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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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stürzen ab und mit ihnen alles, was von
ihnen abhängig ist: die Verkehrskontrolle, die
Flugüberwachung, die Flugzeugsteuerungen, die industriellen
Fertigungsprozesse, die Lagerverwaltung, die Telekommunikation
und die Stromversorgung. Mit der vorhersehbaren Logik von in die
Enge getriebenen Menschen plündern sie die Supermärkte
mit den plötzlich ausgefallenen Tiefkühltruhen, bevor
alles verdirbt, plündern sie die Läden, ehe es dort
nichts mehr zu holen gibt, bewaffnen sich, bevor sie ausgeraubt
werden, strömen auf die Straßen und flüchten in
die Dörfer, ehe jemand anders auf den gleichen Einfall
kommt, und stellen überrascht fest, dass alle anderen das
Gleiche tun wie sie.
    Wir haben ebenfalls Probleme, steuern alles manuell oder
mithilfe von Backups oder Notsystemen. Unsere Computerprogramme
sind Schrott, die Viren haben die Systeme kurzgeschlossen, die
Speicher gelöscht, die Maschinen verkrüppelt…
doch unsere automatischen Systeme sind robust, sie sind
zusammengestoppelt und wurden so häufig umgebaut, dass nur
mechanische Gewalt sie lahm legen kann. Wir haben noch Atemluft
und Proviant.
    Die Menschen am Boden sind viel schlimmer dran. Paradoxerweise
haben sie sich viel stärker auf ein Netzwerk
künstlicher Organisation verlassen als wir. Lagos exportiert
vor allem Finanzdienstleistungen, womit es mehr verdient als mit
den schwindenden Ölreserven. Damit ist jetzt Schluss.
    Die Lage der Menschen in den Straßen, die ich hilflos
beobachte, ist viel schlechter, als ihnen gegenwärtig
bewusst ist. Sie haben keine Hilfe zu erwarten, denn überall
sieht es ähnlich aus. Mit unheimlicher, gespenstischer
Gewissheit weiß ich, dass ein sehr hoher Prozentsatz dieser
Menschen bereits tot ist, so mausetot, als wandelten sie –
wie es in diesem Moment in anderen Städten nicht wenige
Menschen tun – in den elliptischen,
tränenförmigen Fallout-Zonen der durchgegangenen
Atomreaktoren.
    Das Luftschiff stößt gegen einen Nanoturm, und der
Bildschirm wird schwarz.
    *
    Die Tür des Helikopters öffnet sich erneut, und
Reporter stürzen heraus und beginnen umherzuwimmeln, wie
Reid es angekündigt hat. Ich hatte geglaubt, er habe seine
Bemerkung wörtlich gemeint, doch das war ein Irrtum. Die
›Reporter‹ waren kleine Hubschrauber, ausgestattet
mit Mikrofonen, Kameras und Lautsprechern; einige waren sogar
imstande, das Hologramm eines Menschen zu projizieren, der die
Fragen aus dem Lautsprecher lippensynchron wiedergab.
    »Wenn Sie erst einmal Kontakte haben«, versicherte
mir Reid, »wirken sie richtig körperlich.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich welche will«,
erwiderte ich.
    Ich versammelte das Team um mich, dann stellten wir uns
gemeinsam den Kameras und Mikrofonen. Boris und Jaime hatten den
grundlegenden Informationsbedarf anscheinend schon gestillt; die
meisten Fragen, die man mir stellte (und man fragte vor allem
mich, da ich in den hiesigen Medien als Sprecherin der Expedition
bezeichnet worden war), waren eher nebensächlicher
Natur.
    »Sie scheinen überrascht, uns zu sehen, Miss
Ngwethu«, sagte ein geisterhafter Jugendlicher, der nur
wenige Meter von mir entfernt war. »Gibt es im Sol-System
keine Avatare und Projektionen?«
    »Selbstverständlich«, antwortete ich.
»Aber wie Ihnen schon zu Ohren gekommen sein dürfte,
haben wir wegen der Schnelldenker Schwierigkeiten mit der
elektronischen Kommunikation. Doch selbst wenn dem nicht so
wäre, bezweifle ich, dass wir sie zur – wie sagen Sie
noch gleich? – zur Nachrichtengewinnung einsetzen
würden. Wir machen nur beschränkten Gebrauch von ihnen,
zum Beispiel bei der Überwachung gefährlicher
Umgebungen und so weiter.«
    »Wie kommen Sie dann an Nachrichten? Müssen die
Reporter persönlich vor Ort erscheinen?«
    »Bei uns gibt es keine Reporter im eigentlichen
Sinn«, sagte ich. »Das heißt, ein paar Leute
geben Newsletter heraus und speisen Nachrichten in die
entsprechenden Kanäle ein, aber eigentlich schert sich
niemand groß darum.«
    »Aber wie…?« Der Reporter war einen Moment
sprachlos. »Woher wissen Sie dann, was vorgeht?«
    »Ach, das meinen Sie! Nun, in der Union kann jeder alles
an jeden melden, an jeder Sitzung der Verwaltung teilnehmen oder
ihr zuschauen und seine Meinung beliebig kundtun. Es sei denn,
sie verschwenden bloß die Zeit der anderen Teilnehmer und
werden rausgeschmissen.«
    »Dann könnte es also sein, dass bei einer Sitzung
des

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