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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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hatte, sah Suze mich an und sagte: »Aber wer bist du
eigentlich, Ellen?«
    Wir mussten alle lachen. »Ellen May Ngwethu«,
antwortete ich. »Ich wurde 2041 in einer Lagrange-Siedlung
geboren, das heißt, ich bin fast so alt wie Malley –
ich meine, wie Sam! Habe mitgekämpft, als, die
Außenweltler sich von der Erde abgespalten haben, und
später dann, während des finsteren Jahrhunderts, auch
auf der Erde. Ich habe lange für die Erdverteidigung
gearbeitet und bin dann zum Jupiter gewechselt. Jetzt bin ich
seit – lass mich mal nachrechnen – seit über
siebzig Jahren bei der Division, gehöre gegenwärtig dem
Divisionskomitee an und bin der Verbindungsoffizier zum
Forschungskomitee für Anomalitäten im Bereich des
Jupiter. Diese nichtmilitärische, wissenschaftliche
Körperschaft untersteht dem Solaren Rat und hat, was die
Division angeht, das vorletzte Wort. Das letzte Wort hat der
Solare Rat.« Ich lächelte die Anwesenden an. »So
weit die Theorie. In der Praxis macht die Division, was sie
will.«
    Suze wirkte leicht geschockt, Malley lächelte
selbstgefällig.
    »Ich kenne die Theorie«, sagte Malley. »In
der Theorie macht jeder, was er will. ›Die freie
Entwicklung des Einzelnen ist die Voraussetzung des Krieges aller
gegen alle‹, oder dergleichen Unsinn.«
    Yeng runzelte die Stirn; Malley hob beschwichtigend die
Hände. »Lassen wir die Politik mal beiseite –
Ihren Erläuterungen, Ellen May Ngwethu, entnehme ich, dass
Sie einer Institution angehören, die man in einer weniger
verdeckten Hierarchie als Generalstab bezeichnen würde. Sie
sind eine hohe Offizierin und eine Spitzenpolitikerin. Weshalb,
zum Teufel, machen Sie sich dann die Hände schmutzig und
wälzen sich im Kulakenreservat im Dreck, bloß um einen
alten Physiker herauszuholen?«
    »Eine gute Frage«, meinte ich. Malley musterte
mich aus den Augenwinkeln und befasste sich mit seiner Pfeife;
ich hätte gern auch etwas gehabt, um meine Hände zu
beschäftigen. »Um Ihre Frage zu beantworten:
Einerseits arbeiten wir nicht so, wie Sie es sich vorstellen
– unsere Komitees mögen zwar hierarchisch wirken, wenn
man ein Schema aufmalt, aber damit hat es sich auch schon.
Eigentlich aber handelt es sich nicht um eine hierarchisch
gestaffelte Struktur. Wenn das Kommandokomitee also eine
bestimmte Aufgabe erledigt haben will, kann es nicht einfach
einen untergeordneten Lakaien losschicken. Wir wurden beauftragt,
einen bestimmten Job zu erledigen, und ich war am besten
dafür geeignet.
    Außerdem sind wir zur Geheimhaltung gezwungen.
Außer dem Kommandokomitee der Division wissen nur noch die
Menschen an Bord dieses Schiffes, dass wir einen Vorstoß
durchs Wurmloch planen.« Ich blickte in die Runde.
»Wir sind das Team, und ihr seid dabei! Wenn euch nicht
gefällt, was wir tun, braucht ihr nicht mitzumachen,
dürft den Einflussbereich der Division aber erst verlassen,
wenn alles vorbei ist.«
    Malley und Suze schauten betreten drein und setzten beide zu
einer Bemerkung an. Suze kam Malley zuvor: »Vor wem haltet ihr das alles eigentlich geheim?«
    »Vor den Jupiteranern«, antwortete Tony.
    »Aber… aber…« stammelte Malley,
dessen Synapsen vorübergehend überlastet waren.
»Die Jupiteraner, die Außenweltler, die… die
sind doch wahnsinnig, in ihren eigenen virtuellen Welten
gefangen!«
    Ich blickte meine Mitarbeiter an, die entweder andeutungsweise
nickten oder die Schultern hoben.
    »Nicht mehr«, sagte ich. »Aber das ist eine
lange Geschichte, und es war ein anstrengender Tag. Morgen mehr.
Jetzt würde ich euch gern das Schiff zeigen.«
    Ein Fusionsclipper unterscheidet sich von den meisten
Raumschiffen unter anderen darin, dass ›Oben‹ und
›Unten‹ genau definiert sind; und weil wir nur die
Besatzung an Bord hatten, war genug Platz, um Malley und Suze
herumzuführen. Nach dem Essen verwendete ich meine letzten
Energien darauf, treppauf, treppab zu steigen und zu
erklären, was es zu erklären gab.
    Der Rumpf eines Fusionsclippers ähnelt einem
birnenförmigen Ei von sechzig Metern Länge und zwanzig
Metern Durchmesser an der breitesten Stelle, an der die Kantine
und das Kommandodeck untergebracht sind. Das schmale Ende
läuft in den Antrieb aus und enthält die Fusionskammer,
die Hauptwassertanks und die Lebenserhaltungssysteme.
Darüber – oder davor, je nach Betrachtungsweise
– liegen die Schlafquartiere. Die dortige Enge wird durch
Kletterpflanzen und

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