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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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dem anderen Problem, wie wir mit
Maschinen umgehen sollen, die viel mächtiger sind als wir
und die mehr sein könnten als Menschen. Mit Wesen,
die uns als Ameisen betrachten, können wir nicht
zusammenleben.«
    »›Und wir waren vor unsern Augen wie
Heuschrecken, und also waren wir es auch vor ihren
Augen‹«, zitierte Reid aus einem anscheinend sehr
alten Text. »Warum glauben Sie, wir könnten nicht
koexistieren?«
    »Weil sie Macht über uns hätten«, sprach
Yeng das Naheliegende aus.
    »Mehr Macht zu haben als wir«, sagte Reid nicht
minder geduldig, »bedeutet nicht, Macht über uns zu haben.«
    »Stimmt«, sagte Yeng, »aber sie könnten
jederzeit Gebrauch davon machen, so wie Sie, als Sie die
Schnelldenker wiederbelebt haben.«
    »Ah«, machte Reid. »›Sie‹. Das
ist interessant. Sie haben gesagt, Sie stünden mit den
Jupiteranern in Verhandlungen. Wie laufen die ab?«
    Ich blickte meine Teamkameraden an. Da niemand mir eine
Warnung zukommen ließ, erläuterte ich, wie wir den
Kontakt hergestellt hatten und wie die Verständigung
ablief.
    »Und wie viele von ihnen gibt es?«, fragte Reid,
als ich geendet hatte.
    Ich hob die Schultern. »Möglicherweise Millionen.
Mindestens aber einige tausend.«
    »Und sie sind eine Art Gemeinschaftswesen, ja? Ein
gewaltiges Kollektivbewusstsein?«
    »Nein«, erwiderte ich, ohne mir darüber im
Klaren zu sein, worauf er eigentlich hinaus wollte. »Sie
meinen, sie seien Einzelwesen, und alles deutet darauf hin, dass
es sich tatsächlich so verhält.«
    »Dann leben sie also in einem totalitären System?
Jeder Einzelne ist einem bestimmten Willen unterworfen, wie Lenin
es ausgedrückt hat? Oder ist dies eine Anarchie von Engeln,
die stets einer Meinung sind?«
    »Selbstverständlich nicht«, antwortete ich
geduldig. »Wir haben Unstimmigkeiten festgestellt,
außerdem nehmen sie sich Zeit, um sich miteinander
abzustimmen, und führen die Verhandlungen anschließend
weiter.«
    Reid und Talgarth grinsten einander an. Dann schlug Reid sich
mit der Faust auf die flache Hand. »Ha!«, rief er
aus. »Ich hab’s doch gewusst!«
    »Was haben Sie gewusst?«, fragte ich.
    »Dass Sie mit den Jupiteranern verhandeln, als
hätten Sie es mit Kollektivwesen zu tun. Und als
gehörten auch Sie einem an.« Er kicherte vielsagend.
»Und den gleichen Fehler haben Sie mit uns gemacht«,
setzte er hinzu. »Als ich sagte, wir hätten hier nicht
das Sagen, war das mein voller Ernst. Während wir hier
miteinander reden, haben einige tatkräftige Leute gehandelt.
Menschen, die in den fünf Jahren, die es gedauert hat, bis
die Bestätigung eingetroffen ist, dass man das Wurmloch
unbeschadet passieren kann, vorausgedacht und vorausgeplant
haben. Und jetzt, da die Bestätigung vorliegt – jetzt,
da Sie hier sind – beeilen sie sich, in den Orbit zu
gelangen und bereiten sich ihrerseits auf die Passage vor.
Anfangs gab es wohl einiges Gedränge, aber ich bin sicher,
die Schutzagenturen sorgen für Ordnung in der Schlange von
Schiffen, die sich gegenwärtig vor dem Wurmloch
bildet.«
    Er trank einen Schluck Bier und zündete sich eine
Zigarette an. Anscheinend genoss er unser Erstaunen und Tamaras
unterdrückte Wut – offenbar war sie ebenso
überrascht wie wir.
    »Was haben sie vor?«, übertönte ich den
Tumult.
    Reid lehnte sich zurück, verschränkte die Hände
und ließ die Knöchel knacken. »Sie wollen Handel
treiben«, antwortete er. »Was sonst?«
    Ich lachte. »Da ist nicht viel drin für sie«,
sagte ich. »Außerdem kennen sie nicht die
Flugroute.«
    »Allerdings nicht«, meinte Reid. »Ich
hingegen schon. Erinnern Sie sich, die Schnelldenker haben ihn
mir verraten, zusammen mit dem Kurs für die andere Richtung.
Und ich werde mein Wissen verkaufen.« Er blickte auf seine
Armbanduhr. »Die ersten Gebote müssten bald
eintreffen.«
    Tony beugte sich vor. »Sehr clever«, sagte er.
»Aber offen gesagt, wäre das pure Geldverschwendung.
Die Firmen, denen Sie Ihr Geheimnis verkaufen wollen, werden
nicht sonderlich erfreut sein, wenn sie feststellen, dass wir
ihre Waren nicht brauchen und auch nichts zu verkaufen haben,
egal zu welchem Preis. Weil wir es nämlich umsonst oder gar
nicht weggeben. Wie Ellen bereits sagte – da ist nicht viel
drin.« Jetzt lehnte er sich zurück und schaute
selbstgefällig drein.
    »Da wäre ich mir nicht so sicher«, entgegnete
Reid. Er wedelte mit der Hand. »Aber darauf kommt es nicht

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