Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
Vom Netzwerk:
Zentralkomitees, des Solaren Rates, hunderttausende Menschen
auftauchen und alle gleichzeitig herumschreien?«
    »Selbstverständlich nicht«, erwiderte ich
entrüstet. »Theoretisch schon, aber wer würde das
wollen? Abgesehen natürlich von den Delegierten des Solaren
Rates, und von denen muss man einigen praktisch einen Tritt in
den Hintern geben. Dabei geht es um ganz praktische Fragen, und
offen gesagt ist es meistens ziemlich öde. Die
lokalen Versammlungen sind viel interessanter, weil sie mehr zu
tun haben.«
    »Gilt das auch für Ihre Organisation, die
Cassini-Division?«, fragte das Hologramm.
    Ich überlegte kurz. »Nein«, antwortete
ich.
    »Weshalb nicht?«
    »Kampfhandlungen sind etwas anderes. Hin und wieder sind
wir zur Geheimhaltung gezwungen, jedoch nur für kurze
Zeit.«
    Der Reporter zögerte einen Moment lang, da sprang auch
schon eine Kollegin in die Bresche. Sie hatte glattes blondes
Haar und wirkte wie zwölf. »Weshalb sind Sie
hergekommen?«, fragte sie.
    Ich setzte mein strahlendstes Lächeln auf. »Wir
wollen herausfinden, wie es der einzigen anderen existierenden
menschlichen Gemeinschaft ergangen ist, und freundschaftliche
Beziehungen mit ihr knüpfen. Selbstverständlich haben
wir auch ein wissenschaftliches Interesse am Wurmloch – am
Malley Mile.«
    Sie sah mich an, als wollte sie sagen ›Ich bin doch
nicht von gestern!‹, was in Anbetracht unseres
Altersunterschieds ziemlich komisch wirkte. »Davon einmal
abgesehen.«
    »Reicht das denn nicht? Welche Gründe sollten wir
denn noch haben?«
    »Vielleicht um uns Ihr System aufzuzwingen?«
    Dieser Gedanke war mir wirklich noch nicht gekommen. Unsere
Absicht, die hiesigen Schnelldenker auszulöschen,
beziehungsweise die Schablonen zu löschen, wie Reid sich
ausgedrückt hatte, war so geheim, dass ich mir keine Sorgen
machte, jemand könnte dahinterkommen. Aber dieser Verdacht
war wirklich absurd. Ich lachte bloß.
    »Sie scheinen ganz gut allein zurechtzukommen«,
sagte ich diplomatisch. »Außerdem kann man den
Sozialismus nur dann einführen, wenn die meisten Menschen
ihn begreifen und sich wünschen und auch bereit sind, etwas
dafür zu tun. Soviel ich weiß, ist das auf dem Neuen
Mars nicht der Fall – noch nicht.«
    Diese Bemerkung brachte mir das zustimmende Gelächter der
Umstehenden ein. Talgarth trat mit erhobener Hand vor.
»Meine Damen und Herren!«, wandte er sich an die
Phantomgestalten und Rotationshalos. »Ich bin sicher,
unsere Gäste werden Ihnen in Kürze eine Menge zu
berichten haben. Einstweilen aber sollten wir ihnen etwas Ruhe
gönnen und ihnen Gelegenheit geben, in den Genuss unserer
Gastfreundschaft zu kommen.«
    Davon hatten wir schon eine Menge genossen, bis Talgarth und
die anderen führenden Bürger mitsamt des Schwarms
zudringlicher Projektionen aufgetaucht waren, doch ich beklagte
mich nicht. Wir verabschiedeten uns von Abigail und Andrew und
wurden zum großen Helikopter geleitet. Schließlich
fand ich mich neben Tamara auf einem Fensterplatz wieder. Als die
Maschine abhob, winkte ich Powell und seiner Frau, und sie
winkten zurück. Bevor sie außer Sicht verschwanden,
sah ich noch, wie Andrew Powell, gefolgt von einem Schwarm von
Projektionen, zum Raumschiff stapfte. Ich wusste, er würde
so vernünftig sein, nicht zu nahe heranzugehen, doch ob das
auch für die Projektionen galt, bezweifelte ich.
    Lächelnd lehnte ich mich zurück und genoss den
Flug.
    *
    Tamara und ich plauderten über das Leben auf dem Neuen
Mars und auf der Erde, lachten über die Vorurteile des
jeweils anderen und über unsere Vergangenheit. Ihr
ehrfürchtiges Staunen freute mich, machte mich aber auch
verlegen, weshalb ich sie ermutigte, mehr von sich zu
erzählen.
    Sie sagte, sie sei Abolitionistin gewesen.
    »Was ist das denn?«
    Abigail und Dee hatten die Abolition erwähnt, doch mir
war unklar, was sie damit meinten.
    »Wir waren eine kleine Gruppe von Anarchisten –
einige sozial motiviert, bei anderen war es eher eine Frage des
Lebensstils. Wir hielten es für falsch, Maschinen mit
eigenem Bewusstsein als Werkzeuge zu benutzen, und betrachteten
das als eine Art Sklaverei, wissen Sie. Aber vor fünf Jahren
veränderte sich alles.«
    »Jetzt glauben Sie das nicht mehr?«
    Tamara musterte mich erstaunt, kam zu dem Schluss, dass ich
bloß scherzte, und lachte mehr über meinen seltsamen
Humor als über den Inhalt meiner Frage. »Nein, wir
haben das Bewusstsein

Weitere Kostenlose Bücher