem die Rosmers ihnen so viel Gutes erzählt haben. Alfred hat Kurt in einem Brief die Etchebéhères angekündigt und ihn gebeten, ihnen den Anfang in Berlin zu erleichtern und sie in die politischen Kreise einzuführen.
    Noch ehe Kurt und seine Frau Katja ihnen irgendwelche Vorschläge machen können, stellt Mika mit ihrer zugleich sanften und resoluten Art klar: Sie haben beschlossen, sich im Viertel um den Alexanderplatz einzuquartieren, ob sich dort ein Zimmer zur Miete finden ließe?
    Wenn Hipólito nicht wüsste, dass sich hinter Mikas Launen immer ein Grund verbirgt, wenn sie nicht so eine entwaffnende Art hätte, sich durchzusetzen, wenn er sie nicht so sehr lieben würde, vielleicht würde er ihr dann diese Worte nicht durchgehen lassen, sie hat sich noch nicht einmal angehört, was die Landaus für sie vorgesehen haben. Auch Katja lacht nur: Sie wird tun, was sich machen lässt, um ihr ihren Wunsch zu erfüllen. Sie will mit den Schwartz reden, die ganz in der Nähe vom Alexanderplatz wohnen und ein Zimmer vermieten.
    Bei Tee und einem vorzüglichen Apfelstrudel liefert Kurt ihnen in sehr ordentlichem Französisch eine Analyse der jüngsten Ereignisse. Hipólito pflichtet ihm bei: Die Haltung der Komintern ist unsinnig, und auch gefährlich, die Sozialdemokratie als Feind hinzustellen bedeutet, den Nationalsozialismus zu verharmlosen und letztlich zu unterstützen. Katja, auf Deutsch: Sie hat sie sagen hören, wir haben keine Angst vor einer Regierung der Nazis, sie wird schneller stürzen als jede andere, und dann sind wir an der Reihe. Mika daraufhin: Seit einiger Zeit schon richtet sich die Komintern nicht nach den Interessen der Völker, sondern Russlands, sie agiert an den Ereignissen vorbei.
    Vom ersten Treffen an wussten wir uns zu schätzen. Wir verständigten uns auf Französisch und Deutsch mit spanischen Einsprengseln, schon bald allerdings tauchten wir in die reiche deutsche Sprache ein, denn schließlich wollten wir begreifen, was um uns herum geschah.
    In dem Deutschland von damals, dessen mächtige Arbeiterorganisationen unsere Hoffnungen geweckt hatten und dessen bittere Niederlage wir würden mit ansehen müssen, bildete sich unsere Freundschaft heraus. Eine der schönsten und dauerhaftesten meines Lebens.
    Kurt Landau war einer der Gründer der österreichischen Kommunistischen Partei, später, als er sich Trotzkis Position anschloss, neben Andreu Nin, Alfred Rosmer und Leon Sedov einer der führenden Köpfe der internationalen linken Opposition, außerdem zeichnete er verantwortlich für die Schrift Der Kommunist . Trotzki war es auch, der Landau von seinem türkischen Exil aus bat, nach Berlin zu gehen und sich um die Vereinigung der linken Oppositionsgruppen zu kümmern, obwohl Kurt Landau 1931, ein Jahr vor unserer Ankunft, genau wie Rosmer in Frankreich, von Trotzki abgerückt war und seine eigene Gruppe, Wedding, gegründet hatte. Doch während Rosmer seine Freundschaft zu Trotzki aufrechterhielt, legte Landau sich ernsthaft mit ihm an, in einigen hitzigen Artikeln, die er während des Spanischen Bürgerkriegs unter den Pseudonymen Spectator und Wolf Bertram schrieb. Kurioserweise habe ich in den vielen Jahren, die ich sie überlebt habe, immer wieder die Bezeichnung Trotzkist für Kurt gelesen. Ihnen allen hätte ich den Brief zu lesen geben müssen, den Katja mir aus Barcelona geschrieben hat. Auch von den Rosmers, von Hipólito und mir, von Andreu Nin und anderen heißt es immer wieder, wir seien Trotzkisten gewesen, was insoweit stimmt, als wir Trotzki bewunderten, doch das hieß nicht automatisch, dass wir einer trotzkistischen Gruppe angehörten. Einige traten solchen Gruppen bei – Nin, Rosmer, Landau – und trennten sich später wieder von ihnen, andere, wie Hipólito und ich, sind nie so weit gegangen. Die kommunistische

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